Sexueller Missbrauch durch Priester der katholischen Kirche ist mit der Veröffentlichung von einigen Fällen in Jesuitenschulen ein Dauerthema in der Presse geworden. Die deutsche Bischofskonferenz beschäftigte sich auf ihrer diesjährigen Versammlung mit der Thematik und immer mehr Fälle werden bekannt.

Nach deren bisherigen Angaben liegen viele Fälle so lange zurück, dass eine strafrechtliche Verfolgung nicht mehr möglich scheint und auch zivilrechtliche Ansprüche verjährt sind.

Die Verjährungsvorschriften sowohl für die strafrechtliche Verfolgung von Sexualstraftaten, als auch für die zivilrechtliche Geltendmachung von Schmerzensgeld und Schadensersatz haben sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert. Der Beginn der Verjährung wurde verschoben (sog. Ruhen der Verjährung) und Strafvorschriften im Sexualstrafrecht wurden verschärft, so dass genaue Überprüfungen im Einzelfall unerlässlich sind.

Strafrecht:

1994 wurden die Regelungen für den Beginn der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung geändert. Mit der Einführung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB ruht die Verjährung von allen nach dem 30.06.1994 begangenen Sexualstraftaten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers. Erst danach beginnt die konkrete Verjährungsfrist für die jeweilige Tat. Die Verjährungsfrist für sexuellen Missbrauch beträgt 10 Jahre und für Vergewaltigung 20 Jahre. Da es den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs erst seit dem 01.04.1998 als eigenständigen Straftatbestand gibt, beträgt hierfür die Verjährungsfrist auch erst seit diesem Zeitpunkt 20 Jahre. Wenn die Tat vor dem 30.06.1994 stattgefunden hat, kommt es darauf an, ob sie zu diesem Termin bereits nach altem Recht verjährt war oder ob die Verjährungsfrist noch lief.

Beispiele:

Wenn ein 10jähriges Kind (geb. am 03.04.1972) 1982 sexuell missbraucht wurde, betrug die Verjährung hierfür, unabhängig von der konkreten Tathandlung, 10 Jahre, d.h. die Tat konnte ab 1992 nicht mehr verfolgt werden. Wurde Geschlechtsverkehr mit Gewaltanwendung ausgeübt (Vergewaltigung) betrug auch damals die Verjährung 20 Jahre, so dass die Tat zum Stichtag der Gesetzesänderung am 30.06.1994 noch nicht verjährt war. In diesem Fall ist § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB anwendbar und der Beginn der Verjährung ruht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres , d.h. bis zum 02.04.1990 und beträgt ab dann 20 Jahre. Es könnte also bis zum 02.04.2010 Strafanzeige gestellt werden. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ab dem 39. Lebensjahr auch eine Vergewaltigung in der Kindheit nicht mehr verfolgt werden kann.

Wenn ein 13jähriges Kind (geb. am 03.04.1979) 1992 sexuell missbraucht wurde, war die Tat in keinem Fall 1994 verjährt, so dass die Fristen erst mit dem 19. Lebensjahr, also ab dem 03.04.1997 beginnen. Auch hier sind heute alle Handlungen bis auf eine Vergewaltigung verjährt, da die 20jährige Verjährungsfrist für schweren sexuellen Missbrauch, d.h. bei Einführen eines Körperteils, erst seit 1998 existiert. Für die Dauer der Verjährung ist aber der Tatzeitpunkt maßgeblich.

Wenn ein 12jähriges Kind (geb. am 03.04.1986) 1998 sexuell missbraucht wurde beginnt die Verjährungsfrist am 03.04.2004. Unabhängig vom konkreten Tatgeschehen ist hier keine sexuelle Handlung verjährt. Verjährung tritt frühestens am 02.04.2014 ein.

Zivilrecht:

Die Verjährungsfrist zur Geltendmachung zivilrechtlicher Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche beträgt grundsätzlich 3 Jahre ab Kenntnis.

Jedoch ist auch hier mittlerweile für Sexualstraftaten die am 01.01.2002 noch nicht verjährt waren der Beginn der Verjährung gehemmt bis zum 21. Lebensjahr. Wenn das Opfer zu diesem Zeitpunkt noch mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt, sogar bis zum Ende dieser Gemeinschaft. Ansprüche aus Taten nach dem 01.01.1999 können also in jedem Fall noch bis zum Ende des 24. Lebensjahres geltend gemacht werden.

Quelle:

http://www.anwalt.de/rechtstipps/verjaehrung-von-faellen-sexuellen-missbrauchs_008068.html