Initiative-gegen-Gewalt.de 25.11.2010

Turntrainer wegen Kindesmissbrauch verurteilt

Langen (Hessen). Eine Jugendrichterin des Amtsgerichtes Langen hat am 16.11.2010 in einer ca. 1 ½ -stündigen Verhandlung, zu der keinerlei Zeugen geladen wurden, einen 38-jährigen Turntrainer wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Haftstrafe von 8 Monaten auf Bewährung verurteilt. Dem „geständigen“ Trainer wurde zudem eine Therapie zur Auflage gemacht.

Dem Prozess vorausgegangen war ein etwas ungewöhnlicher Verlauf bei der Aufklärung des Falles. Da der Beschuldigte und auch das Opfer zunächst zu den Vorwürfen nichts sagen wollten, lud der Vorsitzende der Initiative gegen Gewalt … e.V., Johannes Heibel, den Turntrainer zu einem Gespräch in sein Büro ein. Im Rahmen dieses Gespräches räumte der Trainer dann zahlreiche und intensive sexuelle Handlungen ein. Ihm war bewusst, dass er den Sachverhalt dem Vorsitzenden nicht im Vertrauen gesagt hatte, sondern er wollte damit zur Aufklärung des Falles aus Gründen des Opferschutzes selbst aktiv beitragen. Er erklärte sich sogar mit der Aufnahme des weiteren Gespräches auf Tonträger bereit, wo er weitere sexuelle Handlungen zugab. Darüber hinaus versprach er, dass er gleich am darauf folgenden Werktag eine Selbstanzeige machen werde. In jedem Fall war klar, dass es nun zu einem juristisches Verfahren kommen würde.

Da der Beschuldigte sich nach Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt plötzlich anders entschied, erstattete die Mutter schließlich selbst Anzeige bei der Polizei. Die Ermittlungen der Justizbehörden gestalteten sich allerdings von Anfang an sehr schwierig. Nach Kenntnis der Initiative fanden u.a. keine umfangreichen Ermittlungen in den Vereinen statt, wo der Beschuldigte als Turntrainer arbeitete. Man beschäftige sich monatelang damit, ob die Tonbandaufzeichnung und die Aussage des Vorsitzenden der Initiative überhaupt für das Verfahren zulässig ist. Als sich diesbezüglich nichts tat, übergab der Vorsitzende die Tonbandaufzeichnungen unaufgefordert an die Staatsanwaltschaft Darmstadt, was die Verteidigung umgehend beanstandete. Der Beschuldigte selbst räumte schließlich nur wenige Übergriffe ein und erstattete seinerseits nach Anklageerhebung Strafanzeige gegen den Vorsitzenden der Initiative wegen „Verletzung von Privatgeheimnissen“ (§ 203 StGB).

Zum weiteren Verfahrensablauf muss noch gesagt werden, dass die Staatsanwaltschaft den Opferanwalt nicht gleich über die Anklageerhebung informiert hat. Es vergingen sogar einigen Wochen, ehe dies der Vorsitzende der Initiative zufällig selbst herausfand. Da dem Opferanwalt vor dem Prozess weder die Anklageschrift noch die Ermittlungsakte vorgelegt wurde und das Gericht auch noch einer Verlegung des Prozesstermines nicht zustimmte, musste die Opferfamilie schließlich ohne anwaltliche Vertretung am Prozess teilnehmen. Verurteilt wurde der Turntrainer lediglich für wenige sexuelle Handlungen, die er selbst eingeräumt hatte. Der Ausgang des Verfahrens gegen den Vorsitzenden der Initiative ist dagegen weiterhin offen. Aus Gründen des Opferschutzes und des zukünftigen Umgangs mit Beschuldigten, möchte die Initiative diesbezüglich eine Klärung dieser Umstände herbeiführen, da das Vorgehen der Justiz in diesem Fall mit dem Opferschutz und einer lückenlosen Aufklärung von Verdachtsmomenten nicht zu vereinbaren ist. So kann dies jedenfalls nicht stehen bleiben, da man ansonsten die Nebenklage gleich abschaffen könnte.

Siershahn/Langen, den 25.11.2010

Johannes Heibel, Dipl.Soz.Päd.(FH)
Vorsitzender

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