WELT ONLINE 22.05.2010
Von Matthias Kamann
Mediziner und Juristen streiten angesichts neuer Erkenntnisse der Hirnforschung, ob es noch strafrechtliche Schuld und Verantwortung geben kann
Berlin – Ein Mann aus Großbritannien war völlig normal und unbescholten, bis er im Alter von 40 Jahren pädophile Neigungen an sich entdeckte und mit Übergriffen auf Kinder begann. Alsbald bekam er heftige Kopfschmerzen und ging in eine Klinik, wo man einen Hirntumor feststellte. Der konnte entfernt werden – und der Hang zur Pädophilie verschwand. Ein Jahr später ging es wieder los. Der Tumor war nachgewachsen. Nun aber ließ er sich vollständig beseitigen. Seither haben der Mann und die Kinder in seiner Umgebung Ruhe.
Ob Sicherheitsverwahrung oder Gefängnis, das wird einem Opfer relativ egal sein. Wichtig ist hier nur, dass eine Konsequenz eingeleitet wird, damit Täter keinen weiteren Schaden anrichten kann.
Jedem normal denkendem Mensch ist bewusst, dass Personen – die zu solchen Taten fähig sind, eben nicht normal sind. Ob vom Gehirn fehlgesteuert oder aus welchen Gründen auch immer, die Bevölkerung muss vor diesen Personen geschützt werden.
Eine Sicherheitsverwahrung hätte den Vorteil, dass der Täter nicht mehr wegen „guter Führung“ entlassen werden könnte.
Dann muss sich jetzt aber Hr. Beier aus der Charité eine andere These ausdenken, um seine „erfolgreiche“ Arbeit weiterhin zu legitimieren.
Nach dieser Veröffentlichung sollte unweigerlich folgender Artikel anschließen:
http://netzwerkb.org/2010/03/07/gewalt-die-in-die-gene-dringt/#more-1732
siehe auch unter Wisseschaft/Forschung
Sarah M.
Ein sehr spannendes Thema. Und ein wesentliches, da „Neurowissenschaften“ derzeit „en vogue“ sind und einige verantwortungslose, aber einflußreiche Gruppierungen deren Erkenntnisse nutzen könnten (und es auch schon tun), um gesellschaftliche Institutionen in ihrem Sinne zu manipulieren.
Da hilft nur eines : selber denken und anschließend handeln.
Heute Abend habe ich Zeit, einige Infos dazu einzustellen.
Wer jetzt schon neugierig ist: „Plastizität des Gehirns“ und „Prof. Braus“ im Suchlauf eingeben.
Einen schönen Samstag wünscht
Angelika Oetken, Berlin
“ Plastizität des Gehirns “ : Die Auswirkungen von Traumata aufs Gehirn sind genügend erforscht, würden die Mediziner am runden Tisch einfach ihre Ergebnisse der Forschung auf den Tisch legen, wären viel unnötiges Gerede darüber, wie die Folgeschäden schwerer Traumata sich auswirken,
sicht-und erklärbar vor deren Nase, und man könnte gleich zu dem Thema übergehen, dass diese Aufnahmen des Gehirns mit zu einer klaren Diagnostik gehören und dafür sorgen, dass diese deshalb von der Kasse auch bezahlt werden müssen wie jede Röntgenaufnahme bei einem Bruch auch, bis heute wird dies aus Kostensersparnis nicht gemacht –
und würde sich der Mediziner am runden Tisch dem Juristen zuwenden und ihm mal eben erklären, wie man nun auch nachweisen kann, dass und wie und wo seelische Schmerzen im Gehirn abgespeichert werden und dass sie in genau denselben Schmerzarealen reagieren wie bei körperlichen Schmerz – könnte der Jurist auch gleich nachvollziehen,
warum Seelenmord eine schwere Straftat ist.
Dies werden sie nicht tun – sondern sich dagegen vehemant erwehren – es würde zusehr am eigenen “ Gebälk “ der eigenen Strukturen sägen.
Mara
Liebe Mara10,
ich möchte nicht ganz so hart mit den Medizinern und Forschern ins Gericht gehen. Es gibt einige, die sehr energisch und ausdauernd nach strukturellen Veränderungen im Gehirn von Traumatisierten gesucht haben.
Ihre Institutsleiter hätten es dagegen sicherlich lieber gesehen, man hätte nach neuen „Belohnungssystemen“ gesucht, die man für die Werbewirtschaft und die (Pharma)-Industrie verwenden kann.
Die Ergebnisse, die bis jetzt vorliegen, nützen der Industrie erstmal nichts. Deshalb war es bestimmt schwer, Geld dafür aufzutreiben.
Von Befunden aus „bildgebenden Verfahren“ direkt auf sexualiserte Gewalt zu schließen ist derzeit nicht möglich.
Aber es ist möglich durch solche Aufnahmen Aussagen von Betroffenen zu erhärten. Als alleiniges Beweismittel, wie etwa die Röntgenaufnahme beim Bruch reichen sie nicht aus, weil die Aufnahmen zu unspezifisch und zu komplex sind.
Denn gerade weil unser Gehirn so sehr anpassungsfähig und flexibel ist, sind die Auswirkungen von äußerlich identischen Erlebnissen hirnphysiologisch sehr unterschiedlich. Man findet also Auffälligkeiten, aber viele verschiedene.
Aber wenn wir weiter für Diskussionsstoff sorgen, u.a. durch dieses Forum und die Arbeit im netzwerkB. dann steigt die Wahrscheinlichkeit, daß Forscher Mittel für die spezielle Untersuchung von traumatisierten Menschen bekommen und wenn die Forschung gut aufgebaut ist, dann bin ich mir sicher, daß eindeutige Zusammenhänge von Symptomen und bestimmten strukturellen und funktionellen Besonderheiten in den Gehirnen von Betroffenen gefunden werden.
Wir sollten nur schon mal gedanklich und argumentativ vorbeugen: die Presse und die Öffentlichkeit könnten die Ergebnisse auch fehlinterpretieren, nämlich im Sinne von „sexuell Misshandelte sind sowieso verrückt, die haben ja spezielle Hirnschäden“. Dies wäre eine fatale Umkehrung.
Angelika Oetken, Berlin
Liebe Frau Oetken,
selbstredend dienen bildgebende Verfahren zur diagnostischen Erhärtung
vorliegender Traumafolgeschäden, selbstredend ist die Deutung komplexer als bei einem Beinbruch.
Wenn ich miraber täglich an der Uni ansehe, welche Unsummen gerade im Fachbereich Psychologie an Forschungsmittel für die unsinnigsten Studien verbraten wird, kann ich nicht sagen, es stände so schlecht um die Beschaffung dieser Gelder.
Aber dies ist nicht mein Punkt: Mir geht es um etwas ganz grundsätzliches, nämlich darum , dass schon seit Jahren die diagnostischen Möglichkeiten unter Einbeziehung der bildgebenden Verfahren wirklich ausreichend sind um detailliert und absolut aussagkräftig Traumafolgeschäden wissenschafllich fundiert aufzuzeigen.
Ich weiss aber in der Praxis nur von einem (!!!)Arzt , der als Psychiater diese ganz gezielt auch mit einsetzt, um seinen Patienten bei der Durchsetzung von Renten-und Sozialleistungen behilflich zu sein. Nur einer !!
Würden die Mediziner, z.B. im Gutachterbereich diese Erkenntnisse auch den Gerichten präsentieren, hätten sie nach meiner Beobachtung diese schon gezwungen, das vorsintflutliche Strafrecht, dass nach wie vor
so tun will, als gäbe es nur körperliche Schäden, zu reformieren.
Deshalb meine ich, dass da hier am runden Tisch ja angeblich nun sogar
diese mit den Juristen an einem Tisch sitzen sollen, dies eigentlich Thema sein müsste.
Ich werde dies mal an diesen Stellen nachfragen, nach meiner Beobachtung werden sogar die wenigen Gutachter, die hier gerade diesen Kampf vor Ort mit den Richtern aufnehmen, schnell von der Gutachterliste gestrichen. Weil die Richter hier ihren “ Ermessensspielraum “ gerade so nutzen, wie ihnen gerade der Sinn steht.
Einerseits müssen sie die Gutachter einsetzen, weil sie eben die medizinischen Aspekte gar nicht beurteilen können, anderereits
liegt es dann aber wieder in ihrem Ermessen, welche rechtliche Tragkraft sie dem zubilligen, auch und gerade dieser Ermessensspielraum gehört m.E. an diesem Punkt auch durch eindeutige Richtlinien begrenzt,
und hier nutzen die Mediziner lange nicht die Möglichkeiten, die sie hier hätten, würden sie wirklich die vertreten, um die es wirklich geht:
die ihnen anvertrauten Kranken.
LG Mara
Liebe Mara,
Sie schreiben:
„Wenn ich miraber täglich an der Uni ansehe, welche Unsummen gerade im Fachbereich Psychologie an Forschungsmittel für die unsinnigsten Studien verbraten wird, kann ich nicht sagen, es stände so schlecht um die Beschaffung dieser Gelder“
Das stimmt. Ich habe auch nicht behauptet, daß es insgesamt schwer ist, Gelder für Forschung zu akqurieren, sondern schwer, Geld für Forschung zu beschaffen, die nicht direkt der Pharmaindustrie oder anderen industriellen Zweigen dienen oder die nicht direkt dem Institut nützen.
Wenn Sie täglich an einer Uni sind, dann haben Sie doch bestimmt die Möglichkeit, in Erfahrung zu bringen, welche Entscheidungskriterien es für eine Institutsleitung gibt, ein Forschungsvorhaben im Bereich Psychologie akquisatorisch zu unterstützen. Viel wichtiger und spannender als die offiziellen Kriterien sind die inoffiziellen. Hat man die gesammelt und ausgewertet, dann kann man eine Strategie entwickeln, wie man die betreffenden Institute animiert, gezielt zum Thema „die Darstellung von Folgen sexueller Traumatisierung“ zu forschen.
Derzeit scheinen die nämlich keine Notwendigkeit darin zu sehen, diese Art Forschung gezielt zu betreiben.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie uns über Ihre Erkenntnisse informieren. Entweder hier im Forum, oder als Mail an den Vorstand.
Was in diesem Fall moralisch-ethische Appelle zur Motivation der Verantwortlichen angeht, bin ich sehr skeptisch. Eine Steigerung des Renommes und eine Nachfrage von wirtschaftlich starken Gruppierungen, wie z.B. Versicherungskonzernen nach Forschung werden Institutsleitungen viel stärker motivieren als Werben um Verständnis und Unterstützung.
Weiter schreiben Sie:
„und hier nutzen die Mediziner lange nicht die Möglichkeiten, die sie hier hätten, würden sie wirklich die vertreten, um die es wirklich geht:
die ihnen anvertrauten Kranken. “
Auch für Kranke gilt meiner Einschätzung und Erfahrung nach das gleiche wie für Betroffene sexualisierter Gewalt: sie vertreten ihre Interessen am besten selbst. Zu erwarten, daß „die Ärzte“ die Verantwortung für die Durchsetzung der eigenen Interessen übernehmen ist einerseits eine Überfrachtung der ärztlichen Verantwortung mit ethischen Ansprüchen, andererseits führt es wieder in eine abhängige Haltung.
Wenn viele Betroffene ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen zusammentragen und gemeinsam Strategien zur Veränderung entwickeln, dann erhöht sich die Chance, daß wir etwas verändern. Wir können dazu u.a. die Presse, persönliche Kontakte, Veröffentlichungen oder politische Strukturen nutzen.
Ändern werden wir nur in Eigeninitiative etwas. Allenfalls können wir hartnäckig unsere Rechte einfordern. Auf die Unterstützung von anderen Menschen zu hoffen halte ich für riskant. Wir machen uns nur wieder abhängig.
Grüße von Angelika Oetken, Berlin
@ Angelika Oetken
Nun bei mir wurde wegen dem Tinitus und Gleichgewichtsstörungen immer EEG s gemacht worden .
I(ch saß ja bei einer Untersuchung , doch die fanden nichts , nun ich durfte aufstehen , und Stieß mit meinem Kopf gegen die Wand wegen den Gleichgewichtsstörungen , doch das interessierte die nicht , die Untersuchung war wol zu ende ??
Ich dufte dann , so nach Hause gehen .)
Kann man da sowas dabei erkennen ?
Nun soweit ich weiß sagten die immer das alles in Ordnung seihe .
Warum die das trotzdem immer wieder untersucht haben , weiß ich nicht .
Wenn es so eine Untersuchungsart gäbe ( wie oben beschrieben ) könnte man sicher eher so den Seelischen Schaden nachweisen und der Staatanwalt müßte dem Opfer mehr glauben schenken ?
Mfg
Larissa
sorry falsch geschrieben .
EEG s wurden gemacht , aber wofür weiß ich nicht .
Ich kam auf einen Stuhl der Sich drehte oder auch nicht und ich hatte die Augen zu .
dann mußte ich sagen , was ich denke oder auch die Aufgeklebten Fühler gaben wol einem Gerät die Infos von dem Augenbewegungen .
In welchem Zusammenhang die EEG s waren weiß ich nicht so ganz filleicht auch wegen den Gleichgewichtsstörungen ?
Auf jedenfall 2 EEG weiß ich das die waren als ich in die Tagesklinik kam .
Und vor der Entlassung noch mal .
Da war ich 24 Jahre alt .
Aber ich meine es gab auch noch vorher EEG s
Mfg
Larissa
Ich war auch ein mal bei dem Hauarzt weil ich leistungssport machen sollte .
Da muste ein Herzuntersuchung her .
Der Hausarzt war sehr beunruhigt .
Doch bei einer anderen Untersuchung Auch EKG aber mit Trimmfahrad , wurde ich fiel härter noch rann genommen .
Der sagte es währe alles in Ordnung gewesen .
Filleicht hatte der Hausarzt mal einen Moment erwischt , wo sich das Herz mal gezeigt hat ?
Weiß nicht ob das nun noch hier her gehört , habe es deswegen abgeteilt .
Mfg
Larissa
Liebe Frau Oetken,
ja, sie haben sehr recht, zwischen dem öffentlichen und dem inoffiziellen
Aquirieren von Studien besteht auch noch mal ein ziemlicher Unterschied.
Sie schreiben : “ ..zu erwarten, dass „die Ärzte“ die Verantwortung der eigenen Interessen übernehmen ist einerseits eine Überfrachtung der ärzt. Verantwortung mit ethischen Ansprüchen, andererseits führt es wieder in einen abhängige Haltung. “
Hier möchte ich Ihnen doch diametral widersprechen.
Ich habe grundsätzlich an jeden, der meine Interessen da vertreten möchte, wo ich sie selbst nicht vertreten kann, sei es der Arzt, der Anwalt, der Therapeut etc. den Anspruch, dass er diese meine Interessen
grundsätzlich mit einem ethischen Anspruch an sein Tun ausführt, die s halte ich nicht für eine Überfrachtung, sondern für normal.
Wenn ich narkotsiert bin, bin ich abhängig,- ich kenne die Ärzte nicht, die mich operieren, ich weiss nicht, wieviel Erfahrungen sie haben, oder wie sie “ gerade drauf “ sind wenn mein OP Termin anliegt. ich begebe mich in deren Hand.
Dies ist für mich auch im therapeutischen Bereich vergleichbar, ich bin hier diejenige, die “ narkotisiert“ ist, die die Hilfe braucht, auch dies eine : Abhängigkeit. Ich bin auch diejenige, die hier einen Vertrauensvorschuss aufzubringen hat, um dann erst im Verlauf sehen zu können, ob dieser zu halten ist oder nicht.
Stehe ich vor Gericht, oder bei Anträgen für Sozialleistungen – bin ich abhängig, von den Gutachtern, auch Mediziner, – und auch hier kann ich Glück oder Pech haben.
Selbstredend vertrete ich meine eigenen Interessen, aber auch dies gerade im Dienstleistungsbereich eben nicht “ hartnäckig“ , hierdurch würde ich meinen eigenen Interessen nur entgegen arbeiten.
Es kann doch immer nur um ein “ Ausloten “ gehen, der Abhängigkeiten mit den Handlungsfreiräumen, der zu erarbeitenden Kompromissbereitschaft mit meinen eigenen Kriterien von „No-Gos“.
Ich weiss nicht, ob wir aneinander vorbei schreiben, aber ich kann
Ihre Darstellung nicht nachvollziehen und meine, dass die von Ihnen beschriebene Haltung oft sehr kontraindiziert sein kann, wenn man auf der Seite des zunächst per se abhängigen Hilfesuchenden steht.
LG Mara
P.S. : Am besten drückt dies doch das Gebet aus, dass international
in und über die Anonymen Alkoholiker Bewegung hinaus gesprochen wird:
“ Gott gebe mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut,die Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die
Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. “
LG Mara