DIE ZEIT 17.06.2010
Hilft gegen Wut
Nichts verschweigen, alles in Frage stellen!
von Norbert Denef
Was heißt eigentlich heilig? Im Internet steht, dass das Wort etwas Besonderes bezeichnet und dass sich darin das »Heile«, Ganze, Intakte wiederfindet. Und jetzt fragen Sie ausgerechnet mich, der als Messdiener von einem Priester und danach als Jugendlicher von einem Kirchenmusiker missbraucht wurde, nach so etwas wie Unversehrtheit. Heilig, heilig, heilig: Wie oft habe ich das als Kind und Jugendlicher gesungen! Diese Kirchenmusik macht einem ja Gänsehaut, die vernebelt einem die Sinne und bringt einen in Extase. Bei mir mischte sich dieses Schöne mit dem Schlimmen zu einem Chaos. Irgendwann blieb nur noch der Rückzug ins Schweigen.
Um da wieder rauszukommen, muss man den Mut haben, Fragen zu stellen. Als ich zu fragen anfing, wurde ich allerdings fast wahnsinnig. Warum musste mir das passieren? Warum mit zehn Jahren? Warum mit 16 aufs Neue? Worte zu finden über die eigene Wut hinaus und bei allem nach dem Warum zu forschen ¬ – das ist mir im Leben das Wichtigste, wenn Sie so wollen etwas Heiliges. Shakespeare hat in Macbeth gesagt: »Was, Mann! zieh nicht den Hut so in die Stirn: / Gib Leiden Worte; Schmerz, der nicht frei spricht, / Flüstert im Herzen, bis es birst und bricht.« Das habe ich am eigenen Leib erfahren, dass stummer Schmerz und Wut und Ärger unfrei machen.
Mit der pompösen Entschuldigungsrede des Papstes letzten Freitag spielen die Kirchenoberen uns eine Komödie vor. Denn wer sich entschuldigt, fordert Vergebung, und wenn das Opfer nicht vergibt, dann betet der Papst für sein Seelenheil, dass es wieder vergeben kann. Was für eine Farce! 10 000 Priester ziehen sich in Rom Kostüme an, und einer behauptet, er spreche im Namen Gottes, und die anderen küssen seinen Ring. Dieses Entschuldigungsgerede dient doch bloß der Verdrängung. Wem verziehen wird, der muss sich nicht ändern. Der Papst sollte lieber die geheimen Akten öffnen und die Betroffenen angemessen entschädigen.
Ich bin sehr fürs Rationale, denn ich habe lernen müssen, dass der Glaube an die heilige christliche Kirche so ist, als würde man immer tiefer in einen dunklen Tunnel rennen. Ans Licht kommt man durch hartnäckiges Fragen. Dadurch gelangt man ins Freie.
Norbert Denef, geboren 1949 in Delitzsch bei Leipzig, ist Sprecher des Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt (www.netzwerkb.org). Er selbst wurde zwischen dem 10. und 18. Lebensjahr von einem Priester und einem Organisten missbraucht. Im Jahr 2003 bot ihm das Bistum Magdeburg eine Entschädigung an, unter der Bedingung, dass er sich verpflichtet, weiter zu schweigen. Denef kämpft derzeit beim Europäischen Gerichtshof für eine Aufhebung der Verjährungsfristen für sexuelle Gewalt im Zivilrecht. Sein Buch »Ich wurde sexuell missbraucht« kann man für 10 Euro beim Autor beziehen (norbert@denef.com)
Sich wehren ist leider nicht Teil des christlichen Leitbildes: Den eigenen Peinigern vergeben, die andere Wange hinhalten, sich freiwillig in die Hand der eigenen Mörder begeben und den eigenen Freunden, die einen retten wollen, den Rückzug zu befehlen, das sind die Dinge, die man aus der Bibel lernt. Diese ganze „Heilsbotschaft“, diese Durchhalteparolen und die Versprechen von Erlösung in der nächsten Welt als Lohn für das Aushalten in Dieser sind doch nur ein abartiges, krankes Rezept für Unterdrückung und Ausbeutung.
Echte Christen wehren sich nicht, sie lassen sich den Löwen vorwerfen und unterwerfen sich als Märtyrer allerlei perversen Foltern. Wenn keine bösen Heiden zur Hand sind, quälen sie sich selbst mit allerlei lebensfernen Geboten und Regeln, die der menschlichen Natur widersprechen.
Die christliche Lehre war vielleicht eine revolutionäre Idee im Zeitalter der Blutrache und Lynchjustiz, aber ich frage mich, wie eine gebildete, demokratisierte, aufgeklärte, emanzipierte und mit Menschenrechten ausgestattete Person heutzutage diese weltfremden Sekte mit ihren Zauberritualen und der lächerlichen, tuntigen Karnevalskleidung irgendwie ernst nehmen kann. Warum durchschaut man diese schlecht vermummten Scharlatane nicht auf den ersten Blick, warum schenkt man ihren Worten Gehör?
Jetzt, wo diese ganze Bande ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird, hört man allenthalben die Aufrufe, sich zu wehren, Mut zu finden, Entschädigung für eigenes erlittenes Unrecht zu fordern und ehrliche Antworten auf die Fragen, die bisher stets unter den Teppich gefegt wurden. In einer modernen Welt, in der wir eigentlich leben sollten, dürften derlei Aufforderungen eigentlich nicht nötig sein, die eigenen Rechte zu verteidigen und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, ist muss doch selbstverständlich sein.
Dass dennoch viele dieser Aufforderungen bedürfen, bringt mich zu dem Schluss, dass die katholische Kirche sie zu Opfern gemacht hat, sie einschüchtert und manipuliert. Genau dieselben Psychotricks, wie sie Missbrauchstäter anwenden, kommen zum Einsatz: „Bedenke, wem du damit alles schaden würdest“, „Du bist ja auch selbst dran schuld“, „Es tut mir leid, ich konnte nicht anders“, „Ich habe dich doch lieb“, „Niemand wird dir glauben“, „Das ist ganz normal, alle machen das so“, „Sei kein Nestbeschmutzer“, „Die Familie muss zusammenhalten, egal, was kommt“, „Es wird nie wieder vorkommen“, „Wenn du redest, mache ich dich fertig“…
Warum also den Tätern erlauben, ihr Gesicht zu wahren? Warum sich gütlich einigen wollen? Warum einer Bande von Halunken ein Forum in Presse und Medie bieten? Vor unseren Augen finden Verbrechen statt, die anschließend von einer üblen Verschwörung vertuscht werden. „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!“ heißt es und je eher dieser ganze Giftladen ausgeräuchert wird, je eher diese Mischung aus Demagogik, unqualifizierter „Seelsorge“ und menschenrechtsfernen Regelsystemen als gefährlich erkannt und wie Waffen oder Drogen verboten wird, umso besser.
Ich habe mich Heute nicht bremsen können,ich hatte soviel Wut,
immer sagt man ,nimm auf deine Tochter Rücksicht,
bin mit den Abläufen des Heimes meiner Tochter nicht einverstanden,gelte als Nestbeschmutzer,als Störenfried,als Querschläger,stehe ich denn so alleine da,unser Wissen und unsere Anliegen für unsere Kinder ,wen interessiert es,dieses verdammte Schönreden,oftmals könnte ich ko—
trotzdem,durch Euch habe ich wieder Achtung vor mir selber bekommen,
war Heute ganz früh in der Klinik,die Diagnose ist erfreulich,trotz meiner
67 j.Ich habe vor ,stolz auf mich zu sein,es gehört verdammt viel Mut dazu ,sich nicht Klein kriegen,.
zu lassen.Bin eben unbequem,ich möchte mich für Kinder einsetzen,
natürlich mache ich auch Fehler,ich versuche es besser zu machen,
mfG,Bärbel
Liebe Bärbel,bleib bitte stark ich bin stolz auf Dich,kenne sowas aus eigner Sache….glg,Peggy Jansen,LB-sa Sachsen
liebe PeggyJansen 7673 vielen Dank für Deine Zeilen,
gerade habe ich es geschafft die Begründung nach zu reichen ,an das Amtsgericht zwecks eines Beratungsgepräches bei einem Anwalt ,wegen Prozesskostenhilfe,
schriftliches ,zu erledigen,fällt mir immer noch schwer,wenn es um die Bewältigung meiner Verletzungen geht,
alles Gute an dich und Alle Bärbel
Liebe Bärbel,gibt es denn bei Dir in deinem Wohnumfeld SHG?(Selbsthilfegruppen,oder eine Diakonie,oder KISS Beratungsstelle??Wende Dich an sie,ich habe echt sehr Gute Erfahrungen sammeln können,allein durch die Gründung meines Schattenspringers..Hast Du einen guten RA??? Informiere Dich vorher über ihn/sie..Nicht nur auf Empfehlung durch zb.des Weisen Ring..(sorry,aber da hat wohl jeder seine eigne Meinung zu diesem Verein..),ich gute im Raum Döbeln,miese hier im Raum Le..Ein guter RA ist sehr Menschlich,zuvorkommendmeldet sich auch zwichendurch mal bei Dir,um nach Deinem wohl zu fragen..Ich bekam eine durch mein JA,Medienbekannt,bezahlt durch den W.R.,aber tut nicht wirklich was für Opfer…Nun lernte ich in der Zeit sehr gute kennen,für uns leider zu spät,aber gern zur Weiterempfehlung Wert..Wenn ich irgendetwas tun kann für Dich,laß es mich bitte wissen ok..Viel Kraft Dir weiterhin,ebenso jedem Opfer…und auch nicht opfer,muß man ja auch mal erwähnen,das es toll ist,wieviele sich hier auch für uns ins Zeug legen,die selber unser Leid nie spürten..