Offener Brief an Bischof Ackermann als Beauftragten der Bischofskonferenz für sexuellen Missbrauch und alle deutschen Bischöfe.

Sehr geehrter Bischof Ackermann, sehr geehrte Herren!

Mit Datum 30.03. ist also jetzt eine Opfer-Hotline der katholischen Kirche in Deutschland aktiv. Diese macht erneut deutlich, dass Sie den Kern des Problems nach wie vor ignorieren.

1. Es waren „heilige Priester“ die mit „Ganzhingabe“ Kinder missbrauchten. Dies ist der eine Skandal. Der andere, und eigentliche Skandal ist aber, dass

2. „heilige Priester“ als Personalchefs, als Seelsorgsamtsleiter, als Generalvikare, als Bischöfe eine „Kultur des Hinschauend“ über Jahre und Jahrzehnte entwickelt haben die die „heiligen“ Täter schützten, die Taten ignorierten, Bestrafung verhinderten und Verjährungen bewusst herbei führten. Damit hat sich diese Kirche als Ansprechpartner für Fälle des Missbrauchs schlicht und einfach diskreditiert, auch für die, die nicht im Raum der Kirche geschahen. Denn welche Hilfe soll ich erwarten von einer Organisation, die nach wie vor Täter schützt, so sie denn Bischöfe sind? Die Herren, die durch ihr Amt die Taten hätten verhindern können, können ja qua Amt nicht schuldig sein. So werden sich wieder die nicht melden die genau hier hier jedes Vertrauen verloren haben.

3. Wer unter diesen Umständen glaubt, dass eine „Opfer-Hotline“, die wieder besetzt ist mit kirchlichen MitarbeiterInnen Vertrauen zurückgewinnen kann irrt nicht nur einfach, sondern hat den Skandal selbst nicht wahrgenommen. Zudem nimmt eine solche Herangehensweise die Opfer nicht in den Blick, die von eben dieser Kirche und ihren Repräsentanten ignoriert wurden und werden. Die Organisation der Täter kann kein Anwalt für die von ihr selbst geschaffenen Opfer sein!

4. Deutlich wird hier auch, dass Sie nicht zu einer klaren Ursachenforschung kommen können und wollen. Die in den letzten Wochen gemachten bischöflichen Äußerungen bis hinauf zum Papst in Interviews und Erklärungen setzen den Trend fort nicht erkennen zu wollen, dass es sich hier um ein strukturelles Problem handelt, ein Problem der Kirche als Kirche. Die sexuelle Revolution, den Abfall vom Glauben, ja gar eine „falsche Interpretation des II. Vaticanums“ zu den möglichen Ursachen zu rechnen ist schlicht und einfach ignorant. Was aber kann ich auch von einen Präfekten der Glaubenskongregation erwarten, der nun zum Papst erhoben nach wie vor die „Option für die Armen“ als verdammungswürdig erachtet und sich damit weiterhin jeder Erkenntnis „struktureller Sünde“ verweigert. Ein solcher Papst kann und will kein Versagen der Institution selbst erkennen sondern muss das immer einzelnen anlasten und alles dafür tun, dass das „Amt“ unbeschädigt bleibt.

5. Den mehrfach getätigten Aussagen einer „Medienkampagne“, ja eines Kulturkampfes gegen die Kirche kann ich nur entgegen stellen, dass im Gegensatz zur Kirche die Presse sich bis dato als wirklich vertrauenswürdig erwiesen hat. Es erscheint müßig darauf zu verweisen, dass es die Presse ist, die den Anspruch von Kirche von hoch hält. Und ihre Arbeit für die Opfer und ihre Familien findet eine bestenfalls ungenügende Würdigung durch die Bischöfe. Dass sich Opfer vornehmlich über die Presse äußern und sich an die Presse wenden macht ebenso das Strukturdefizit der Kirche in aller Schärfe deutlich.

6. Kirche muss sich Vertrauen erst wieder erarbeiten, und sie kann dies nur indem sie sich einer unabhängigen Untersuchung stellt, die sich nicht scheut Purpurträger als Verantwortliche zu benennen. Es genügt nicht wenn wie Bischof Wetter davon gesprochen wird, dass Fehler gemacht wurden („es wurden Fehler gemacht“). Es muss klar benannt werden wer welche Fehler gemacht hat. Und: solange ein Bischof einen NS-Vergleich macht und ihm nicht mit aller Schärfe von seinen „Mitbrüdern“ widersprochen wird, ist die Kirche bedroht, aber nicht von einer freien Presse die ihren Aufgaben wirklich nachkommt, sondern sie ist bedroht von innen, den Repräsentanten der „Heiligen Herrschaft“ selbst.

7. Ich warte darauf, dass Sie endlich den Dienst antreten, von dem Sie ständig behaupten, dass sie in eben diesen gestellt sind.

Bernhard Rasche
Diplom-Theologe
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