Als Missbrauchsopfer sind wir verletzlich. Klar, wir wurden ja auch verletzt – schwer an Körper, Geist und Seele. Verständlich, dass bei manchem der Betroffenen sich jahrzehntelang Angestautes nun mit Druck seinen Weg an die Oberfläche bahnt. Oftmals sehr zurecht, wie ich finde.

Aber das hat seine Grenzen dort, wo das eigentliche Anliegen der Opfer in den Hintergrund tritt. Undifferenziert Wut abzulassen gegen die Kirche, Politik und unsere Gesellschaft ist zwar angesichts schwerer Traumatisierung vieler Opfer durchaus verständlich. Aber generalisiertes um sich Schlagen hilft nichts – im Gegenteil, es schadet nur. Denn es gibt durchaus und in Vielzahl Menschen in den genannten Bereichen, die sehr betroffen sind, von dem was uns widerfahren ist. Und die uns mit aller Kraft helfen wollen und auch alles dransetzen, dass sich in Zukunft solche Straftaten nicht mehr wiederholen.

Diese Menschen müssen allerdings auch ihrerseits kämpfen gegen verkrustete Strukturen in ihren Bereichen, haben es daher ganz sicher nicht leicht. Was nützt es uns also, wenn wir mit pauschalierten Rundumschlägen auch diese Menschen treffen, statt sie anzufüttern mit Argumenten, Beispielen und Munition für ihren Feldzug in den eigenen Reihen? Was nützt es uns, wenn wir den verkrusteten Strukturen in der Kirche, Politik und Gesellschaft geradezu in die Hand spielen, indem wir Ihnen mit Beleidigungen, Angriffen und nichts mit der eigentlichen Sache zu tun habenden Pauschalvorwürfen ständig Gelegenheit geben, sich mehr mit ihrer Verteidigung zu befassen, statt mit der Hilfe für uns?

Nicht, dass ich hier falsch verstanden werde! Ich meine sehr wohl, dass wir überall, wo immer wir stehen und gehen, den Verantwortlichen unsere blutenden Wunden vorhalten und damit ihre Kleidung benetzen sollten. Aber wir müssen nicht auch noch zuschlagen damit. Denn dann wird zurückgeschlagen, dann ziehen sich unserer Unterstützer zurück – und das halten wir nicht aus! Es reicht, was wir vorzeigen können, denn schlimmer geht´s nimmer. Alles, was wir dabei unnötig übertreiben, lenkt nur ab und verschafft unseren Gegenübern Munition gegen uns. Das muss nicht sein.

Deshalb meine Bitte – vor allem an alle Kommentatoren hier in den Foren: Die Sympathie in der Öffentlichkeit ist momentan für uns – so breit und aufmerksam, wie nie zuvor. Verspielen wir sie nicht, indem wir die Sympathisanten gegen uns aufbringen, durch wild um sich Schlagen und Beißen. Beschränken wir uns lieber darauf, sie zu unterstützen – mit unseren wahren Argumenten! Denn die sind stichhaltig genug.

Wenn das netzwerkB wirklich zum Ansprechpartner für die Öffentlichkeit werden und einen Großteil der Betroffenen vertreten will, dass muss es  ernstgenommen werden können. Deshalb – unterstützen wir dieses Bemühen, indem wir bei der Sache bleiben und nicht unnötig Türen zuschlagen.

traumatisiert@wolke7.net