Frankfurter Rundschau 4.01.2010
Der Netzwerk-Gründer Norbert Denef spricht im FR-Interview über den Missbrauch an der Wiesbadener Helene-Lange-Schule und fordert die Aufhebung der Verjährungsfrist. Die Rektorin „darf sich nicht verstecken“, sagt Denef.
Herr Denef, ist das Schweigen über sexuellen Missbrauch nicht längst gebrochen?
Wir haben ein Jahr erlebt, in dem viel über sexualisierte Gewalt und über die davon Betroffenen geredet wurde. Mit uns geredet hat man kaum. Wo aber die Vergangenheit nicht wirklich aufgearbeitet wird, sind die Chancen, dass etwas besser wird, gering.
Zur Aufarbeitung der Vergangenheit gehört was?
Dazu muss zuerst die Verjährungsfrist aufgehoben werden. Es darf nicht dazu kommen, dass es heißt: Das ist vorbei, wir können nichts mehr tun, die Betroffenen sollen Ruhe geben. Missbrauch ist Seelenmord, und der darf nicht verjähren.
Was hat sich nach zwölf Monaten öffentlicher Diskussion über Missbrauch in Schulen, in Vereinen, in der Kirche geändert?
Es gab viele leere Worte, aber die Taten fehlen.
Schulen haben Ansprechpartner benannt, an die sich Betroffene wenden können, oder Mitschüler, die vielleicht nur etwas gehört haben. Es gibt Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer und Übungsleiter zur Prävention, die Kirche hat ihre Verhaltensregeln bei Missbrauchsfällen verschärft. Nützt das alles nichts?
Das ist sicher anerkennenswert. Es braucht viele kleine Schritte, Missbrauch zu verhindern. Es genügt aber nicht, Missbrauch allein dort aufzuarbeiten, wo er geschehen ist. Wie kann ein Opfer Vertrauen haben zu den Institutionen, wo die Verbrechen stattgefunden haben? Es muss externe, neutrale Ansprechpartner geben. Noch immer aber müssen beispielsweise Beratungsstellen oder Therapie-Einrichtungen um staatliche Unterstützung bangen.
Fünf ehemalige Schüler der Helene-Lange-Schule werfen den damaligen Lehrkräften vor, sie 1989 nach dem an ihnen verübten Missbrauch allein gelassen zu haben. Machen es sich die fünf zu einfach, wenn sie darauf verweisen, auch damals habe es schon Literatur zum Thema gegeben?
Die könnten noch einfacher sagen: Unkenntnis schützt nicht vor Strafe. Eine Schulleiterin darf sich dahinter nicht verstecken. Sie hat Schuld auf sich geladen und muss dies eingestehen.
Die fünf richten ihre Vorwürfe an die Schulleiterin und das Kollegium. Fällt das leichter als die eigenen Eltern anzugreifen?
Den Eltern geht es wie den eigentlichen Opfern. Sie haben genauso das Gefühl, dass ihnen niemand glaubt. Man sieht weg, man will es nicht wissen. Betroffene können nach der Verjährungsfrist auch nicht mehr öffentlich über das Verbrechen sprechen, sonst müssen Sie mit einer Verleumdungsklage rechnen. Der Gesetzgeber bringt so die Opfer wieder zum Schweigen, schützt die Täter. Erst wenn sich das ändert, wird ein Ruck durch unsere Gesellschaft gehen, die Denkweise von Eltern und Lehrern wird sich ändern.
Jetzt sind Betroffene selbst in die Öffentlichkeit getreten. Ist das ein Weg der Aufarbeitung?
Sicher hilft es, wenn man seine Sicht der Dinge darstellen kann. Es waren ja auch die Medien, die uns Betroffenen geholfen haben, überhaupt sprechen zu können, eine Stimme zu bekommen. Kirchen, Vereine, Schulen tun immer nur etwas, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen.
Interview: Peter Hanack
Danke Norbert,
mir voll aus der Seele gesprochen, man braucht dem nichts hinzufügen!Und nochmals dank an die Medien!
Dem wäre – allerdings! – etwas hinzu zu fügen:
In den Medien erscheinen vorwiegend die Fälle in den Institutionen. Die Antwort am Ende des Interviews lautet – „Kirchen, Vereine, Schulen tun immer nur etwas, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen.“
Stimmt – aber warum ’stimmt‘ das so?
Und wen interessieren all die Opfer im Dunstkreis der – von Staat und Kirche immer besonders hoch-gelobten und als schützenswert quasi unantastbar hochstilisierten, quasi heilig-gesprochenen – FAMILIEN?
Wäre es nicht denkbar, dass genau durch diese Unantastbarkeit gerade in Familien die ALLERMEISTEN Verbrechen an Kindern – und zwar nicht nur in Deutschland – geschehen können?
So lange nicht dieses krank gewordene System kurieren wird von dem allbekannten Lug und Trug – besonders deutscher Vergangenheit –
regieren in Kinderzimmern weiter Angst und Schrecken vor allzu nahe stehenden Erwachsenen und deren wahnhaften Allmachts-Fantasien!
Wo und wie wahnhafte Ideen dieses Ausmaßes entstehen konnten?
Man lese und höre nur in diesem Forum nach in Artikeln und Kommentaren der letzten Wochen …
@ hildegard
wobei in der familientherapie selbstverständlich auf die Belange des Opfers eingegangen werden sollte. Damit meine ich, dass auch ohne Gegenüberstellung mit dem Täter auf Wunsch des Opfers gearbeitet wird.
Egal ob gerichtliche beweise vorliegen oder nicht, hier ist das Wort des Psychologen wichtiger der die Geschichte des Betroffenen kennt.
@ hildegard
Da ich schon öfters eine Aussage von dir etwas irritierend empfunden habe, möchte ich dich um eine etwas eindeutigere Erläuterung zu dieser deiner Aussage bitten: „Wo und wie wahnhafte Ideen dieses Ausmaßes entstehen konnten? Man lese und höre nur in diesem Forum nach in Artikeln und Kommentaren der letzten Wochen …“ Was genau meinst du damit???
@ Petra – ‚Irritierend‘ ist für jeden vernünftigen Christenmenschen, wenn sich – beispielsweise – ein Bischof mit einem Fürsten gegen den recht-mäßigen Kaiser verbündet, ihm eine Krone aufsetzt, mit ihm ‚Politik‘ macht.
Damals entstand + verselbständigte sich der Allmachtswahn von Kirchen- und Staatsoberhäuptern, verkäuelte und verknotete beide Seiten bis zu der Erstarrung, die wir heute kennen.
Ämter und Pöstchen sicherten auf Jahrhunderte den Fortbestand, es war viel Geld im Spiel. Die ‚Spieler‘ beider Seiten verloren ihren Verstand, konnten trefflich Macht und Vermögen auf Kosten des Volkes vermehren.
Verordnungen, Gesetze, Waffen sorgten für Zucht und Ordnung – die Drohung mit Höchst- und Höllenstrafen für Duckmäuser und Bücklinge.
Ich halte es nur für logisch, dass diese Praxis sich aus den oberen Kreisen immer weiter bis in die kleinste Gemeinschaft fortsetzte:
Wer von oben ‚getreten‘ wurde, ‚trat‘ nach unten, und so weiter …
Wahn erzeugte neuen Wahn – z.B. ein ‚Jus primae noctu‘, Fürsten nahmen sich selbstverständlich das ‚Recht der 1. Nacht‘ …
Warum sollten das nicht auch die mehr oder weniger ‚feinen Herren‘ anderer Schichten für sich reklamieren?
Bis heute scheint das ja ein verbreitetes Übel – gerade in der Privatheit einer Familie – zu sein …
Ein abendfüllendes Thema.
Na ja Hildegard, du fasst ein heißes Eisen an… Institutionen sind anonym und verallgemeinerbar und viel eher greifbar: „Die Kirche, die Schule .. etc… “
Die Fehler von allgemein kritisierten Institutionen stehen zu den Opfern in einer gewissen Distanz.
M.E. ist die (An-)Klage gegen enge Familienangehörige schon von der Opferseite aus wesentlich problematischer. Kinder sind in jedem Falle mit den Eltern identifiziert – in Fällen sexueller Gewalt entweder Oper- oder Täter-identifiziert. Auf jeden Fall wird das Missbrauchsopfer – zumindest partiell – GEGEN die eigene Identifikation klagen müssen…
Zudem idealisieren Kinder ihre Eltern, ganz gleich, wie viel Gewalt ihnen angetan wurde… Gerade dieses (Macht-)Gefälle wird ja von Tätern ausgenutzt!
Zudem ist zu beachten, dass jede Familie so etwas wie eine Familiendynamik hat, die zuerst einmal die ökonomischen, gesellschaftlich vorgegebenen und emotionalen (Vater-Mutter-Kind) Strukturen aufrecht erhalten will.
Besonders wichtig scheint mir aber, dass bei Missbrauch in der Familie, eine sehr enge Beziehung zum Missbraucher besteht, die beim Opfer nicht selten schwerste pathologische Abhängigkeiten schafft. Das Opfer hat einüben müssen, dass emotionaler Nähe = Missbrauch ist. Eine Klage gegen ein Elternteil käme nicht nur – subjektiv – einem Verrat an der Familie gleich, sondern würde auch das Eingeständnis bedeuten: „Ich wurde nicht als Kind angenommen und geliebt, sondern (sozusagen) als Gegenstand benutzt.
Mir ist eine vom Vater als Kind missbrauchte und inzwischen erwachsene (!) Frau bekannt, die nach mehreren Suizidversuchen immer noch darauf bestand, die „Lieblingstochter“ des Vaters zu sein und ihm – auch im Alter von knapp 30 Jahren – weiterhin „zu Willen“ sein müssten…
Bevor ich´s vergesse: Die Verjährungsfrist gehört abgeschafft!!!!!
Es gibt Opfer, die erst nach Jahrzehnten – z.B. durch Trigger oder eine Psychotherapie – den Missbrauch reflektieren können…
@ Gudrun
Tja,solche Menschen werden dann aber nur zu gerne als „Einzelfall“ abgestempelt.
Deshalb nochmal: Eine Anzeigenpflicht für Jugendämter und Familienrichter ist zwingend erforderlich damit nicht am Ende sogar die Opfer weiter instrumentalisiert werden können.
Die Verjährung ist ein Zuspieler für die Täter und gibt den Psychologen und Gutachtern keinen Handlungsspielraum.
Klare Anweisungen für Jugendämter, dann ist auch mehr Zeit am Ende da für ursächliche Dinge wie Familiendynamiken etc.
Unsere Kinder damit abzuspeisen, dass ja „in jeder familie irgentetwas ist“ finde ich eine Ungeheuerlichkeit und ziemlich verwerflich….
@ Gudrun: Danke für diese Stütze!… im Namen aller Namenlosen!
Das ist mein Anliegen, weil diese familiären Angelegenheiten niemals rational erfasst werden können.
Fachleute warnen sogar vor einer Anzeige, da dem mit „Distanz“ nicht beizukommen ist.
Wer würde sich wissend um diese – bisher durch Fristen vorgezeichnete – Aussichtslosigkeit selbst jeglicher Identifikation berauben wollen?
Vor 2010 schier undenkbar!
Was wird 2011 daran ändern …?
Bleiben wir also dran!
@ hildegard
Eben,…vor 2010 undenkbar. Umsomehr sollten jetzt alle verantwortlichen darüber bewusst werden, dass ohne Anzeigenpflicht und ohne Aufhebung der Verjährung immer mehr Kenntnis- und Geheimnisträger „gezüchtet“ werden.
„Wo ein Wille da auch ein Weg“ haben doch unsere Grossmütter immer gesagt und nun ist die Zeit dafür diesen Spruch auch „einzulösen“.
Ja, ich kenne aus dem Studium den Spruch: “ Man muss nur wollen!“
Der Wille allein reicht nicht! Es geht um eine notwendige Dynamik, um Aktionen, ums „Aufstehen“!
Jugendämter sind – wie auch die Rechtsprechung – generell systemimmanent! Sie bekommen letztendlich ihr Geld von Staate! (wie B.Brecht sagt)
Somit kann man auf deren Hilfe in absehbarer Zeit nicht hoffen..
Wären der Familienmissbrauch für die Opfer nicht wesentlich schambesetzter als jeder andere Missbrauch sein, würde er nicht ambivalenter erlebt werden, als der Missbrauch durch Fremde, würde gewiss auch der „vorbeastete“ jugendamtliche Sozialarbeiter und der ebenfalls einst miss- brauchte Jurist weniger Pobleme haben, sich vor jedem Fehlurteil zu outen….
Eventuell brächte der Familienmissbrauch eine ebenso offensive Öffentlichkeit, wie er z. Zt. dem klerikalen Missbrauch zugestanden wird.
Ich befürchte, dass eine Welt, die strukturell in MACHT und OHN(e)Macht aufgeteilt ist, eine Welt also, die – als Opfer, das bessere Leben wünscht und den (Zocker-)Täter wählt, weil der Missbrauch nun mal die Grundlage jedes kapitalistischer Grundregel ist, unsere Intention durchkreuzen wird . Ohne die Aufrechterhaltung von OBEN (Macht) und „UNTEN“ (Ohn(e)macht) ist das bestehende System nicht denkbar…
Der machthabende Jugendämtler/Jurist ist nicht nur ein Hemmschuh und Durchkreuzer, er ist oft genug der Täteridetifizierte…….
Eine Tätertherapie bei drei Mittelschicht-Hanseln ist unwirksam!
Eine Tätertherapie für Systemimmanente wäre von Nöten (! )..und bitte nicht von Therapeuten, die täteridentifiziert sind…
Gudrun Pfennig
GENAUWEIL es ums (MACHT)System als Ganzes geht, ist es ja eben etwas, das sich so langwierig und so schwierig gestaltet !!! GENAU DESHALB – und NICHT, weil ich den Kampf und den Einsatz und das Pochen auf Gerechtigkeit und das Aussprechen der Wahrheit für unnötig hielte! – sprach ich von dem langen Atem, den wir alle benötigen, von der Geduld, die wir in unseren Mut legen sollten, und von der Notwendigkeit, unseren Fokus auf unseren Kampf und unsere Vernetzung zu legen, statt auf irgendwelche Signale und Bewegungen „da draußen“ zu starren!!!
SELBSTVERSTÄNDLICH lassen wir auch weiterhin nicht zu, dass etwas unter den Tisch gekehrt wird und/oder man uns weiterhin „verarscht“. Aber wir geben einen Großteil unserer Energie und Macht ab, wenn wir uns (nur) in Abhängigkeit zu dem verhalten, was „da draußen“ gesagt, beschlossen oder eben auch nicht beschlossen wird!
Sie haben nur so lange Macht über uns, solange wir IHRE Erklärungen akzeptieren, bzw. mit ihnen um die Definition der Wahrheit feilschen. Nochmals: Selbstverständlich müssen wir weiter im Dialog bleiben, bzw. ihren Verdrehungen der Wahrheit die tatsächliche Wahrheit entgegen setzen. Aber eben nicht als „Anhängsel“ (Re-Aktion), sondern als autonome Kraft.
WIR SIND eine große Kraft, wenn wir uns zusammenschließen. Je mehr, desto kräftiger. Und wir sind das, ob sie uns anerkennen und zuhören, oder nicht. Aber ich sage voraus: Selbst wenn sie sich heute noch trauen, uns nicht zuzuhören oder uns mit „Glasperlen“ meinen besänftigen zu können – es wird (unsere vernetzte Kraft und Klarheit vorausgesetzt) der Tag kommen, an dem sie froh sein werden, wenn wir noch mit ihnen sprechen und uns noch überhaupt auf Verhandlungen mit ihnen einlassen!
Versteht ihr?? Im Moment sind die meisten von uns noch Gefangene der alten „Ohnmachtsschimäre“. Und das ist die Macht der „anderen“. Noch profitieren „sie“ von unserer Angst. Und noch glauben sie, uns mit den alten Voodoo-Ritualen („Runder Tisch“, Sorgentelefon, Fernsehspots) und ein paar mächtig aufgeplusterten Nicht-Bewegungen weiterhin in Schach halten zu können.
Doch allein WIR haben es in der Hand, ob sie uns auch weiterhin so an der Nase herum führen können. Dazu müssen wir zuerst einmal eine starke Bewegung werden, die sich autonom als lebenswichtige Bewegung für alle Betroffenen definiert. Und die klar erkennt, welche Macht sie eigentlich hat – wenn sie sich zusammenschließt.
Glaubt mir: Der Kaiser ist nackt.
Verstanden, Petra! Autonomie durfte von diesen unsäglichen Anfängen an nie unser Ding sein – die Vertrauens-Problematik war von vornherein grundgelegt – Irritationen vorprogrammiert.
So viel verstehen wir heute.
Ein GEMEINSAMes Problem verbindet, wir k ö n n e n uns verbünden gegen den Rest der schweigenden Vertuscher-Welt – also TUN WIR ES !
Und lassen wir uns nicht länger Sand in die Augen streuen von zahlen-versessenen Statistikern …
Sarah + Sascha sagten bereits: die geplanten Erhebungen taugen nichts – weder für uns, noch gegen dringend zu behebende Notstände.
So sind WIR nicht zu überzeugen.
Ideen hatten wir – wir haben sie weiter gegeben. Wenn der Staat auf Kosten von mühsam Überlebenden in Institute mit Eigeninteressen investiert, dann dürfen wir das anprangern.
Werden wir uns einig, berufen wir uns auf UNSER WISSEN, das die Beauftragten von Staat und Institutionen IGNORIEREN (wollen?)!
@ all
Das wird……
Die Menschen, die diesen Anfang der Befreiung erlebten und die irgendwie zu Geld kommen noch, die werden auch dran bleiben….
Solidarisch werden wir Potenziale bewegen, die zulange eingefroren waren….
Aber wir sind noch in der Aufklärungsphase, zuviele Menschen sind noch der Ansicht, ein sexueller Missbrauch in frühester Kindheit hinterlässt keinerlei Spuren, weil man sich ja nicht erinnern könne…
Auch ist es noch nicht überall bekannt, dass das erste Gebot bedeutet, einem Menschen Glauben zu schenken, der anfängt sein Trauma zu sehen.
Gerne würde ich die erste grosse Begegnunsstätte errichten, aber mir fehlt das Geld dazu…
Die Interviews mit Norbert Denef finde ich immer ausgezeichnet. Er versteht es wirklich, zum Ausdruck zu bringen, wie wir Betroffenen uns fühlen und was wir zur Aufarbeitung der Erfahrung brauchen.
Ich habe besonders über die folgenden Sätze nachgedacht:
„Es genügt aber nicht, Missbrauch allein dort aufzuarbeiten, wo er geschehen ist. Wie kann ein Opfer Vertrauen haben zu den Institutionen, wo die Verbrechen stattgefunden haben?“
Diese Frage betrifft eine große Wahrheit, da die Institutionen immer wieder versuchen, die Missbrauchsfälle geheim zu halten. Aber leider müssen wir uns an diese Institutionen wenden. Dies ist die Regel in den Fällen von Studenten, die Opfer sexueller Gewalt durch Universitätsprofessoren sind. Die Opferhilfeorganisationen und externen Beratungsstellen können uns im strafrechtlichen Bereich helfen, aber wer hilft uns bei den akademischen Folgen der sexuellen Übergriffe – als ob die Folgen im persönlichen Bereich nicht schon schlimm genug wären? Die logische Antwort wäre die zuständigen Einrichtungen der Universität, aber sie neigen dazu, die Lehrenden der Institution zu schützen, wie es in meinem Fall war.
Dass die Lehrkräfte gleichgültig und nicht unterstützend reagieren, kenne ich schon von meiner Missbraucherfahrung in der Schule und meinem aktuellen Fall an der Uni in Deutschland.
Sexuelle Gewalt in jedem Alter hinterlässt Spuren. Je älter die Betroffenen, desto mehr werden sie ignoriert. Wenn man Opfer von mehr als einem Täter war, schenkt uns die Gesellschaft geringe Glaubwürdigkeit.
@Lucrezia Gestern stieß ich auf ein solches Interview mit N.D. im Febr.’10 vom HR und dachte mir dasselbe.
Aber WIE soll das gehen?
Abhängige werden abhängig bleiben, wenn ‚Seelenmord‘ wie Mord und Völkermord n i c h t VERJÄHRBAR erklärt wird.
Letztendlich steht für jede/n Betroffene/n – auch im privatestenUmfeld! – beim geringsten Ansatz einer Aufarbeitung eine immer auch involvierte Institution QUER – sei es mit „Rücksicht“ auf die Familie, einen Kollegen oder Amtsbruder, oder aus „Disziplin“ im Amt, dem eidverpflichteten!! …
Immer sind es diese faulen Zugeständnisse durch einen weit verbreiteten Untertanen-Geist, die Verantwortliche handlungsunfähig machen in einer so genannten ‚freiheitlichen Demokratie‘! – ist das ‚freiheitlich‘? Ich denke: NEIN.
Hierarchien setzen ihre Macht in Richtung Zerstörung des gesellschaftlichen Friedens ein.
Frieden ist nicht mehr lebbar, wo Eltern ihren Kindern nicht glauben dürfen, wo Kinder lernen keinem einzigen Erwachsenen zu vertrauen, wo junge Menschen Privat- und Berufsleben schmerzlich und feindlich erleben.
Logische Folge? ÜBERlebende werden krank oder kriminell.
WAS ist zu also TUN? – ein Jahr nach der Welle?