Sehr geehrte Frau Dr. Bergmann,

bezüglich  Ihres gesendeten  Beitrages im WDR 5 am 21. 09. 2010 betreffs der Kampagne, „Das Schweigen brechen“.

Mit Interesse habe ich Ihren Beitrag im Radio verfolgt, bezüglich der Kampagne. Missbrauchsopfer sollen ermutigt werden, ihr Schweigen zu brechen. Gespannt hörte ich  zu und musste mal wieder schmerzhaft feststellen: “ Ich habe wohl mein Schweigen an der falschen Stelle gebrochen!“
Ich hatte den Mut, mein Schweigen zu brechen. Ich hatte den Mut mir Hilfe zu holen. Ich besaß die Naivität und den Glauben, dass mir Hilfe gegeben wird, damit meine Kinder nicht unter meinen psychischen Folgeerkrankungen/ Auswirkungen des Missbrauchs und Misshandlungen leiden müssen. Dies tat ich aus Verantwortung meinen Kindern gegenüber heraus. Dann geriet ich, nachdem ich mühsam Vertrauen gelernt hatte doch einmal  in falsche Hände. Jetzt bin ich öffentlich, aktenkundig psychiatrisiert.

Das hat mir mein MUT eingebracht!? Unter folgendem Link befinden sich die bitteren Konsequenzen meines gebrochenen Schweigens! http://netzwerkb.org/2010/09/19/es-wird-zeit/
Der nächste Link beinhaltet das noch anhaltende Schweigen meiner Tochter, die nachdem was ihr widerfahren ist, noch nicht in der Lage ist, ihr Schweigen zu brechen, denn die grenzüberschreitenden Verletzungen durch den sexuellen Missbrauch an ihr durch einen Mitschüler, und der Umgang der verantwortlichen Lehrer der Schule, halten sie bis zum heutigen Tage noch in „Schweigen“.
Ich als Mutter und selbst Betroffene sehe und fühle ihr Leiden, ihren Schmerz, ihre Ohnmacht und die Konsequenzen für ihr Leben. http://netzwerkb.org/2010/09/25/im-namen-meiner-tochter/

Als Betroffene möchte ich Sie und die Angehörigen des runden Tisches dafür sensibilisieren, was mit Betroffenen geschehen kann, wenn sie ihr Schweigen brechen und in „falsche Hände“ geraten.
Aus tiefster Überzeugung unterstütze ich das „ gebrochene Schweigen Herrn Norbert Denefs“, der sich mit dem Verein NetzwerkB für die Abschaffung der Verjährungsfristen einsetzt. Es wird Zeit, dass Täter und Mitverantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. Es wird Zeit, dass Betroffene in ihrem ganzen Ausmaß gehört und entschädigt werden für ihr Leiden, welches ein Leben lang andauert.
Wir Betroffene alleine fühlen den Schmerz ein Leben lang, denn wir haben ihn ausgehalten und halten und müssen ihn ein Leben lang aushalten, denn die Seele vergisst nichts!
Wir Betroffene haben aufgrund der an uns begangenen Verbrechen mit schweren Folgeerkrankungen zu leben, die unsere Lebensqualität beeinflussen.

Wir Betroffene, und ich schließe mich aus Überzeugung an, haben ein Recht auf Beteiligung am runden Tisch, denn wir haben es erlebt!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit
Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Müller