Radio Bayern 2 am 19.04.2010 in der Zeit von 6:05 bis 8:30 Uhr
Interview mit dem Sprecher von netzwerkB, Norbert Denef, zum Thema:
Benediktiner beteiligen sich nicht an Missbrauchs-Entschädigungsfonds
München: Die deutschen Benediktiner wollen sich nicht an einem nationalen Fonds zur Entschädigung von Missbrauchsopfern in Einrichtungen der katholischen Kirche beteiligen. Das steht in einem Dokument, auf das sich Äbte aus 27 deutschen Benediktinerklöstern verständigt haben und das dem Bayerischen Rundfunk exklusiv vorliegt. Als Grund wird angegeben, man sehe als vorrangige Aufgabe, sich Zeit zu nehmen, zuzuhören, dann die Geschädigten um Verzeihung zu bitten und ihnen zu helfen. Das Dokument haben unter anderem auch der derzeitige Vorsteher des Klosters Ettal und der Erzabt des Klosters St. Ottilien, Jeremias Schröder, unterschrieben. Dieser sagte dem Bayerischen Rundfunk, die Äbte hätten die Erfahrung gemacht, dass es den Opfern auch nicht in erster Linie um Geld gehe.
Das erinnert doch an das Gezerre und Gerangel um den Entschädigungsfond für ehemalige Zwangsarbeiter Anfang vor 10 Jahren.
Hier ein Zitat dazu von Kurt Goldstein, einem ehemaligen Zwangsarbeiter:
„Dass, was sich die deutsche Wirtschaft da jetzt leistet, ist genauso elende, geradezu unerträglich, demütigend, gemein, verbrecherisch, wie das was sie mit der Beschäftigung der Zwangsarbeiter getan haben.“
In den Fond einzahlen sollten vor allem große Konzerne, also Nachfolger der, die sich im Zuge des Hitlerregimes bereichert haben und die sich mit ihren Gewinnen dann ins Wirtschaftswunder hinüberretten konnten.
Vor 10 Jahren genossen große Konzerne noch großes Ansehen in der Bevölkerung. Damit ist es vorbei. Zum einen wegen der vielen Finanz- und Korruptionsskandale, aber auch als Folge der „Fondsdebatte“ und der Wortbrüchigkeiten.
Jetzt sind es nur noch die mittelständischen Betriebe, die im Ansehen der Bevölkerung oben stehen, also solche, bei denen man noch InhaberInnen vorfindet, die selbst etwas zu verlieren haben und die folglich dafür sorgen müssen, daß man sich auf ihr Wort verlassen kann.
Es ist davon auszugehen, daß sich das langfristig politisch und damit auch wirtschaftlich auswirken wird. Ein zweites „Holtzmann“ und eine neue „Bankenrettung“ wird es in unserer Gesellschaft nicht mehr geben.
Unterstützung wird wohl nur noch bekommen, wer sie sich verdient hat.
Zu verschenken hat doch kaum jemand was – und warum ausgerechnet solch unzuverlässigen, verantwortungslosen, „treulosen Tomaten“ ?
Ich frage mich jetzt:
Sind die Benediktiner mittelständisch oder ein Konzern – sollten sie abgewickelt werden oder sollte Gnade vor Recht ergehen?
Merken wir uns das.
Weiß wer, wie sich die Benediktiner eigentlich finanzieren – mit Brauereien? Kräuterteeproduktion?
Angelika Oetken, Berlin
Hallo Angelika,
Der Benediktiner Orden ist der älteste Orden und ist kontemplativ ausgerichtet (ora et laborat et lege) – hier kommt also noch das Lesen hinzu.
Der Orden finanziert sich von Kultur (sie besitzen eine große Anzahl von Museen, in denen moderne und klassische Kunst presentiert werden).
Hildegard von Bingen ist ihr großes Vorbild bezüglich ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeiten, jedes Benediktinerkloster bewirtschaftet einen große Landwirtschaft (mit den Kräuterprodukten lagst du ganz richtig, prost!!! Aber auch Tierhaltung, Naturgärten usw. zeichnen diesen Orden aus).
Weitere Einnahmequellen sind Schulen (siehe Ettal), Internate, Jugendarbeit (Jugenherbergen, Bildungshäuser) und Erwachsenenbildung (Seminare für Manager und Unternehmen).
Also an Geld kanns denen nicht mangeln! Und mittelständisch würde ich ihn auch nicht einordnen, da er weltweit wie ein Riesenkonzern vertreten ist.
Sarah M.
Liebe Sarah M.,
Danke für die Info.
Na dann bin ich jetzt mal gespannt, wie es mit dem „Benediktiner-Konzern“ weitergeht…
Herzliche Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
Hallo Norbert,
die Paralelle zur Handhabe und Gesetzgebung bei Unfallopfern fand ich sehr treffen. Hier würde keiner auf die Idee kommen, dem Opfer eine Entschädigung abzusprechen.
Ein sex. Missbrauchsopfer muss genau wie ein Unfallopfer erhebliche Ausgaben und finanzielle Einbussungen in Kauf nehmen.
Therapiekosten und die dafür nötigen Fahrkosten, Arbeitsausfall – 40 % weniger Geld, da kein Arbeitslohn, sondern Krankengeldbezug nach 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit, Medikamente, Schmerzensgeld, usw.
Im Grunde all das, was einem Unfallopfer vom Unfallverursacher rein gesetzlich zusteht bis zur vollständigen Genesung!
Sex. Missbrauch fügt den Opfern nicht nur im Moment der Ausführung Schaden zu, sondern wirkt sich auf deren gesamtes Leben und ihrer Angehörigen aus.
PS. Die Anmerkung vom Hr. „Würdenträger“, er glaube – Opfer würden beschämt reagieren, wenn er von Entschädigungszahlungen spräche, fand ich sehr suggestiv. Vielleicht könnte er das Wort Entschädigung ja auch lassen, und es beim Namen benennen! Übernahme aller daraus entstanden Kosten zuzüglich Schmerzengeld! Beim Unfallopfer spricht man auch nicht von Entschädigung! Hieße ja im Umkehrschluss, dass Opfer alle einen Schaden haben, was jedoch im Sprachgebrauch überwiegend für Sachgüter angewandt wird. Wir sind aber keine Sache!!! Da bei uns der „Schaden“ visuell zumeist nicht erkennbar ist, wirken solche Äußerungen, als würde man uns für nicht ganz „dicht“ halten! Das stößt mir immer wieder auf.
Geht das nur mir so? Oder wie seht ihr das???
Wäre mal eine Diskussion wert!
Sarah M.
Der Vergleich mit den Unfallopfern ist sehr gut und treffend.
Wer schon mal erlebt hat, wie schnell und konsequent sich Versicherungen die Kosten beim Verursacher wiederholen, der kann sich vorstellen, welche Signalwirkung das hätte.
Eine sexuelle Traumatisierung mit all ihren Folgen zu verursachen ist zudem noch hochgradig fahrlässig. Die Haftungsfrage also schon im Vorhinein geklärt.
Angelika Oetken, Berlin