TV-kritik „Hart aber fair“

Von Arno Widmann

Die oben brauchen den Sozialstaat nicht. Die oben bilden sich auch ein, sie kämen ohne den Rechtsstaat aus. Das war gestern abend bei „Hart aber fair“ wieder einmal zu erleben. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, Jahrgang 1941, wurde 1974 von Professor Ratzinger promoviert, seit 1994 ist er Weihbischof in Hamburg. In der Deutschen Bischofskonferenz arbeitet er vor allem an Fragen der Ökumene und im interreligiösen Dialog. Als geborener Oberschlesier ist er auch tätig im Stiftungsrat Flucht, Vertreibung, Versöhnung.

Ein Mann also, der den Umgang mit Problemen gewohnt ist. Vielleicht hat er sich dabei angewöhnt, wann immer er etwas sagt, dazu zu lächeln. Ein einnehmendes Lächeln für die einen. Andere finden es aufgesetzt, unglaubwürdig. Bei Plasberg durfte man auch auf die Idee kommen, es für ein verlegenes Grinsen zu halten. Jedenfalls war es auffallend.

Der Weihbischof erklärte lächelnd die Darstellung des Opfers Norbert Denef sei falsch. Das Bistum Magdeburg habe ihm nicht 25.000 Euro Schweigegeld geboten. Als Plasberg dem Bischof eine Mail vorlas, in der das Bistum Magdeburg zugab, Norbert Denef 25.000 Euro angeboten zu haben, da lächelte der Bischof wieder. Ich wüsste gerne, ob der Bischof seinen Verstoß gegen das nach katholischer und lutherischer Zählung achte Gebot in seiner nächsten Beichte nennen wird. Wieviel Ave Marias wird er dafür beten müssen?

Norbert Denef war als Jugendlicher jahrelang sexueller Gewalt seitens zweier Kleriker ausgesetzt. Jahrzehnte später kämpfte er wiederum jahrelang gegen das Vertuschen dieser Seite der ihm widerfahrenen christlichen Erziehung. Vom Doktorvater des Hamburger Weihbischofs, von Papst Benedikt, dem er alle Unterlagen zugeschickt hatte, erhielt er nach Monaten den Bescheid, der Papst werde dafür beten, dass Denef die Kraft zur Vergebung haben möge.

An dieser Kraft scheint es ja dem Papst und der Kirche nicht zu mangeln, desto mehr aber an der Achtung gegenüber den Opfern.
Das führte Bischof Jaschke vor. Man sehe sich die Sendung an. .

Da redet nicht einer, dem weh tut, was er gerade gehört hat, keiner der Mitgefühl hat. Da redet einer, der sich für seinen Auftritt hat munitionieren lassen und jetzt zeigen möchte, dass er zu schießen versteht. Der Bischof geht nicht auf das Opfer zu, stellt sich auf seine Seite sondern er schlägt noch einmal auf den Mann ein. Schlimmer als Jaschke hätte kein Gegner die katholische Kirche darstellen können.

Aber es gab noch etwas. Als Bischof Jaschke darauf angesprochen wurde, dass die katholische Kirche sich weigere, die Staatsanwaltschaft zu informieren, leugnete er das heftigst, nur um zwei Sätze später zu sagen, dass es „keinen Automatismus“ gebe, der von einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch zu einer Meldung bei der Staatsanwaltschaft führe. Die Kirche behält sich das Recht vor, selbst zu entscheiden, ob ein Verdacht bestätigt oder widerlegt wird. Erst wenn er von den entsprechenden Gremien als bestätigt betrachtet wird, wird die Staatsanwaltschaft informiert.

Jaschke sagte das im Brustton der Überzeugung. Er verstand noch nicht einmal, was für ein Affront in diesen Sätzen steckt. Die Kirche hält es für selbstverständlich, dass sie über einen eigenen Rechtsraum verfügt. Herr Jaschke sah darin kein Problem, sondern hielt die Vorstellung – die doch Gesetz der Bundesrepublik ist -, dass Kindesmissbrauch immer der Staatsanwaltschaft gemedelt werden muss, für lächerlich.

Wie gerne reden wir doch bei völlig machtlosen Kopftücher tragenden Frauen von einer Parallelgesellschaft! Gestern abend, wo es einmal angebracht gewesen wäre, fiel das Wort nicht. Angesprochen auf das Gesetz, wedelte der Bischof – wieder lächelnd – mit einem Memorandum der Bischöfe aus dem Jahr 2002. Eine Demonstration der Arroganz der Macht war das.

Quelle: http://www.fr-online.de