Helmut Jacob • Am Leiloh 1 • 58300 Wetter • Mittwoch, 8. Dezember 2010
Frau Pastorin
Antje Vollmer
per Telefax: 030 – 227 – 76336
Ihre Aussage im Kulturjournal im NDR-TV vom 06.12.2010
Frau Pastorin Vollmer,
bevor Sie Legenden stricken, möchte ich schon heute meinen Widerspruch anmelden. Sie haben gesagt:
„Ich glaube, man darf nicht sagen, daß sich nichts verändert hat, auch für die Betroffenen – und viele von denen sind doch aus dieser Mauer des Schweigens herausgekommen und reden über ihre Geschichte und das war, glaube ich, das Allerschlimmste, diese Mischung aus vollkommener Rechtlosigkeit und Ohnmacht und vollkommenem gesellschaftlichen Desinteresse, ja, geradezu Zustimmung der Gesellschaft zu dem, was in den Heimen passiert ist. Und das ist vorbei.“
Das ist nicht Ihr Verdienst! Das ist schon gar nicht das Verdienst des Runden Tisches Heimerziehung. In Sachen Information und Öffentlichkeitsarbeit hat Ihre Geschäftsstelle, haben Sie als Tischvorsitzende kläglich versagt. Ihre Öffentlichkeitsarbeit hat nach meinem Empfinden einzig das Ziel, Ihren Tischvorsitz ins Licht zu rücken und – ich schreibe es mal so salopp – kritische Stimmen abzubürsten.
Es ist das Verdienst des Spiegeljournalisten Peter Wensierski, daß er mit seinem Buch „Schläge im Namen des Herrn“ ein Tabu gebrochen und andere Opfer von Verbrechen, Gewalt und Zwangsarbeit ermutigt hat, ihr Schweigen zu brechen.
Es ist das Verdienst des „Vereins ehemalige Heimkinder“, daß er mit seiner Petition an den Deutschen Bundestag Gewalt, Verbrechen und Zwangsarbeit in Erziehungsheimen ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hat.
Es ist das Verdienst der Heimopfer selbst, so beispielsweise von Martin Mitchell aus Australien schon zu Beginn der 80er Jahre, daß sie mit eigenen Homepages und Blogs anderen Opfern demonstriert und Mut gemacht haben: Wir lassen uns nicht mit Klagen bedrohen, wir lassen uns nicht einschüchtern, wir schreiben die Wahrheit, irgendwann wird sie siegen.
Es ist das Verdienst der Presse, der Rundfunk- und Fernsehanstalten, daß sie die Gewalt, die Verbrechen und die Zwangsarbeit in Kinder- und Jugendheimen in den drei Nachkriegsjahrzehnten immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt haben. Es wird ihr zukünftiger Verdienst sein, daß diese Verbrechen und die daraus entstandenen Folgen nach Beendigung des Runden Tisches nicht in Vergessenheit geraten.
Es ist das Verdienst mutiger Opfervertreter, so beispielsweise des Professor Dr. Kappeler und des Diplomtheologen Dierk Schäfer, daß die Arbeit des Runden Tisches nach und nach als Farce erkannt wurde.
Der Bundestag hat Ihnen laut dem Entwurf des Abschlußberichtes unter den Punkten 5 und 8 die „Information ehemalige Heimkinder“ und „Öffentlichkeitsarbeit“ aufgetragen. Beide Aufgaben hat der RTH äußerst mangelhaft bewerkstelligt.
Informationen jener Heimopfer, die über keinen Internetanschluß verfügen, haben so gut wie nicht stattgefunden. Verarmte Heimopfer können sich nicht einmal eine Tageszeitung leisten. Die Information für Opfer mit Internetverbindung beschränkt sich auf das Vorhandensein einer Homepage.
Der Informationswert der Homepage ist fast null. Selbst die Beschlußprotokolle sind versteckt und werden nur von Usern entdeckt, die das System Internet verstehen. So befinden sich beispielsweise die Abschlußprotokolle unter dem versteckten Link:
http://www.rundertisch-heimerziehung.de/aktuelles3.htm
Warum nur Beschlußprotokolle öffentlich gemacht werden, kann man nur im Kontext zu anderen Geheimhaltungen (siehe beispielsweise nachfolgend) verstehen: Es soll nicht zuviel informiert werden.
Wie peinlich wäre es für den Runden Tisch gewesen, hätte er den Vortrag von Professor Kappeler vom 2./3. April 2009 mit dem Thema: „Zur zeitgeschichtlichen Einordnung der Heimerziehung“ veröffentlicht. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt hätte man eingestehen müssen, daß die historische Aufarbeitung der Verbrechen an den Heimkindern längst kalter Kaffee ist. Wie peinlich wäre es für den RTH gewesen, hätte er die „Verfahrensvorschläge zum Umgang mit den derzeit diskutierten Vorkommnissen in Kinderheimen in der Nachkriegszeit in Deutschland“ des Theologen Dierk Schäfer – am 02. April 2009 Ihrem Tisch vorgetragen – veröffentlicht müssen. Hätten doch die Opfer dann schon so frühzeitig den Tagesordnungspunkt „Wiedergutmachung und Entschädigung“ gefordert. Es ist zu vermuten, daß die Zeit gestreckt werden sollte, um erst zum Ende der zwei Jahre dieses heißes Eisen anzufassen, was ja gründlich in die Hose gegangen ist. Selbst in Ihrem Schlußbericht finden diese und andere wichtigen Vorträge zu Gunsten der Opfer nicht ein Wort der Erwähnung. Das macht nachdenklich und mißtrauisch.
Wenn Sie sich die Homepage der Tischvorsitzenden für den Bereich sexueller Mißbrauch betrachten, müßte Ihnen Ihr Versagen und das Ihrer Geschäftsstelle deutlich werden.
Für diese Geheimniskrämerei, für die Unterschlagung von Dokumenten und wichtigen Beiträgen zur Information der Opfer haben Sie die Quittung erhalten. Circa 450 Opfer und Nichtopfer sollen sich bei Ihre Stelle gemeldet haben. Welchen Beweis brauchen Sie noch, damit Sie einsehen, daß man Ihnen und Ihrer Geschäftsstelle nicht getraut hat. Vergleichen Sie einfach Ihre Zahl mit der des „Runden Tisches sexueller Mißbrauch“. Kräftiger können die Ohrfeigen nicht ausgefallen sein, die man Ihnen gegeben hat.
Hochachtungsvoll
Helmut Jacob
Danke.
Ich wünsche Ihnen, daß dieser klare Brief Beachtung findet und Konsequenzen hat.
Die Arbeit dieser Theologin ist schwächer als schwach.
Schützt sie ihre Institution? Wie blind kann man denn heutzutage noch sein? Ist das Mitleid mit den Opfern nicht absolut vorrangig vor allen anderen Belangen?
Hoffentlich kann man nach diesem Abschlußbericht und diesem Offenen Brief sagen:
nicht: Gott hats gerichtet, sondern:
„die Presse hats gerichtet!!“
´Das Sprechen´war sehr anstrengend und für viele Re-traumatisierend.
Es hat den Betroffenen nicht nötigerweise geholfen, sondern vorrangig der gesellschaftlichen Wahrheitsfindung. Das Gefühl der Rechtslosigkeit ist nicht weg sondern verstärkt sich durch dummdreiste Aussagen alá Vollmer.
Von einer intelligenten und jetzt schon seit zwei Jahren mit dem Thema befassten Frau hätte man anders erwarten dürfen. Aber die (Eigen)interessen, die (Eigen)interssen..
Diese Mail habe ich soeben an Antje Vollmer geschrieben:
Sehr geehrte Frau Vollmer!
Gerade habe ich den Beitrag im NDR – Kuturjournal zum Thema Runder Tisch Heimerziehung angesehen.
Ich kann es nicht glauben! Ist das das Ergebnis, das eine Theologin – von der man doch landläufig immer noch meint, sie träte per Berufung für die Schwachen ein – allen Ernstes meint, der Bevölkerung, verkünden zu können?
Es habe sich doch etwas verändert…. Ja. Es stimmt. Die Menschen sind hellhörig geworden. Sie haben großes Mitleid und Scham gegenüber den armen Kindern, die so schaml o s ausgenutzt wurden. Diese Kinder haben der Kirche Unsummen durch ihre Zwangsarbeit erspart – mit ihren kleinen Körpern, mit ihren bedürftigen Seelen.
Und jetzt steht eine Theologin vor die Kamera und sagt , es habe sich doch etwas verändert, die damaligen ausgebeuteten Kinder könnten doch jetzt darüber sprechen…..!
Wie frech gehts denn noch?
Ich wünsche der Kirche eine lawinenartige Austrittswelle, ich selbst kann diese Heuchelei und Scheinheiligkeit einfach nicht mehr ertragen!
Nicht hochachtungsvoll
Frau Vollmer interessiert sich weder für unsere Befindlichkeit noch dafür, ob wir uns in einer Situation der Rechtlosigkeit befinden.
Frau Vollmer interessiert sich für ihren Auftrag und der ist: Die Ehemaligen möglichst zum Schweigen zu bringen (Reden dürfen sie gern darüber, wie es ihnen ergangen ist – aber daraus keine Forderungen ableiten, bitte schön!), Kirchen das Gesicht zu wahren und „das Ganze“ möglichst kostengünsting abzuwickeln.
Ich möchte aber an dieser Stelle mal ganz ausdrücklich bedanken! Nee, nicht bei der Vollmer, sondern bei all denen, die in einer Woge von Solidarität auf uns im VEH zugekommen sind!
Bei denen, die in Foren und auf Blogs für uns schreiben! Bei denen, die sich an PolitikerInnen und Kirchenfritzen wenden, um für uns zu protestieren! Bei allen – ehemalige Heimkinder, ehemalige Internatsschüler, Überlebende von sexueller Gewalt, bei all denen, die weder im Heim noch im Internat waren, noch sexuelle Gewalt erleben mussten, deren Gerechtigkeitsinn lebendig geblieben ist, die mit uns fühlen und sich solidarisch zeigen!
DANKE!
…..hätte ich das geld was mir zusteht von meinem Erzeuger, dem einst grössten Computerhändler aus NRW,…..ich würde ein Wachsfigurenkabinett eröffnen mitten in Berlin…….
Hier sieht man sehr schön, wie Frau Vollmer versucht zu spalten und zu verharmlosen:
(aus dem Deutschlandradio)
´Vollmer: Ich finde, dass ich gar nicht betroffen bin. Ich freue mich, dass die auf die Straße gehen, das ist ein Teil positiver Erfolg unserer Arbeit. Nämlich bisher hat ein Heimkind gar nicht gesagt, dass es ein Heimkind ist.. Zum Zweiten glaube ich, dass das ein Votum ist zu sagen: Denkt nicht nur wie in der aktuellen Debatte an die in den Eliteschulen und was denen passiert ist, denkt bitte an uns, wir waren viel mehr und es ist uns viel schlimmer gegangen ..´
Heute hat es überigens eine Solidaritätsadresse, unter anderem auch von Frau Vollmers ´Eliteopfern´ mit den Betroffenen ehemaliger Heimerziehung gegeben: http://netzwerkb.org/2010/12/12/betroffene-von-sexualisierter-gewalt-erklaren-sich-solidarisch-mit-den-heimkindern/
Tja, wir lassen uns nicht spalten, was nun Frau Vollmer?
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Antje Vollmer, diejenige, die jetzt (2011-2014) Biographische Romane über Widerstand und Widerstandskämpfer im Dritten Reich schreibt, und jetzt DAMIT ihr Geld verdient, hatte als Schirmherrin am »Runden Tisch Heimerziehung« (2009/2010) selbst KEIN INTERESSE daran gehabt und gezeigt gegen das heutige elitäre System und Machtgebilde, dem auch sie angehört, Widerstand zu leisten, und sich für die Schwachen und Schwächsten in unserer Gesellschaft einzusetzen, und sich wirklich mit solchen Dingen und Geschehen in ihrem Lande wie „Heimkinderhöllen“ / „Kinderheimhöllen“, „Heimkinderfolter“ / „Kinderheimfolter“ – torture of children in care – „Heimkindersklaven“ / „Kinderheimsklaven“, „Heimkinderzwangsarbeit“ / „Kinderheimzwangsarbeit“ zu befassen, und all diese Dinge und Geschehen, wie sie beweisbar und bewiesen seit 1949 jahrzehntelang in der Bundesrepublik Deutschland existierten, stattfanden und gegen Kinder und Jugendliche angewandt wurden, beim Namen zu nennen, und eine angemessene Wiedergutmachung und Entschädigung für die Opfer für all dieses ihnen widerfahrene Unrecht und Leid zu empfehlen und einzufordern.
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