Sexueller Missbrauch Schutzbefohlener in staatlichen Einrichtungen und der Umgang damit am Beispiel meiner Tochter . Ein typisch, alltäglicher Fall?

Im Namen meiner Tochter / für meine Tochter

Im November 2007, meine Tochter war gerade 15 Jahre alt, entdeckten wir, dass sie sich immer mehr veränderte. Da wir aber auch ansonsten aufgrund meiner Erkrankungen, deren Auswirkungen und der allgemeinen pubertären Entwicklung, zunehmend Probleme auf der Verhaltensebene hatten, schenkte ich dem zunächst nicht allzu große Beachtung. Sprach ich sie an, was denn mit ihr los wäre, wies sie mich zurück. Sie selber verschloss sich zunehmend, so dass ich immer penetranter auf sie zuging und sie bat, mir zu sagen, was los sei. Ich gab ihr zu verstehen, dass ich für sie da sei. Seien es Probleme in der Schule, so würden wir das Gespräch mit den Lehrern suchen. Sie meinte, dass das doch keinen Sinn hätte, weil ihr keiner glauben würde, und der, der das macht, würde selbst die Lehrerinnen bedrohen. Ich bohrte nach und schließlich erzählte sie mir, dass ein Mitschüler ( sehr groß, schon volljährig ) ihr an jeder Ecke auflauert, sie begrabscht, in die Ecke drängt, ihr unter die Wäsche geht, ihr droht, dass er sie „totmachen“ würde, wenn sie es erzählt. Ich fragte sie, ob sie es nicht der Lehrerin erzählt hätte. Sie meinte, dass sie zur Vertrauenslehrerin gegangen wäre, die aber selber Angst vor dem Jungen hat, da er auch zu den  Lehrerinnen verbal und körperlich übergriffig werden würde.
Die Vertrauenslehrerin sagte unserer Tochter, dass sie es aufschreiben solle. Ich fragte sie, ob das alles wäre, was die Schule macht, ob es keine Gespräche mit der Direktorin, dem Jungen und dessen Eltern geben würde. Meine Tochter verneinte. Sie schrieb aber alles auf. Ich sagte ihr, dass sie zu der Lehrerin gehen solle und es unterschreiben lassen solle. Ich wollte etwas in der Hand haben und dies gab ich meiner Tochter auch zu verstehen. Ich machte ihr Mut indem ich ihr sagte, dass ich dafür sorgen würde, dass dagegen etwas unternommen wird.
Am nächsten Tag brachte meine Tochter ihre Aufzeichnungen von der Vertrauenslehrerin, die übrigens auch in Teilen Zeugin dieser Übergriffe war, unterschrieben mit nach Hause.
Sofort rief ich in der Schule an und verlangte ein Gespräch mit der Direktorin. Mehrmaliges Bitten nach einem Gespräch wurde abgelehnt mit fadenscheinigen Gründen, wie „keine Zeit, später, Konferenz, Frau X wird Sie zurückrufen…..
Ich teilte dem Schulbüro mit, dass ich jetzt die Polizei einschalten würde, da es seitens der Schule ja wohl nicht zur Klärung und Gesprächsbereitschaft kommen würde.
Ich ging umgehend zur Polizei und erstattete Anzeige.
Anschließend setzte ich die Schule von diesen Schritt in Kenntnis.
Umgehend wurde ich von der Direktorin zurückgerufen. Auf einmal hatte sie Zeit. Sie meinte, dass es wichtig wäre, dass die Sache geklärt werden würde und sie sich höchstpersönlich darum kümmern würde und ein Gespräch mit Eltern und dem Jungen führen würde.

Ja; Auf einmal, nachdem es drohte öffentlich zu werden und sie um ihren Ruf und dem der Schule fürchten musste. Mich interessierte dieses Verhalten jetzt nicht mehr. Ich gab ihr zu verstehen, dass die Angelegenheit jetzt ihren juristischen Weg gehen würde.
Trotz alledem wurde ich ihren Wunsch gerecht, zum Gespräch in die Schule zu kommen. Ein Rückzug der Anzeige kam für mich nicht mehr in Frage!
Im Gespräch kamen dann folgende Äußerungen ihrerseits: „Wir werden natürlich sofort Kontakt mit der Familie aufnehmen, denn so etwas darf es an diese Schule nicht geben.“
„Gut, dass Sie Anzeige erstattet haben. Uns sind in diesen Fällen die Hände gebunden. Wir können nichts machen, dass ist Sache der Eltern.“
Ich wurde daraufhin ziemlich erbost und fragte nach, warum die Schule nichts machen könne, denn schließlich hätten sie die Verantwortung zum Schutz der Kinder in deren Einrichtung. Wir als Eltern hätten während des Schulbesuchs die Verantwortung delegiert. Wir müssen die Verantwortung delegieren, da allgemeine Schulpflicht herrscht und wir haben ein Recht darauf, dass  verantwortungsvoll  zum Schutz der Kinder, damit umgegangen wird. Wir Eltern müssen der Schule vertrauen dürfen!

Ihr Gegenargument lautete in etwa so, dass unsere Tochter ja nicht unschuldig wäre, denn schließlich würde sie die Jungen durch ihre enge, körperbetonte Bekleidung provozieren. Unsere Tochter und die dazugehörende Klassenlehrerin saßen dabei. Ich gab der Direktorin zu verstehen, dass die Kleidung eines Mädchens noch lange kein Freibrief dafür ist, sie als Freiwild zu betrachten. So machte man meine Tochter „mitschuldig“ an dem an ihr vollzogenen Missbrauch.

Im Dezember teilte uns die Schulleitung mit, dass der Junge von der Schule verwiesen worden wäre.
Die Staatsanwaltschaft (eine Frau) rief ebenfalls im Dezember an und befragte unsere Tochter telefonisch.
Im Februar 2007 bekamen wir Post von der Staatsanwaltschaft, aus der hervorgeht, dass das Strafverfahren ruht, da der Aufenthalt des Beschuldigten nicht ermittelt werden konnte.
Man geht davon aus, da es sich um einen türkischen Mitbürger handelte, dass seine Eltern ihn zurück in die Türkei geschickt haben.
Das Verfahren ruht!
Meine Tochter ruht keineswegs, nur ihr Mund !
Sie hat gesundheitliche, sowie psychische Probleme !
Sie kann sich noch Niemanden außer mir, und das auch nur begrenzt, anvertrauen. Die Scham und die Verletzungen sind zu groß.
Wenn sie mal soweit sein wird, und Niemand kann erahnen, wann der Zeitpunkt da sein wird, dann muss der Täter zur Verantwortung gezogen werden können.

Und deshalb: Abschaffung der Verjährungsfristen!!

Im Namen aller Betroffenen und in Namen „für“ alle Betroffenen und meine Tochter.
Im Namen aller Kinder.

Ich wünsche meiner Tochter und allen Betroffenen, dass es für sie Gerechtigkeit geben wird, und sie mit sich und dem an ihnen begangenen Schaden an Leib und Seele zu Frieden kommen.

Eine Mutter