Berlin – Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will die Forschung zu Kindesmissbrauch verbessern.
Einen Tag vor der zweiten Sitzung des zuständigen Runden Tisches kündigte Schavan am Mittwoch an, 32 Millionen Euro für Forschungsprojekte zur Verfügung zu stellen. Wissenschaftler begrüßten die Finanzspritze und sprachen von großem Forschungsbedarf. Der Ulmer Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jörg Fegert, sagte, Kindesmissbrauch sei in der Wissenschaft bislang noch ein “Schmuddelthema“.
Das müsse sich ändern. Das Bekanntwerden von massenhaften Missbrauchsfällen in Schulen und katholischen Einrichtungen hatte vor einigen Monaten eine breite gesellschaftliche Debatte ausgelöst. Schavan rief daraufhin gemeinsam mit Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) einen Runden Tisch ins Leben. Dem Gremium gehören rund 60 Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft an. Neben Kinder- und Jugendschutzverbänden sind auch Juristen, Mediziner, Psychologen und Repräsentanten von Schulträgern in dem Kreis vertreten.
Zusätzlich zur großen Runde bildeten sich drei Arbeitsgruppen – mit dem Fokus auf Prävention, rechtliche Fragen und Anforderungen an Forschung und Lehre. Zur Forschung legte Schavan nun erste Pläne vor. Mit den zusätzlichen Millionen ist unter anderem eine Repräsentativbefragung unter 10.000 Menschen zwischen 16 und 40 Jahren geplant. Außerdem soll ein interdisziplinäres Netz von Medizinern, Psychologen und Sozialwissenschaftlern Ursachen von Missbrauch untersuchen und an Strategien für Prävention und Therapien arbeiten.
“Kindesmissbrauch nur wenig erforscht“
Gewalt und Missbrauch an Kindern seien wissenschaftlich bislang nur wenig erforscht, sagte Schavan. Die öffentliche Diskussion der vergangenen Monate habe gezeigt, “wie viel wir nicht wissen und wie viel spekuliert wird“. Nachdem das “Tabu gebrochen“ sei, gebe es die Chance, dem Thema in der Wissenschaft mehr Raum zu geben.
Nach Ansicht Fegerts darf Kindesmissbrauch in der Forschung nicht länger am Rande stehen. Sexueller Missbrauch gehe oft einher mit Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern. Es ergebe keinen Sinn, einen Aspekt isoliert zu betrachten. Interdisziplinäre Forschung sei daher besonders wichtig.
Mit Blindheit geschlagen?
Ich finde es unglaublich, wo doch seit Monaten durch die Presse geht, dass bei vielen Betroffenen sexualisierter Gewalt erst im Alter von 40 bis 60 Jahren Erinnerungen der Grausamkeiten hochkommen und sie erst in diesem Alter die Stärke und Reife entwickeln, dieser Realität ins Auge schauen und darüber sprechen zu können, das nun bei Forschungsprojekten nur Menschen zwischen 16 und 40 Jahren befragt werden sollen. Wie soll da sexualisierte Gewalt angemessen begriffen werden, wenn bereits Bekanntes als Grundlage für Forschungsfragen ignoriert wird?
Die psychologischen Verdrängungsmechanismen, die bei sexualisierter Gewalt Normalität sind, sollten meines Erachtens mal in das Zentrum der Forschung rücken, damit wir Betroffene uns nicht noch dafür rechtfertigen müssen, dass wir uns um zu Überleben erst in späteren Lebensjahren darüber bewußt werden und darüber sprechen können.
Wenn nur jüngere Menschen befragt werden, die sich im Zweifelsfall garnicht erinnern können, was bringt das dann für einen Erkenntnisgewinn?
Fürchten die Beteiligten bei der Forschung, dass viel höhere Zahlen sexualisierter Gewalt in unserer Gesellschaft Realität sind als es zum Selbstbild unserer ach so zivilisierten Gesellschaft gehört? Für solche Forschungen wird Geld ausgegeben, für uns Betroffene gibt es weder Entschädigungen noch die Genugtuung, dass die Gewaltverbrecher bestraft werden, und jetzt wird auch noch unser Wissen und unsere Erfahrungen bei der Forschungskonzeption ignoriert.
Wirklich traurig und entlarvend, wie wenig bei allem scheinheiligen Aktionismus wirklich zum Guten für die lebenslang leidenden Betroffenen getan wird.
Susanne
Was nutzt Foschung, wenn sich anschliessend trotz der Erkenntnisse nichts ändert?
Wenn die Bereitschaft nicht vorhanden ist, etwas an den Missverhältnissen zum Thema zu verändern, dann ist Forschung unnötig und Verschwendung.
Forschung macht dann allerdings Sinn, wenn die Bereitschaft da ist, anhand der neuen Erkenntnisse – welche zum Thema ja eigentlich längst alle bekannt sein dürften – auch gesellschafts-politisch wirklich etwas zu verändern.
Eine wirksame Veränderungsbereitschaft muß demnach vorangestellt werden! Das wird aber oft vergessen bzw. nicht berücksichtigt, oder man will das garnicht.
Wozu dann Forschung?
Forschungsansätze als Alibifunktion?
Wer ist hat dann dabei Vorteile?
Wer hat ein Interesse an Forschung ohne Zielsetzung?
Hubert
32 Millionen für die Forschung, die waren aber schnell gefunden..Tja, da hat dann wohl noch eine Gruppe, die Forscher, einen Weg gefunden auf dem Rücken der Geschädigten Profit zu machen. Die haben wohl einen besseren Draht zur Frau Ministerin, sitzen ja im Gegenteil zu den Opfern auch mit am sauberen und ehrenwerten Runden Tisch. Die Betroffenen aber werden mit 5.000 Euro abgespeist..Wenn überhaupt!
Ja dafür ist Geld da, aber nicht für die Heimkinder. Ich werde Das Gefühl nicht los dass an unserem Elend noch Geld verdient wird. Es ist immer das gleiche Politik ist nicht zutrauen