tagesspiegel.de 9.3.2010
Sexuelle Gewalt an Kindern ist ein schweres Verbrechen. Schmerz, Scham und Schande empfindet jedes Opfer. Institutionen und Erwachsene müssen dafür sorgen oder gezwungen werden, dass Macht und Abhängigkeiten wirksam durchbrochen werden können. Für Wehrpflichtige gibt es dafür eine Instanz. Warum nicht für Kinder?
Von Tissy Bruns
Einen Runden Tisch zum katholischen Kontext hat die liberale Bundesjustizministerin vorgeschlagen. Den will die christdemokratische Bildungsministerin thematisch ausweiten, denn auch andere Schulen seien vom sexuellen Missbrauch tangiert. Eine Wahrheit von der Art, die weder der Aufklärung noch der Prävention nützt. Die Vorschläge aus der Politik taugen als Zunder im öffentlichen Aufregungsfeuer und sind auf traurige Weise verlogen.
Die Stimmen der Ministerinnen hören wir im Gefolge des bekannt gewordenen Missbrauchs in Bildungseinrichtungen, die als Eliteschulen gelten. Dabei ist schon aktenkundig, dass hunderte, vielleicht tausende Kinder in katholischen, evangelischen und staatlichen Erziehungsheimen der frühen Bundesrepublik unter Missbrauch und Demütigungen schwer gelitten haben. Einen „Runden Tisch Heimerziehung“ gibt es; er ist Ende 2009 vom Bundestag nach mehr als einjährigen Anhörungen der Betroffenen eingerichtet worden, die sich nur mit größter Mühe Gehör verschaffen konnten.
Keine Bundesministerin hat sich geäußert, solange es um diese rechtlosen Kinder ging, an deren Leiden die öffentliche Anteilnahme sehr begrenzt war. Allerdings kann weder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger noch Annette Schavan das Schicksal der Heimkinder (und der katholische Anteil daran) verborgen geblieben sein. Kaum glaubhaft also, dass ihre Einlassungen frei sind von Affekten und Nebenabsichten, die öffentliche Diskussionen über Kindesmissbrauch regelmäßig in die Sackgasse von Abwehr und neuer Verdrängung führen.
Weiter lesen…
Quelle:
Hinterlasse einen Kommentar