Stand: 15. Januar 2011

Der Begriff „Pädophilie“ bezeichnet das primäre sexuelle Interesse an Personen, die noch nicht die Pubertät erreicht haben. Er setzt sich zusammen von griechisch „pais“: Knabe, Kind und „philia“: Freundschaft. Übersetzt also „Knabenfreundschaft“ oder „Kinderfreundschaft“. Vonseiten der Wissenschaft wird „Pädophilie“ als psychische Störung angesehen, und zwar als Störung der Sexualpräferenz (Paraphilie).

Über die Ursachen der so genannten „Pädophilie“ besteht Uneinigkeit, ebenso wie über die Anzahl so genannter „Pädophiler“. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 2 bis 20 Prozent aller Täter, die sexuelle Übergriffe auf Kinder verüben, im o. g. Sinne „pädophil“ sind. Das heißt, 80 bis 98 Prozent aller Taten, die landläufig als „sexueller Missbrauch“ gelten, werden NICHT von so genannten „Pädophilen“ verübt.

In der Öffentlichkeit wird häufig jegliche sexualisierte Gewalt an Kindern als „Pädophilie“ bezeichnet, bzw. jeder Täter als „Pädophiler“. Das führt in mehrfacher Hinsicht zu Fehlschlüssen:

Da „Pädophilie“ als psychische Störung gilt, wird dadurch der falsche Eindruck erweckt, sämtliche Täter seien „krank“, bzw. psychisch gestört. Tatsächlich ist jedoch der weitaus überwiegende Teil (80 bis 98 Prozent) derer, die sexualisierte Übergriffe auf Kinder verüben, ist weder krank, noch ausschließlich an Kindern als Sexualpartner interessiert, und funktioniert auch in den meisten Lebensfeldern völlig normal und unauffällig.

Die verallgemeinernd angewandte Bezeichnung „Pädophilie“ für jegliche Form sexualisierter Übergriffe auf Kinder führt außerdem dazu, dass diese Straftaten geringer geahndet werden, weil man ALLEN Tätern eine psychische Störung unterstellt und entsprechend auf Hilfe statt Strafe plädiert. Somit wirkt sich eine unpräzise öffentliche Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse und Hintergründe täterfreundlich aus.

Nicht zuletzt ist es hinsichtlich der Prävention bzw. Ansätzen zur Tätertherapie dringend notwendig, sich die tatsächlichen Proportionen, was die Beteiligung von so genannten „Pädophilen“ an der Gesamtzahl der sexualisierten Straftaten gegen Kinder betrifft, klarzumachen. Wenn Prävention– wie im vom Bundesjustizministerium finanziell sehr gut ausgestatteten Projekt „Dunkelfeld“ der Berliner Charité – vor allem darauf zielt, dass „pädophil“ veranlagte Männer nicht zu Straftätern werden, dann spricht man mit solch einem Angebot maximal 2 bis 20 Prozent aller Täter an. Bei 80 bis 98 Prozent aller Sexualstraftäter (gegen Kinder) wird dies keine einzige Tat verhindern.

Der Hauptkritikpunkt von Betroffenen am Begriff „Pädophilie“ gilt allerdings der Verharmlosung der Gewalt, die auch den von so genannten „Pädophilen“ verübten sexualisierten Übergriffen auf Kinder innewohnt.

„Pädophilie“ wird von „Pädophilen“ häufig mit „Kinderliebe“ bzw. „Kinderfreundschaft“ übersetzt. Und tatsächlich wollen sich „Pädophile“ selbst oft am heftigsten von den anderen Sexualstraftätern (gegen Kinder) abgrenzen, indem sie darauf verweisen, dass sie sich Kindern in „Liebe“ annäherten und dass bei ihren Handlungen keine Gewalt im Spiel sei. Sie sehen sich selbst als „Freunde“ der Kinder, sprechen auch von „Verliebtheit“ in ein Kind, und geben vor, ihr (sexuelles) Interesse diene der „Befreiung“ der kindlichen Sexualität. Gerade aus Kreisen der so genannten „Pädophilen“ kommen die leidenschaftlichsten Plädoyers für die „unverfälschte, freie Entfaltung der kindlichen Sexualität“ und der „wahren, von prüden Zwängen befreiten Liebe zwischen Erwachsenen und Kindern“.

Festzuhalten ist: Laut Definition bezeichnet „Pädophilie“ das primäre sexuelle Interesse an Kindern. Das heißt, es geht ganz klar um sexuelles Interesse. Nicht um „Liebe“, nicht um Freundschaft. Und auch um die Sexualität des Kindes geht es nicht, weder seine „freie“ noch seine „unfreie“. Es geht einzig und allein um den Erwachsenen. „Pädophilie“ ist also zuallererst einmal ein Ausdruck für das sexuelle Bedürfnis eines Erwachsenen. „Pädophilie“ umschreibt Erwachsenen-/Täterinteressen, und zwar sexuelle.

Auch wenn dies von den meisten Menschen (noch dazu, wenn das Gegenüber „nur“ ein Kind ist) nicht gesehen wird: Allein in dieser Einseitigkeit der Interessenslage liegt bereits Gewalt. Ein Kind hat eigene Rechte, eigene Interessen, es ist ein eigenes Subjekt. Es ist weder Besitz von irgendjemandem, noch eine Art „Verlängerung“ der Eltern/Erwachsenen. Erst recht ist ein Kind nicht dazu da, die Bedürfnisse von Erwachsenen zu bedienen, schon gar nicht die sexuellen.

Auszug aus Wikipedia: „Neben dem sexuellen Interesse ist bei Pädophilen ein Bedürfnis nach emotionaler Nähe zu Kindern festzustellen.“ Auch hier: Es geht NICHT um das Bedürfnis nach emotionaler Nähe VON Kindern. Es geht um das Bedürfnis nach emotionaler Nähe des Erwachsenen/Täters, das sich im Falle eines so genannten „Pädophilen“ primär an Kinder richtet. „Pädophile“ suchen die emotionale Nähe zu Kindern, weil SIE ein Bedürfnis nach emotionaler Nähe haben. Das Kind ist auch hier lediglich Objekt der Bedürfnisbefriedigung des Erwachsenen/Täters. Und IHR Bedürfnis nach emotionaler Nähe zu Kindern nennen so genannte „Pädophile“ dann „Liebe“.

Um es noch einmal festzuhalten: Schon allein diese Einseitigkeit der Interessenlage, bzw. der darin enthaltene Blick auf Kinder als Objekte der Bedürfnisbefriedigung von Erwachsenen, ist eine Form von Gewalt.

Kinder haben eigene Rechte. Ihre natürliche Abhängigkeit von Erwachsenen (aufgrund des Alters und Entwicklungsstandes), ihre entsprechend an diese gerichteten Bedürfnisse nach Nähe, Vertrautheit, Zuwendung, Schutz und Intimität, werden – wenn überhaupt – von so genannten „Pädophilen“ (aber auch den anderen Tätern) zum Zwecke der eigenen Bedürfnisbefriedigung ausgenutzt.

Viele so genannte „Pädophile“ (und viele Außenstehende) argumentieren, dass die Annäherung von „Pädophilen“ an Kinder, wenn sie „in Freundschaft“ oder „in Liebe“ geschähe, keine traumatisierende Wirkung auf die Kinder hätte. Aufgrund der Projektion ihrer eigenen emotionalen Bedürfnisse auf die Kinder behaupten so genannte „Pädophile“ sogar, dass die Kinder „freiwillig“ und „gerne“ in entsprechende Annäherungen eingewilligt oder diese sogar „selbst gewünscht“ hätten.

Fakt ist: Egal wie „demokratisch“ der Anspruch eines Erwachsenen gegenüber einem Kind sein mag, die Beziehung zwischen einem Erwachsenen und einem Kind ist durch ein Machtgefälle gekennzeichnet. Kein Kind, auch nicht das Aufgeweckteste, fair Erzogenste, befindet sich in derselben Machtposition wie ein Erwachsener. Schon allein aufgrund seiner Versorgungsabhängigkeit ist ein Kind nicht „frei“, sondern auf das, was der Erwachsene zur Verfügung stellt, angewiesen. Noch dazu verfügt ein Kind aufgrund seines kognitiven Entwicklungsstandes und seines begrenzten Lebensradius nicht über die Möglichkeiten, eine Situation umfassend zu bewerten und einzuschätzen.

Ein Erwachsener dagegen weiß sehr wohl, wie er sich verhalten muss, um sich die Befriedigung seiner Interessen zu beschaffen. Er weiß, wie er sich verhalten muss, um Vertrauen zu gewinnen. Er ist in der Lage, taktisch zu agieren und sein Wissen um die kognitive Begrenztheit und Abhängigkeit von Kindern zu nutzen. Ja, er weiß sogar sehr genau, dass sich seine Interessen gegenüber einem abhängigen, unterlegenen Kind wesentlich leichter durchsetzen lassen als gegenüber einem gleichberechtigten und gleich mächtigen Erwachsenen.

Insofern dient es allein der Selbstrechtfertigung der Täter, wenn sie von einem „Einverständnis“ des Kindes sprechen. Es dient außerdem der Vertuschung der Gewalt (beispielsweise durch Manipulation), die in diesen vermeintlich „liebevollen“ Annäherungen liegt.

Nochmal: Ein Kind kann nichts dafür, dass es abhängig zur Welt kommt und viele Jahre lang abhängig von Erwachsenen bleibt. Es hat absolut Anspruch auf Versorgt-/Umsorgtwerden, auf Zuwendung, Nahrung, Liebe, Schutz, etc. Diese seine Bedürfnisse kann es nur auf die Erwachsenen um ihn herum richten und es hat jede Berechtigung, diese von anderen Menschen (nämlich denen, denen es anvertraut ist), befriedigt zu bekommen. Und zwar ohne dabei manipuliert, in eine bestimmte Richtung genötigt oder für Erwachsenenbedürfnisse ausgebeutet zu werden.

Der Grenzverlauf zwischen einer „guten Annäherung“ und einer „schlechten Annäherung“ liegt einzig und allein in der Absicht des Annähernden. Dient die Nähe dem Wohl und den Interessen des Kindes oder denen des Erwachsenen? Für ein Kind ist jede Annäherung eines Erwachsenen, die der Befriedigung SEINER Interessen dient, schädlich.

Viele so genannte „Pädophile“ glauben tatsächlich, dass ihre Annäherung an ein Kind eine „gute Annäherung“ sei und den Interessen des Kindes diene. Dies muss eindeutig als Projektion enttarnt werden. Tatsächlich projiziert der „Pädophile“ die (unterdrückten) Bedürfnisse seines eigenen inneren Kindes auf das fremde Kind und will dann quasi in der Rolle des heute Erwachsenen diesem seinem eigenen inneren Kind die vermisste emotionale Nähe geben. Die „Liebe“ gilt also – wenn überhaupt – sich selbst (dem in sich verborgenen inneren Kind), nicht dem tatsächlichen (fremden) Kind.

Zudem darf nicht vergessen werden, dass der so genannte „Pädophile“ auch konkrete sexuelle Bedürfnisse an das abhängige und von seiner Entwicklung her mit der Sexualität eines Erwachsenen absolut überforderte Kind richtet. Wikipedia: „Die sexuellen Bedürfnisse des Erwachsenen korrelieren entwicklungspsychologisch nicht mit den Wünschen des Kindes. Kinder sind zwar zu sexuellen Gefühlen fähig, diese unterscheiden sich aber fundamental von der Sexualität eines Erwachsenen, dessen sexuelle Entwicklung bereits abgeschlossen ist. Da das Kind die Sexualität des Erwachsenen nicht kennt, kann es auch dessen Perspektive nicht einnehmen. Es kann nicht erfassen, aus welchen Beweggründen ein sexuell motivierter Erwachsener seine Nähe sucht. Kinder können deshalb zwar „willentlich’“ (fachlich „simple consent“), aber nicht „wissentlich“‘ (fachlich informed consent) in sexuelle Handlungen einwilligen.“

Zur vermeintlichen „Gewaltfreiheit“ von nicht vollzogenen sexualisierten Handlungen durch so genannte „Pädophile“ (wie sie u.a. Ziel des Projekts „Dunkelfeld“ am Institut für Sexualmedizin der Berliner Charité ist) sei noch auf folgenden Aspekt hingewiesen:

Wikipedia: „Viele Pädophile nutzen Darstellungen von Kindern zur sexuellen Stimulation. In einer Studie gaben 86,1 Prozent der Teilnehmer an, Bildmaterial aus dem legalen und/oder illegalen Bereich zu nutzen.“ Konkret wird hier die Nutzung von so genanntem „kinderpornografischen Material“ (das richtigerweise Kinderfolterdokumentation genannt werden muss) angesprochen. Dieses Material muss hergestellt werden. Und es wird hergestellt durch sexualisierte Gewalt an Kindern. Insofern ist die Behauptung, „Pädophile“ würden „gewaltlos“ agieren, mehr als zynisch und den Tatsachen absolut widersprechend.

Als „harmlos“ wird es auch angesehen, dass sich viele so genannte „Pädophile“ ihr eigenes sexuell erregendes Material aus Quellen wie z.B. Versandhauskatalogen oder Magazinen konstruieren. Der Sinn solcherart „harmlosem“ Materials ist aber ebenfalls die Stimulation. Nach einiger Zeit wirken aber die immer selben Stimuli nicht mehr und müssen durch stärkere Reize ersetzt werden. Die selbst gebastelten, scheinbar „harmlosen“ „Katalog-Pornos“ stellen eine Einstiegsdroge dar, der massivere Übergriffe folgen können.

Egal wie „harmlos“ die Handlungen eines so genannten „Pädophilen“ wirken mögen: Es handelt sich um Menschen, deren primäres sexuelles Interesse Kindern gilt. Das heißt, sie nähern sich Kindern mit einem eindeutig sexuellen Interesse. Selbst wenn sie dies mit „Freundschaft“ oder „Fürsorge“ verschleiern. Aufgrund ihres sexuellen Interesses an Kindern sind sie immer in Gefahr, dass dieses Interesse andere Annäherungsgründe überlagert. Die Gefahr ist deshalb so real, weil sie als Erwachsene gegenüber dem Kind in einer Machtposition sind. Es ist für sie ein Leichtes, ihr sexuelles und emotionales Interesse an dem Kind durchzusetzen. Ob sie dies offensichtlich gewalttätig oder anschleichend-manipulativ tun, ist nur eine Frage der Taktik und der persönlichen Struktur (des Täters).

Für das betroffene Kind aber hat es immer negative Auswirkungen. Seine natürliche emotionale Abhängigkeit wird ausgenutzt, seine für eine gesunde Entwicklung benötigten Lebensumstände werden ihm verweigert, sein Selbstbild wird beschädigt durch die Erfahrung, als „Bedürfnisobjekt“ gesehen zu werden. Es erhält eine völlig falsche Vorstellung von Liebe und Freundschaft. Sein Vertrauen und seine natürliche Offenheit werden missbraucht. Die Welt zeigt sich ihm in frühen Jahren als ausbeuterisch und gefährlich. Kommt es dann auch noch zu konkreten tätlichen Übergriffen, kommen absolute Verwirrung, Ohnmacht, Schuld- und Schamgefühle, Selbstentfremdung, nicht selten auch schwere körperliche Verletzungen u.a. dazu.

Tatsache ist: Auch so genannte „Pädophile“ begehen Straftaten, wenn sie sich Kindern in entsprechender Absicht nähern, sei es in Form von Konsum von Kinderfolterdokumentationen oder in Form von sexualisierter Gewalt. Sie sind nicht krank in einem pathologischen Sinn. Sie sind kriminell, denn Ihre sexuelle Präferenz gilt einem abhängigen Kind, statt einem gleichgestellten Mann oder einer Frau. „Pädophilie“ ist ein verschleiernder Begriff, der die bereits in der eindeutigen Interessenslage der so genannten „Pädophilen“ enthaltene Gewalt unsichtbar macht, indem er es als „Kinderfreundschaft“, bzw. „Kinderliebe“ bezeichnet.

Wir Betroffene von sexualisierter Gewalt halten diese Begriffe für zynisch und absolut gefährlich. Aussagekräftiger und den Tatsachen gerechter werdend sind die Bezeichnungen „Pädosexualität“, bzw. „Pädosexueller“, weil diese klar die primäre sexuelle Präferenz für Kinder benennen und damit sichtbar macht, um was es wirklich geht.
Das Ausleben sexualisierter Gewalt an Kindern – sei es durch Pädosexuelle, die motiviert durch ihre sexuelle Präferenz agieren, oder durch Gewalttäter, deren Sexualität nicht ausschließlich auf Kinder fixiert ist – ist Pädokriminalität.

Ergänzung:

Laut Wikipedia unterliegen einmal einschlägig straffällig gewordene Pädophile einer hohen Rückfallgefahr. Internationale Studien hätten ergeben, dass die Rückfallquote bei ihnen mit etwa 40 bis 50 Prozent etwa doppelt so hoch ist wie die durchschnittliche Quote für Sexualstraftäter von 22 Prozent. Die Rückfallwahrscheinlichkeit ist bei Pädophilen, die auf Jungen orientiert sind, deutlich höher als bei solchen, die auf Mädchen orientiert sind.

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