Aus Fehler gelernt, Leitlinien konsequent umgesetzt
Angesichts der von Herrn Norbert Denef in der Vergangenheit und aktuell vorgetragenen Aussage, das Bistum Magdeburg habe ihm mit der finanziellen Entschädigung ein „Schweigegeld“ zahlen wollen, möchte ich an dieser Stelle wie folgt Stellung nehmen:
Herr Norbert Denef zeigte 2003 beim Bistum Magdeburg an, dass er in den Jahren 1958 bis 1964 durch einen 1998 verstorbenen Priester dieses Gebietes sexuell missbraucht worden war. Er verband damit die Erwartung, dass eine Wiedergutmachung von 450 000 Euro gezahlt würde. Das Bistum betraute einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen.
Im ersten Entwurf einer gemeinsamen Vereinbarung über therapeutische Hilfeleistungen hat das Bistum von Herrn Denef erwartet, dass er den sexuellen Missbrauch nicht öffentlich machen würde. Wesentliches Motiv dafür war der Schutz seiner Herkunftsfamilie und des katholischen Gemeindelebens vor Ort. Die Familie hatte nachdrücklich um Verschwiegenheit gebeten. Zugleich wollte das Bistum pauschalen Vorwürfen zuvorkommen, die im Zusammenhang mit dem schweren Vergehen des Priesters zu befürchten waren.
Aus späterer Sicht war diese Vorgehensweise des Bistums ein Fehler, der dem Opfer möglicherweise weiteren Schaden zugefügt hat.
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Quelle:
http://www.bistum-magdeburg.de/front_content.php?idcat=1374&idart=14034
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„Die Familie hatte nachdrücklich um Verschwiegenheit gebeten.“
Der Bischof von Magdeburg hat mich schriftlich zum Schweigen gezwungen. Das beschreibe ich ausfürlich in meinem Buch „Ich wurde sexuell missbraucht“.
Norbert Denef
Würde man einige Vokabeln in diesem Text durch andere ersetzen, dann könnte es sich auch um eine Stellungnahme eines Chemiekonzerns zu in der Vergangeheit wegen eines Giftgasunfalls geleisteten Zahlungen handeln.
Oder um die Ausführungen des Pressesprechers einer Partei, die wegen einer Spendenaffäre im Zusammenhang mit der Sicherheitskontrolle von Atomkraftwerken in Mißkredit geraten ist.
Es ist nichts weiter als „Schönsprech“ zur Schadensbegrenzung und darum besonders aufschlußreich.
Denen steht das Wasser bis zum Hals.
Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
„Schönsprech“ – und ein unglaublicher Zynismus! Bereits in den letzen Tagen wurde auf Heise.de auf einen „Kurswechsel“ innerhalb der katholischen Kirche hingewiesen:
Scheinheiligkeit nimmt überhand
Arno Kleinebeckel 25.02.2010
Katholische Bischöfe entdecken die Familie als den größeren Sündenpfuhl
Ein erstaunlicher Wandel: Über viele Epochen der Kirchengeschichte „diente“ die Familie als Hauptumschlagplatz für klerikale Ideologie. Jetzt hat sie ausgedient. Ihre neue Rolle im kirchlichen Desaster: Man braucht neuerdings die schwarzen Schafe unter den Laien, um von den Tätern in schwarzen Talaren abzulenken. (…)
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32154/1.html
Wie gemein ist es, einem Überlebenden reinzudrücken, daß ihm Gerechtigkeit angeblich schadet? Um nichts anderes handelt es sich doch!
Wütend und sprachlos
Manfred Keitel
Diesen Brief habe ich soeben an die Pressestelle des Bistums Magdeburg gesandt. Ich musste mich in der Wortwahl ennorm beherrschen, und koche immer noch innerlich über die in diesem Schreiben veröffentlichten Lügen und an den Haaren herbeigeredeteten Ausreden…
An das Bistum Magdeburg,
mir treibt beim Lesen Ihres Schreibens anstelle aller Gläubigen die Schamesröte ins Gesicht.
Verfolgt man die Reaktionen der Bevölkerung, darunter auch vieler Katholiken, so muss Ihnen doch spätestens jetzt bewusst werden, dass von seiten der Kirche endlich erwartet wird, mehr Empathie den Opfern, Überlebenden entgegen zu bringen.
Aber auch hier in diesem Schreiben zweifeln Sie erneut mit der Wortwahl „möglicherweise“ an, dass dem Opfer mit Ihrem Verhalten erneut Schaden hinzugefügt wurde. Ihr Fokus richtete sich vielmehr um das Ansehen seiner Familie, der Gemeinde und des Täters. Herr Denef war zu diesem Zeitpunkt Ihrer Entscheidung, Schweigegeld zu zahlen, ein volljähriger, mündiger Erwachsener.
Sie jedoch haben ihn behandelt wie einen unmündigen Minderjährigen, dessen Eltern die Entscheidung treffen, was zu geschehen hat und was nicht. Auch hier wird wieder klar erkennbar, wem Ihre Empathie galt!
Weiter erwähnen Sie, dass die Aufhebung der Schweigeklausel der Motivation Ihres Bistums zu verdanken sei, da diese dem Opfer möglicherweise weiteren Schaden zugefügt hat.
In der gestrigen Sendung „Hart aber fair“ hätten Sie und die Kirche die Chance gehabt, endlich beganne Fehler einzugestehen, um Ihre Glaubwürdigkeit ansatzweise wieder herzustellen. Da windet sich ein Herr Jaschke in Verleumdungen, es habe nie ein Schweigegeld gegeben, fliegt während der Sendung vor Millionen Zuschauern an den Bildschirmen auf, und Sie machen genau dort weiter.
Erst nach unzähligen Drängen und Bitten Hr. Denefs und dessen eingeschalteten Rechtsanwaltes strichen Sie die Schweigeklausel aus dem Vertrag, und nicht aus den von Ihnen genannten Gründen.
Hier versuchen Sie erneut, gezielt die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, um sich und die Kirche human dastehen zu lassen. Dies nimmt Ihnen aber die Öffentlichkeit nun nicht mehr ab, wie Sie an den nicht vorhandenen Beifall bei Jaschkes Aussagen erkennen konnten. Beifall erhielten ausschließlich die anderen anwesenden Redner. Das müsste Ihnen doch zu denken geben!
Der Kirche fehlt es an Willen der Wiedergutmachung, einer angemessenen Empathie für die Opfer, Überlebende, der Wille zur Wahrheitsfindung und rücksichtslosen Aufklärung der Fälle, der Transparenz und der Ehrlichkeit!
Ist das die Vorbildfunktion, die die Kirche zukünftig für Gläubige einnehmen will? Stehen Sie endlich zu all diesen Vergehen und zeigen Sie, dass Sie zukünftige Vertuschungen und eigenmächtige Untersuchungen außerhalb des Rechtsstaates nicht mehr dulden. Nur so werden Sie Ihre Glaubwürdigkeit wieder ansatzweise herstellen können.
Sarah M.
Hallo Manfred Keitel,
Vielen Dank für den Hinweis auf den „Kurswechsel“.
Damit haben sich die Kirchenfürsten einen ihrer bisher wichtigsten argumentativen Stützpfeiler selbst weggekickt :
Nämlich, daß die zementierte Rollenverteilung auf der „göttlichen Weltordnung“ beruht und damit ohne Frage „gut“ ist.
Daraus ergeben sich jede Menge Fragen :
Warum sich nicht scheiden lassen (wenn z.B. der „Partner“ übergriffig ist und sich als „veränderungsresistent“ erweist) ?
Warum keine Frauen in entscheidenden Positionen und Ämtern (wenn es sich nun erweist, daß Männer nicht automatisch die „Krone der Schöpfung“ sind, sondern u.U. mit entscheidenden Mängeln behaftet – wie jeder Mensch ) ?
…. mehr fällt mir spontan nicht dazu ein…
Aber diese Argumentation war wohl ein klerikales Eigentor…
Grüße von
Angelika Oetken