Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs
11018 Berlin
E-Mail: kontakt@ubskm.bund.de
Fax: 03018/555 4 1555

– Ein in Deutschland einzigartiges Netzwerk –

Sehr geehrte Frau Dr. Bergmann,

in einem Interview am 17.04.2010 mit Herrn Martin Lutz bei Welt Online ist Ihre folgende Aussage zu lesen: „ Das Thema sexuelle Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch bewegt mich schon lange.“

Sie wurden zur „unabhängigen Bundesbeauftragten zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmiss-brauchs“ ernannt. Ein „Runder Tisch gegen sexuellen Kindesmissbrauch“ wurde eröffnet.

Als Betroffene von sexualisierter Gewalt möchte ich zur Begriffswahl „sexueller Missbrauch“ Stellung nehmen:

Im Englischen wird von „sexual abuse“ gesprochen, wobei „abuse“ sowohl „Misshandlung“ als auch „Missbrauch“ bedeuten kann. Im Deutschen hingegen ist „sexueller Missbrauch“ eine ungeeignete Bezeichnung. Natürlich sind Kinder weder Gebrauchsgegenstände noch Verbrauchsgüter! Ein Kind dient nicht dem Gebrauch oder Verbrauch! Diese Begriffe werden in der Volkswirtschaft angewendet und treffen bei solchen Verbrechen keinerlei adäquate Aussagen, da diese Taten mit Gewalt, Machtausübung und Misshandlung einhergehen.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie sich für korrekte Begriffe wie „sexuelle Gewalt“ oder „sexuelle Misshandlung“ einsetzen und damit die Menschenwürde der Betroffenen, sowie der aktuellen und zukünftigen Opfer auch sprachlich gewahrt bleibt.

Gehen Sie bitte mit gutem Beispiel voran!

Die Hintergründe zu diesem Thema beleuchtet die Expertin Monika Gerstendörfer in ihrem Buch „Der verlorene Kampf um die Wörter“.

Ein in Deutschland einzigartiges Netzwerk von Betroffenen für Betroffene (NetzwerkB) diskutiert, recherchiert und erforscht wissenschaftliche Hintergründe, gesundheitliche und soziale Auswirkungen, Folgen sowie Reaktionen der Gesellschaft und Politik seit Jahren.

Wir sind die Experten für das Thema „sexuelle Misshandlung“, denn als Betroffene mussten wir am eigenen Leib erfahren, welche Hürden und Steine uns in den Weg gelegt wurden, als wir Hilfe benötigten! Wir tragen seit Jahrzehnten die an uns verübten Folgeschäden und wissen am besten, was deren Linderung dient und was nötig ist, um sexuelle Übergriffe einzudämmen bzw. zu verhindern.

Ich lade Sie in Ihrer Funktion als unabhängige Beauftragte ein, sich dafür einzusetzen, dass am „Runden Tisch“ nicht über die Opfer gesprochen wird, sondern mit ihnen. Wir Betroffene wollen uns selbst vertreten.

Die Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof gegen die Ablehnung der Petition ‘Verjährungsfrist für sexuellen Missbrauch im Zivilrecht aufheben’ durch den Deutschen Bundestag und die zusammengefassten Arbeitsthesen füge ich Ihnen gerne als Link bei!

http://netzwerkb.org/petition

http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2010/04/Arbeitsthesen-von-netzwerkB_10.4.10.pdf

Mehr über netzwerkB (Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt) finden Sie unter:

http://netzwerkb.org

Mit freundlichem Gruß
Sarah Mohn