Auswirkungen von sexueller Gewalterfahrung auf das Leben des Opfers – ein Fallbeispiel

Aktuell wurde das Thema „Missbrauch“ durch die endlich aufgedeckten Missetaten, die durch Respekts- und Autoritätspersonen der Kirche aber auch respektable Lehrer – und wie im Nachfolgenden gezeigt, können die Täter allen gesellschaftlichen Schichten entstammen – die alle einen gesellschaftlich guten Ruf genießen, aber versteckt und verdeckt üble Taten an minderjährigen, Ihnen anvertrauten Schutzbefohlenen begangen haben.

Unter uns leben noch viele, nicht identifizierte Täter, die unbehelligt und ohne Skrupel, ohne Schuld- und Unrechtsbewußtsein ein „lustiges“ Leben führen.

Im hier erwähnten Fall, hatte der Täter die Stellung eines Ortsvorstehers und gleichzeitig Kirchengemeinderat inne, und er machte sich in seiner Triebhaftigkeit, gezielt an kleine Mädchen heran, bedrohte diese auch mit Gewalt, um sie für seinen unbeherrschten Sexualtrieb gefügig zu machen. Gleichzeitig drohte er dem Opfer, und das ist ganz typisch für solche Täter, dass es, wenn es darüber spreche, etwas ganz Schlimmes geschehen würde. Das Opfer war – unter anderen Opfern dieses Mannes – ein 12 – 13-jähriges, ungeschütztes und naives  Mädchen, das mit der Tochter  dieses Mannes eine innige Kinderfreundschaft unterhielt, und selbst ab dem 4. Lebensjahr vaterlos aufgewachsen ist, bei einer Mutter, Landwirtin,  die sich nach dem Tod ihres Mannes von der gelegentlichen Hilfe dieses Nachbarn abhängig machte.

Diese verwitwete Mutter war unfähig, sich nach außen zu wehren, weil eine abhängig gebliebene, schwache Persönlichkeit. Das wusste der Täter und machte sich das zunutze. Ganz gezielt ging er Kinder aus sozial schwachen Familien an, Familien von denen er wenig Widerstand zu erwarten hatte.

Diese  schwache Mutter war unfähig ihre Tochter auf angemessene Weise zu schützen – und diese Mutter verschwieg diese Taten, weil sie sich von der Hilfe dieses Mannes auf dem von ihr betriebenen Bauernhof abhängig gemacht hatte. Sie riet der Tochter, als diese von dem Missbrauch und der Gewalt durch diesen Mann erzählte, „Du musst Dich verstecken, ich kann da nichts machen, wir brauchen ihn“.

Die Mutter war alleinerziehend nach dem Tod ihres Mannes – jedoch mit einem großen Verwandtschaftsclan –  schwieg aus Angst, aus falsch verstandener Loyalität, um eine vermeintlich gute Nachbarschaft nicht zu zerstören – und aus Abhängigkeit und Hilflosigkeit. Das Mädchen brach den Freundschaftskontakt zur Kinderfreundin ohne Worte ab, versteckte sich hinter Männerkleidern, ließ sich die Haare jungenhaft kurz schneiden, nahm Abführmittel, um ihre weiblichen Geschlechtsmerkmale zum Verschwinden zu bringen, trug weite Sackpullover, um ja nicht als Mädchen noch erkannt zu werden – so versteckte und verkleidete sie sich. Die Kinderfreundschaft hatte ein jähes Ende – darüber gesprochen wurde nie.

Dieses Mädchen wurde ab diesem Zeitpunkt schwer depressiv, konnte ihr Leben nur mit ganz großer Mühe und nur auf der Leistungsebene bewältigen – auf der Beziehungsebene ist es ihr nie gelungen, eine gesunde, tragfähige und vertrauensvolle Beziehung zu einem Mann einzugehen – wegen dieser Schädigungen.

Das Dorf wusste über diesen Mann, dass er triebhaft unterwegs war – hinter jedem Frauenrock hinterherhechtete – hinter vorgehaltener Hand wurde darüber geredet, aber keiner hatte so viel Zivilcourage, diesen Mann zu  konfrontieren. Alle haben ihn dann doch wieder gewählt zum Ortsvorsteher, zum Kirchengemeinderat – ganz typisch doppelmoralig in einer von der CDU-regierten Nachkriegsgemeinde.

Für dieses Mädchen war Liebe unmöglich geworden, auf Liebesbeziehungen konnte sie sich nicht wirklich, sondern nur sehr oberflächlich einlassen, da für sie Liebe mit Missbrauch ihrer Person verknüpft war. Sie war hochintelligent, studierte Medizin, wurde Psychiaterin und Psychotherapeutin, um sich und anderen zu helfen.

Sie war mehrfach suicidal, mehrfach in stationärer psychiatrischer Behandlung auch nach einem Suicidversuch. Sie hat trotz jahrelanger Psychotherapie immer noch Albträume, Schlafstörungen, Depressionen – und bislang keinen Lebenspartner gefunden. Sie hat gelernt alleine zu leben. Aufgrund der Missbrauchsdynamik verstrickte sie sich immer wieder in Beziehungen zu sog. „Freunden“, die nur ihr eigenes Wohl im Auge hatten, und die sie missbrauchten auf verschiedene Weise.

Sie musste frühberentet werden, weil die trotz mehrfacher, jahrelanger Psychotherapie, immer noch zum Teil emotional unverarbeiteten Kindheitserlebnisse, sie immer wieder einholen – sie leidet unter Albträumen, Nachhall-Erinnerungen über die Geschehnisse, hat auch Phasen von Psychosen, wo sie voller Angst ist vor erneutem Terror, unter Beziehungs- und Beeinträchtigungs- und Verfolgungsängsten leidet und ist voller Misstrauen jedem männlichen Wesen gegenüber. Sie flüchtet sich in ein einsames Leben aus Angst vor weiterem Missbrauch ihrer Person.

Sie wurde mehrfach von sogenannten „guten aber skrupellosen Freunden“, finanziell über den Tisch gezogen.  In ihrer Gutmütigkeit kannte sie nichts anderes, als für alle und jeden die Verantwortung zu übernehmen – auch für die Täter, die nie zur Rechenschaft gezogen wurden, denn in dieser Gesellschaft herrscht noch eine Rechtsordnung, die aus dem Dritten Reich stammt und in dieser Rechtsordnung werden Täter geschützt, nicht die Opfer. Und die Täter wissen sich in der Regel besser zu schützen als die Opfer und verstehen es sehr gut, sich zu schützen und sich ohne jegliches Unrechtsbewusstsein, skrupellos aus jeglicher Verantwortung zu schleichen – und der Staat hilft diesen Tätern – nicht den Opfern.

Eine Gerichtsverhandlung wird für die Opfer erneut zur Tortur – denn der Gang vor Gericht ist für eine Frau, die sexuelle Gewalt erfahren hat und dadurch seelisch schwer traumatisiert auch heute noch eine Höllenqual – die Befragungen durch Rechtsanwälte, Staatsanwälte setzen neue Traumen und sind mit vielen Demütigungen für die Opfer verbunden, da diese oft gar nicht in der Lage sind, sich adäquat zu vertreten.

Außerdem haben die Opfer in der Regel oft nicht die finanziellen Mittel, um sich gute Anwälte zu leisten. Die Opfer erleiden oftmals während der gerichtlichen Verhandlungen psychische Zusammenbrüche, ihre Persönlichkeit zersplittert, sind sprachlos, können sich nicht mehr angemessen artikulieren, und werden nicht selten, dadurch noch zur Täterin  gestempelt.

Die Perversion nimmt ihren Lauf – zugunsten der Täter, zu ungunsten des Opfers. Die oftmals brutalen Befragungen durch nicht entsprechend ausgebildete Juristen und die dadurch erneut  ausgelösten Demütigungen der Opfer, jetzt verursacht durch psychologisch unkundige Richter und Rechtsanwälte, führen zu neuen Retraumatisierungen, die dem Opfer nicht zuzumuten sind.

Die Straftaten dieser Täter verjähren zu schnell, nach 10 Jahren ist der Täter nicht mehr belangbar, so die aktuelle Gesetzgebung. Auf diese Weise  sind die Täter auch von der Gesellschaft geschützt – die Opfer können oftmals erst nach 20, 30 oder gar 50 Jahren, ihre Traumata zur Sprachen bringen, manche können diese nie zur Sprache bingen und leiden ein Leben lang unter Symptomen wie Posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen, Psychosen, psychosomatischen Störungen oder gar Pseudo-Demenz – ein sehr qualvolles Dasein, ausgelöst durch die  Gewalt, die diese Täter in ihren Seelen hinterlassen haben.

Der Gestzgeber und die Gesellschaft ist hier nicht in der Verantwortung – vor kurzem wurde ein Antrag auf Verlängerung  der Verjährungsfrist für die Opfer von sexueller Gewalt vom Bundestag abgelehnt. Die Gesellschaft als Ganzes ist aufgefordert hier Abhilfe zu schaffen und für eine gerechtere Gesellschafts- und Rechtsordnung zu kämpfen und ihre Mitglieder, v.a. Kinder und Frauen zu schützen.

Die Doppelmoral der katholischen Kirche und der Gesellschaft, die auch eher die Täter als die Opfer schützt ist der eine Skandal. Der zweite unhaltbare Zustand ist der, dass viele noch heute gültigen Gesetze aus dem Dritten Reich stammen, obwohl dieses offiziell vor 65 Jahren geendet hat – und hier herrschte Täterschutz, statt Opferschutz.

Und der 3. Skandal ist der, dass die gesellschaftlichen Verantwortungsträger im Großen und Ganzen sich einerseits in der Wohlstandstrance befindet und eine sehr egozentrisch-gleichgültige Haltung entwickelt hat und sich um solche Themen nicht kümmert – hätte sonst der Bundestag die Verlängerung der Belangbarkeit von Tätern abgelehnt?

Und die große Masse der Bevölkerung scheint sich zu ferngesteuerten, leblosen, konsumfreudigen Konsum-Zombies und Ja-sagern zu entwickeln, ohne jegliches politisch-wachsames Bewußtsein.

(Name der Redaktion bekannt)