BERLIN – Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann hat der katholischen Kirche vorgeworfen, einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Missbrauchs-Vorwürfen aus dem Weg zu gehen.

Die „reine heilige Kirche“ werde scheinbar vom Frevel einiger Mitglieder belastet, doch in Wirklichkeit sei sie daran mit beteiligt, sagte der aus der katholischen Kirche ausgetretene Theologe Eugen Drewermann dem Deutschlandradio Kultur mit Blick auf die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am Montag in Freiburg.

‚Zölibat – ein Hauptproblem‘

Dort wollen die Bischöfe unter anderem über den jüngst bekannt gewordenen sexuellen Missbrauch von Kindern in katholischen Schulen beraten. Im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch sei der Zölibat unter den gegenwärtigen Bedingungen ein Hauptproblem, sagte Drewermann dem Sender.

Jeder wisse, dass diese Verpflichtung nur unter enormen Konflikten einzuhalten sei. Wer sich dazu entscheide, habe die Auffassung verinnerlicht, dass sexuelle Erfahrungen sündhaft seien und gebeichtet werden müssten. „Mit all diesen Konflikten fliehen viele bereits schon in das Priestertum und hoffen, von sich selber in gewissem Sinne befreit zu werden durch die Gnade Gottes.“ Weil das nicht funktioniere, stünden am Ende neue Fehlbarkeiten.

‚Kirche hat kein Interesse an Aufklärung‘

Das Missbrauchsopfer Norbert Denef glaubt indes nicht an eine wirkliche Aufklärung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche. Diese habe kein Interesse am Umgang mit den Opfern, sagte er im Deutschlandradio Kultur. „Bis heute hat keiner bei mir angerufen, niemand mit mir gesprochen.“ Stattdessen habe die Kirche ihn massiv unter Druck gesetzt und ihm mit Klagen gedroht, sollte er seine Vorwürfe öffentlich machen.

Denef, der in seiner Jugend in den 50er und 60er Jahren von zwei Kirchenmännern missbraucht worden war und sich erst nach Jahrzehnten offenbart hatte, erwartet auch von der Tagung der Deutschen Bischofskonferenz „im Prinzip nichts“. Wenn die Bischöfe etwas ändern wollten, sollten sie sich für eine Aufhebung der Verjährungsfristen einsetzen, forderte Denef. „Das wäre ein wirkliches Bekenntnis, alles andere wären Lippenbekenntnisse.“

Der Missbrauchskandal hatte Ende Januar seinen Ausgang vom Berliner Canisius-Kolleg genommen. Seitdem meldeten sich mehr als hundert Opfer an Schulen im ganzen Bundesgebiet.

Quelle:

http://www.dnews.de/nachrichten/panorama/184253/kirche-hat-missbrauchs-skandal-versagt.html