Diskussion um Vorwürfe sexuellen Missbrauchs am Aloisiuskolleg: Altschüler und Eltern befürworten offene Auseinandersetzung und drücken Verbundenheit zum Aloisiuskolleg aus
Bonn (ots) – Anlässlich der aktuellen öffentlichen Diskussion um Vorwürfe sexuellen Missbrauchs am Aloisiuskolleg in Bonn wenden sich mehr als 500 ehemalige Schüler und Schülereltern in einem offenen Brief an die Leitung, das Kollegium und die Schülerschaft des Aloisiuskollegs sowie an den Provinzial des Jesuitenordens.
Sie befürworten die rückhaltlose Aufklärung aller Vorwürfe und möchten mit der Veröffentlichung des Briefes, in dem sie gleichzeitig ihre Verbundenheit zum Kolleg ausdrücken, zu einer offenen Auseinandersetzung, aber auch zu einer ebenso differenzierten wie fairen Berichterstattung in den Medien beitragen.
Hinweis an Journalisten: Anfragen werden über den Pressekontakt an die Unterzeichner des offenen Briefes weitergeleitet.
Offener Brief von ehemaligen Schülern („Altschüler“) sowie Schülereltern des Aloisiuskollegs Bonn-Bad Godesberg an:
den Provinzial der deutschen Provinz der Jesuiten, Pater Stefan Dartmann SJ die Kollegsleitung des Aloisiuskollegs Oberstudiendirektor Bernhard Wißmann Internatsleiter Dr. Christopher Haep die Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Aloisiuskollegs die Schülerinnen und Schüler des Aloisiuskollegs
Mit Fassungslosigkeit und Bestürzung verfolgen wir die Entwicklungen am Aloisiuskolleg in Bonn und die in den vergangenen Tagen vorgebrachten Vorwürfe sexuellen Missbrauchs.
Wir sind daher dankbar für die Initiative der Kollegsleitung und des Jesuiten-Ordens, hier eine rückhaltlose Aufarbeitung aller Vorwürfe zu betreiben und möglichen Opfern umfassende Hilfe zukommen zu lassen. Wir begrüßen es, dass eine offene Auseinandersetzung zu dem Thema sexueller Übergriffe am Aloisiuskolleg auf unterschiedlichsten Ebenen stattfindet und weitergeführt werden soll.
Mit großer Betroffenheit haben wir den Rücktritt des Rektors des Aloisiuskollegs, Pater Theo Schneider SJ, am 08. Februar 2010 zur Kenntnis genommen. Wir respektieren den Schritt von Pater Schneider und doch bedauern wir diesen Entschluss zutiefst. Sein als Jesuit, Seelsorger, Mentor und Erzieher unerschütterlicher Glaube an das Gute und an das ganz persönliche Potential eines jeden Menschen beeindruckt uns als ehemalige Schüler und als Eltern gleichermaßen und hat Generationen von Schülern nachhaltig geprägt. Wir alle verdanken Pater Schneider sehr viel.
Die Werte und Erziehungsideale des Aloisiuskollegs als katholische Schule und Internat, geführt durch den Jesuitenorden, sind und bleiben für uns durch die Ereignisse unberührt. Das Kolleg war stets geprägt von einer Atmosphäre der Offenheit, mit der Anleitung zu selbstverantwortlichem und verantwortungsbewusstem Handeln. Diejenigen der Unterzeichner dieses offenen Briefes, die selbst Schüler am Aloisiuskolleg waren, blicken auf eine unbeschwerte, prägende und motivierende Schulzeit zurück, für die sie dem Aloisiuskolleg, dem Jesuitenorden und den dort tätigen Lehrern und Erziehern besonders dankbar sind. Viele von ihnen geben dem dadurch nachhaltig Ausdruck, dass sie ihre eigenen Kinder in die Obhut des Kollegs gegeben haben und geben.
Gleichzeitig möchten die ehemaligen Schüler, die diesen Brief unterzeichnen, ausdrücklich mitteilen, dass sie während und nach ihrer Zeit als Schüler weder sexuelle Gewalt noch Missbrauch am Aloisiuskolleg erlebt haben.
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Quelle:
Da fehlen einem fast die Worte…
Ich als Überlebende möchte einmal erleben, dass sich 500 Leute hinter mich stellen und mir ihre Verbundenheit ausdrücken!!!
Dieser Brief ist ein offener Schlag ins Gesicht aller Opfer. Sie werden auf subtile aber dennoch eindeutige Weise als „Nestbeschmutzer“ gebrandmarkt.
500 Menschen distanzieren sich von den Opfern, die schlimmstes Leid mit lebenslangen Folgen erfahren haben. Und noch schlimmer: Sie machen wieder die Opfer zu „Tätern“.
Sie tun das auf die gleiche subtile, versteckte und unterschwellige Art, die wir Betroffene schon so viele Jahre zu spüren kriegen:
Die ehemaligen Aloisius-Schüler unter den Unterzeichnern, so erfährt man, „blicken auf eine unbeschwerte, prägende und motivierende Schulzeit zurück, für die sie dem Aloisiuskolleg, dem Jesuitenorden und den dort tätigen Lehrern und Erziehern besonders dankbar sind.“
Ohne dass es ausgesprochen wird, wird hier mit scheinbar schönen Worten eine unsichtbare Grenze gezogen zu denjenigen, deren Schulzeit am Aloisius-Kolleg weniger „unbeschwert“ war und die daher keine „Dankbarkeit“ (sondern wohl eher Wut) empfinden können. Es schließen sich die „Guten“, „Dankbaren“ zusammen und grenzen die „Unguten“, „Undankbaren“ aus.
Sie signalisieren den Opfern damit nochmals, nicht zur „richtigen“ Seite zu gehören – denn wie sonst könnten sie angesichts dieser „tollen“ Schule keine „Dankbarkeit“ empfinden und sich nicht an eine „unbeschwerte“ Schulzeit erinnern können??! Ja, wie können sie es überhaupt wagen, eine so „tolle“ Schule mit ihren Anschuldigungen so in den Dreck zu ziehen?
Noch schlimmer: Sie signalisieren den Opfern, nicht wert zu sein, sich mit ihnen zu solidarisieren.
Sie signalisieren den Opfern, dass sie schuld sind, dass der offenbar „himmlische“ „Jesuit, Seelsorger, Mentor und Erzieher Pater Theo Schneider SJ“ sein Amt niedergelegt hat.
Und verstärken somit erneut Schamgefühle und negative Selbstbezichtigungen, die die Opfer schon so lange haben schweigen lassen. Das ist auch beabsichtigt, denn die sollen sie auch wieder in das Schweigen sinken lassen.
Dieser Brief bezichtigt darüber hinaus (wenn auch versteckt) die Opfer der Lüge: schließlich hat am Aloisius-Kolleg, so erfährt man, „stets eine Atmosphäre der Offenheit“ geherrscht. Es kann also garnicht sein, dass irgendetwas unbemerkt geblieben ist, genausowenig wie es sein kann – bei so viel „Offenheit“ und „Werten“ -, dass irgendwelche Taten vertuscht hätten werden sollen.
Auch machen die Unterzeichner klar, wen sie für die eigentlichen Schuldigen halten: Am Aloisius-Kolleg, so erfährt man, wurde zu „selbstverantwortlichem und verantwortungsbewusstem Handeln“ angeleitet.
Davon ausgehend, dass hier die Schüler gemeint sind (die Lehrer werden wohl keine „Anleitung“ erfahren haben), heißt das, dass die Unterzeichner des Schreibens ein Umfeld konstruieren, in dem die Schüler „selbstverantwortlich“ handeln konnten. Das bedeutet, es wird unterstellt, dass derjenige, der in „sexuelle Handlungen“ (wie ja sexualisierte Gewalt von vielen gesehen wird) verstrickt war, in irgendeiner Weise auch damit einverstanden war. Schließlich konnte er ja „selbstverantwortlich“ zustimmen oder ablehnen.
Ähnliches geschieht durch die Behauptung, die Schüler seien zu „verantwortungsbewusstem Handeln“ angeleitet worden: Auch damit wird unterstellt, dass diejenigen, die „verantwortungsbewusst“ handeln, nichts zu befürchten haben. Was umgekehrt heißt, dass diejenigen, denen etwas geschehen ist, nicht „verantwortungsbewusst“ – also verantwortungslos (!!) – gehandelt haben.
Der Schüler/die Schülerin, dem/der sexualisierte Gewalt wiederfahren ist, hat demnach also „versagt“. Er/sie hat sich nicht seiner/ihrer „Verantwortung bewusst“ gezeigt. Und trägt somit eine Mitschuld an den Übergriffen.
Kein einziges Wort über die Verantwortung der Lehrer/Täter.
Durch die Beweihräucherung der Person des Rektors und der „hohen Werte“ an der Schule wird zudem völlig verschleiert, dass es sich beim Lehrer-Schüler-Verhältnis um ein Machtverhältnis handelt (verdoppelt durch ein Erwachsenen-Kind-Verhältnis). Auch am Aloisius-Kolleg.
Am Ende versäumen es die Unterzeichner des Schreibens nicht, „ausdrücklich“ (!!!) darauf hinzuweisen, dass sie „während und nach ihrer Zeit als Schüler weder sexuelle Gewalt noch Missbrauch am Aloisiuskolleg erlebt haben“.
Nochmals wird sich von den Opfern distanziert, und darüberhinaus wird ihr Zeugnis herabgewürdigt: 500 die „ausdrücklich keine sexuelle Gewalt erlebt haben“ gegen 2 (oder 5 oder 10 am Aloisius-Kolleg), die – weil nicht „selbstverantwortlich“ und „verantwortungsbewusst“ genug – in „sowas“ verwickelt waren.
Meine letzte Bemerkung zu diesem abscheulichen Schreiben soll diesem Satz gelten:
„Viele von den Unterzeichnern geben dem dadurch nachhaltig Ausdruck, dass sie ihre eigenen Kinder in die Obhut des Kollegs gegeben haben und geben.“
Um die Reputation der Schule, des (Ex)Rektors, der Lehrer/innen und Schulangehörigen, den eigenen Ruf als „saubere Nicht-Missbrauchsopfer“ und „rechtschaffene Eltern“ zu retten, werden die Kinder sehenden Auges der Gefahr sexualisierter Gewalt ausgesetzt.
Es wird nicht überlegt, wie man Kinder zukünftig schützen kann, wie man Täter und Taten früher entdecken und verhindern kann, wie es überhaupt zu solchen jahrelangen Übergriffen kommen kann, ohne dass etwas bemerkt wird – nein, es wird weiterhin sich selbst belogen, sich gegenseitig beim Wegsehen und „Heile-Welt-Demonstrieren“ geholfen.
Und es werden weiterhin diejenigen ins Aus gedrängt und mit Schmutz beworfen, die sowieso schon genug Leid zu tragen haben.
Schöne heile christliche Welt!
Hallo Petra,
finde Du hast wieder mal sehr treffend analysiert.
Zitat :
„Um die Reputation der Schule, des (Ex)Rektors, der Lehrer/innen und Schulangehörigen, den eigenen Ruf als “saubere Nicht-Missbrauchsopfer” und “rechtschaffene Eltern” zu retten, werden die Kinder sehenden Auges der Gefahr sexualisierter Gewalt ausgesetzt“.
Genau das ist es, darum funktioniert das Vertuschungs-, Verdrängungs- und Verleugnungssystem so gut. Ob in der Familie oder in der Institution.
„Also ich habe davon gar nichts mitgekriegt, mir ging es gut“ heißt „Bleib mir bloß weg mit der Verantwortung – ich bin nämlich ein Für-mich-Sorger, Hauptsache mir geht es gut, ist doch egal, was mit den anderen ist“.
Man kann so was ganz banal auch als Feigheit und Egoismus bezeichnen. Kein besonders attraktives Ettiket – ganz und gar „unsexy“.
Herzliche Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
Hallo Petra, hallo Angelika
ihr sprecht mir aus der Seele.
Aber die ehrwürdigen Damen und Herren, die hier so stolz öffentlich ihre Unterschriften unter dieses Schreiben setzten, hoffen wohl inständig, dass die restliche Bevölkerung zu doof ist zum Rechnen.
500 Leute (Eltern mit einbezogen)… ich bin zutiefst gerührt!!!
Ein Gymnasium hat 9 Klassen. Da es hier um eine Eliteschule handelt, gehe ich einmal von einer Klassenstärke von 15 Schülern pro Klasse aus. Je Schüler ein Elternpaar (ist ja die Elite, da funktioniert ja noch das traute Familienleben :-)).
Da aber allein das Internat 130 Schüler beherbergt, muss davon ausgegangen werden, dass in einigen Stufen Parallklassen laufen. Geschätzt sind dies pro Jahr an Personen (Schülerschaft samt Eltern), und dabei habe ich noch nicht einmal die sicher vorhandenen Parallklassen berücksichtigt… 270 Personen. Die Missbräuche fanden überwiegend in den 60iger und 70iger Jahre statt. Ich glaube, ich muss das nicht noch weiter ausführen. 40 x 270…
Und da rühmen die sich wegen 500 Unterschriften. Wie peinlich!!!
Auf mich wirkt das vielmehr so, als wollten sie sich mit den Unterschriften freikaufen von ihrem Egoismus. So können sie wenigsten sich selbst weiterhin vorgaukeln, dass sie „irgendetwas“ getan haben, nähmlich einen erbärmlichen Brief unterschrieben zu haben, dessen Inhalt jedem normalen Menschen mit etwas Feingefühl die Schamesröte ins Gesicht peitscht
Sarah
In genau das selbe Kapitel passt diese Andacht von gestern Abend. Ich habe mich darüber schon in meinem Projektörchen ausgelassen.
Ich weiß nicht woran es liegt, aber für meinen Geschmack ist diese ganze Aufklärungskampagne ein Scheingefecht mit dem Ziel, den Schaden zu begrenzen.
Bis 1990 gab es also solche Fälle und dann nicht mehr. Weshalb gab es sie nicht mehr? Was hat sich geändert? Aah, natürlich, die sind noch nicht verjährt.
So, und jetzt lest mal den Bericht „Erinnerungen an sexuellen Missbrauch“ hier auf dieser Seite.
Er handelt von einem „Seelsorger, der wegen seiner Güte und der Zuneigung, die er den Schülern entgegenbrachte, sehr beliebt unter uns Jungs“ war. Auch einer, zu dem die Schüler am liebsten gingen, weil sie ihm VERTRAUTEN. Und auch einer, der dieses ihm kindlich-unschuldig entgegengebrachte Vertrauen SCHAMLOS ausnutzte UM SICH SELBST ZU BEFRIEDIGEN.
Aber auch dieser Seelsorger wird den meisten wohl nur als der „gütige“ und „gute Pädagoge“ im Gedächtnis bleiben…
Menschlich verstehe ich den Zorn meiner Vorkommentatoren, berechtigt ist er m.E. nicht. Ich habe den Brief unterschrieben – und ich habe es aus Überzeugung getan. Ich möchte nichts beschönigen, sexueller Missbrauch ist ekelhaft und durch nichts zu rechtfertigen. Aber ehrlich und aus Überzeugung kann ich versichern, dass ich davon in 9 Jahren am Ako auch nicht nur einen Funken bemerkt habe. Das hat nichts mit „weggucken“ oder bagatellisieren zu tun – das tue ich nicht und habe ich auch nicht getan. Es geht auch nicht um die Ausgrenzung von „Nestbeschmutzern“ – eine erbarmungslose Aufklärung ist mehr als angebracht und im Sinne aller. Aber umgekehrt kann es nicht sein, dass Bildreporter Schülern Geld versprechen, wenn sie über sexuellen Missbrauch berichten und es dabei völlig egal ist, ob es stimmt oder nicht. Von Theo Schneider weiß ich nur zu berichten, dass ich ihn als guten und sich kümmernden Menschen kennen- und schätzengelernt habe, der sich der Belange der Schüler ohne Ansehen von Stand, Reputation oder Religion (ich bin selber Protestant) angenommen hat. Noch einmal: Es geht nicht darum, Übergriffe zu bagatellisieren oder gar Opfer zu isolieren. Aber es kann auch nicht sein, dass Personen vorverurteilt werden.
Auch ich habe meine Schulzeit am Ako verbracht und wurde niemals sexuell belästigt. Auch ich erinnere mich überwiegend positiv an diese Zeit. Aber was sagt das aus? Rein gar nichts! Das sind lediglich subjektive Erfahrungen. Zudem war es für mich als externen Schüler recht unwahrscheinlich, in die Fänge von Pater S. zu geraten.
Ich kann mich den sehr treffend formulierten Kritikpunkten von Petra eigentlich nur anschließen. Den Corps-Geist unter ehemaligen Ako-Schülern beobachte ich schon eine ganze Weile mit wachsendem Ekel. Genau diese subtile Attacke gegen die Opfer ist der Hauptgrund, weshalb ich diesen Brief bewusst nicht unterschrieben habe.
Heiner
An Heiner,
endlich jemand, der nicht betroffen ist, und trotzdem den Mut hat, hinter die Fassaden blicken.
Sie haben meinen vollen Respekt!!!
Sarah M.
Hallo Jan,
aber es kann auch nicht sein, dass 500 Personen einen subtil Opfer diffamierenden Brief unterschreiben, nur weil „Bildreporter Schülern Geld versprechen, wenn sie über sexuellen Missbrauch berichten und es dabei völlig egal ist, ob es stimmt oder nicht“.
Und von „vorverurteilt“ sprechen zumindest wir Opfer auch nicht. Für uns geht es darum, endlich die Taten und die Täter benennen zu können, und dem großen Unrecht, das uns ZUR PERSÖNLICHEN BEFRIEDIGUNG eines anderen Menschen angetan wurde, offen auszusprechen.
Und es täte uns gut, wenn man UNS diesen Rückhalt und das Verständnis entgegen brächte, den man der Schule, dem Ex-Rektor und den vielen, die vielleicht wirklich nichts wussten, vielleicht aber auch nichts wissen wollten, entgegen bringt.
Ich muss schon sagen, ich war ziemlich überrascht, als ich gelesen habe, wer diesen Brief so alles unterschrieben hat. Einige kenne ich noch gut…
Mir ist es unbegreiflich, wie man in diesem Text die implizite Abgrenzung gegenüber den Opfern und den von ihnen erhobenen Anschuldigungen überlesen kann. Mir ist das jedenfalls beim ersten Lesen schon unangenehm aufgestoßen. Daher gibt es für mich nur zwei Erklärungen für eine Unterschrift:
Entweder, der Unterzeichnende war zu dumm, um dies zu erkennen (wie hat er dann seine Schulzeit am Ako überstanden?), oder aber er beabsichtigt genau diese Abgrenzung und die damit verbundene Diskreditierung der Opfer als „Nestbeschmutzer“.
Um eines klarzustellen: Ich bin weit davon entfernt, das Ako nun in Bausch und Bogen zu verdammen. Ich habe während meiner Schulzeit dort sowohl unter den Lehrern als auch unter den Schülern großartige Menschen kennen gelernt, denen ich zum Teil heute noch in Freundschaft verbunden bin. Aber mein Mitgefühl und mein Respekt gelten in erster Linie den Opfern, die endlich den Mut gefunden haben, über die demütigenden Vorfälle zu sprechen. Erst danach tun auch mir die vielen hochengagierten Lehrer und sonstigen Mitarbeiter des Ako leid, die durch die Verfehlungen eines Paters und die Gutgläubigkeit eines anderen, sehr liebenswerten Paters, nun vor einem Scherbenhaufen stehen.
Am Bonner Aloisius-Kolleg, dem mit „einer Atmosphäre der Offenheit“, hingen laut den Schilderungen eines Betroffenen „in den Gängen der Mensa und des Schlosses massenweise „künstlerische“ Schwarz-weiß-Fotos mit nackten Jünglingen im Sonnenuntergang, selbst fotografiert.“
Aber keiner will etwas bemerkt haben, und selbstverständlich hat das bei keinem etwas „mit weggucken oder bagatellisieren zu tun“.
Nacktfotos von Jünglingen – ist doch völlig „normal“ an einer „offenen“, von katholischen Patres geleiteten Internatsschule.
Wie war das nochmal? Ah ja: „Werte und Erziehungsideale des Aloisiuskollegs als katholische Schule“. Welche „Werte“, welches „Erziehungsideal“ stand wohl hinter den „massenweise künstlerischen Schwarz-weiß-Fotos mit nackten Jünglingen“ in den Gängen der Mensa und des Schlosses?
Der Zeuge schildert auch Szenen, in denen Schüler des öfteren nackt mit einem Wasserschlauch von Pater S. „abgespritzt“ wurden, im Sommer auch nackt im Park hinter dem Schloss. Auch der jetzt zurückgetretene Rektor des Aloisiuskollegs, Pater Theo Schneider, sei dabei gewesen – „als junger Frater schon die rechte Hand von Pater S.“.
Ich will hier nichts unterstellen und nicht „vorveruteilen“; ich war nicht dabei. Aber ich habe selbst erlebt, wie Dinge, die mir als Kind als „komisch“ aufgefallen sind, von Erwachsenen als „normal“ und „offen“ (im Sinne von liberal) dargestellt wurden. Durch ihre Aussagen, aber auch durch ihr Verhalten (wie z.B. als Erwachsene UND als Patres Nacktfotos an den Wänden einer KATHOLISCHEN SCHULE als etwas nicht Bemerkenswertes zu übergehen).
Wieso ist es eigentlich für Außenstehende (und als das bezeichnen sich die Nichtbemerker ja schließlich) so schwierig, nachzuvollziehen, dass GERADE diese das Kind umgebende Widersprüchlichkeit der gepredigten Normen der Erwachsenen zu den tatsächlichen Handlungen der Erwachsenen (Beispiel: die Kirche predigt strenge sexuelle Normen und in den Gängen hängen Nacktfotos) die innere Welt des Kindes aufs Tiefste beschädigen und verwirren?
Von den tatsächlichen tätlichen Übergriffen auf das Kind ganz zu Schweigen.
Nochmal: Dass jetzt 500 Unterzeichner so tun, als ob das, was Betroffene erleiden und jahrelang allein ertragen mussten, „unfassbar“ und angesichts der angeblich „hohen Ideale“ an dieser Schule nicht vorstellbar sei, ist gelinde gesagt dreist.
Dieser Brief ist echt unmöglich! Unglaublich, wie hier die Opfer verspottet werden. „Wir sind ja nicht missbraucht worden“. Na super! Vielleicht sollte den Patres für die löblichen Ausnahmen noch der Nobelpreis verliehen werden.
İnteressant ist, wie die ganze Diskussion jetzt auf die Jesuitenschule und diese Ereignisse gelenkt wird. Damit breitet sich der Mantel des Schweigens über die anderen İnstitutionen. Es gibt Hunderte von stramm religiös geführten İnternaten in Europa. Einige „Rauchzeichen“ habe ich hier mal aufgeführt:
http://anlaufstelle.forumo.de/forum.php
Liebe Petra,
danke für deine treffende Analyse des Briefes in der FAZ. Ich war Schüler am AKO in der Zeit von Pater S.. Zum Glück extern.
Mit 40.000.- € soll nun Deutungshoheit erkauft werden. Kein Funken Mitleid für die Opfer, stattdessen diese unsubtile Abgrenzung. Ich glaube am AKO zwei Dinge gelernt zu haben. Zum einen eine große Ansammlung von Wissen, verabreicht durch meist sehr kluge und motivierte Lehrer. Zum Anderen einen sicheren Instinkt für schmieriges; charakterloses Verhalten, dass sich gerne als Aufrichtigkeit tarnt.
In unserer Klasse waren die Abspritzgeschichten und die Fotogeschichten und die kleinen körperlichen („Knechten“) und seelischen Strafen („Pater S. hat das Heimfahrtswochenende gestrichen“ etc.)alle bekannt. Die Internen erzählten das dann und wann. Als Pubertierende im reinen Jungengymnasium natürlich immer mit viel hohoho und hihihi, es erschien eben „seltsam“. Alle, natürlich auch die Unterzeichner, wussten das. Einen Brief zu unterzeichnen, in dem alle diese Vorgänge schlichtweg abgeleugnet werden, ist total grotesk. Wie viel Verdrängung geht da vor sich? Wie weit ist die selbst verordnete Gehirnwäsche denn da fortgeschritten?
Klar ist das nervig aktuell nicht mehr damit angeben zu können, einem „Elitegymnasium“ angehört zu haben, aber mit einer lächerlichen Anzeige die von den „Möglichen“ Opfern immer im Konjunktiv spricht, beweist sich leider nur eins: Das AKO hat neben tollen Leuten auch eine Menge Menschen „geformt“, die glauben mit ein bisschen Geld und Diffamierung lässt sich jedes Problem aus der Welt schaffen. Früher (natürlich zitiere ich hier nur ein Gerücht) haben die Eltern die Strasse von der Stella zum Jägerhaus asphaltieren lassen, damit der Sohn durch die Nachprüfung kommt, heute versuchen die Söhne die öffentliche Meinung recht unsubtil zu manipulieren (und lassen Frau und Kind gleich mitunterschreiben) Armes AKO.
Irrtum!
Zeit-online berichtet heute über die Traumata von Heimkindern aufgrund jahrelanger Gewalt und sex. Missbrauch, Entmündigungen…
Der Stein fiel ins Wasser und zieht nun seine Kreise…
Abwarten, da kommt noch einiges zum Vorschein, womit keiner gerechnet hat.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich zähle ebenfalls zu einem der Schüler und Internen, die das Ako besucht haben und habe davon alleine 4 Jahre unter der Obhut des beschuldigten Paters gelebt. Erstaunlich sind für mich 2 Dinge. Erstens kenne ich bisher keine Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass ein sexueller Übergriff durch den Beschuldigten Pater stattgefunden hat. Die von dem Altschüler bei Bild berichteten Vorkommnisse sind teilweise richtig, jedoch strafrechtlich nicht relevant. Manches kann ich hingegen nur stark bezweifeln. Letztlich ist es jedoch Aufgabe der Staatsanwaltschaft, dies zu klären. Soweit ich weiß, hat dieser Schüler jedoch nie eine Anzeige erstattet. In den Medien wurde ja auch nie ein konkreter Vorwurf genannt. Das muss nichts heißen, ist aber doch bemerkenswert. Es wurde immer wieder von strafbaren Handlungen gesprochen, aber nicht, was denn diese Handlungen gewesen sein sollen.
Hier wurden schlicht die Vorgänge am Canisiuskolleg, an dem offenbar bereits nachgewiesen eine Menge an sexuellen Übergriffen stattgefunden haben, mit denen am Aloisiuskolleg vermengt. Statt eine Aufklärung vorzunehmen, wird hysterisch ein Kopfkino gestartet, bei dem jeder seinen eigenen Horrorfilm starten kann. Und das gilt vor allem für die Menschen, die keine Vorstellung haben, wie ein solches Internatsleben aussieht.
Der 2. Punkt, den ich besonders bemerkenswert finde, ist der, dass man so lange mit solchen Anschuldigungen gewartet hat, bis der Beschuldigte dement in einem Heim liegt und sich zu den Vorwürfen nicht mehr äußern kann.
Die einzige Anzeige, die mir im Zusammenhang mit dem Ako bisher bekannt ist, stammt auch nicht einmal von dem Opfer selbst, sondern von dessen Mutter.
Letztlich zeigt sich auch an den aufgeregten Äußerungen hier auf dieser Seite, dass es weniger um die Sache, als mehr den Hass und den Neid gegenüber möglicherweise Privilegierten geht. Ich persönlich gehörte nicht zu den Reichen am Ako, das war aber auch nicht nötig. Mir wurde quasi von dem Beschuldigten ein halbes Stipendium zugestanden und das auch nicht deshalb weil ich besonders gut in der Schule war. Und Achtung: Obwohl mich der beschuldigte Pater sehr mochte, hat er mir keine schönen Augen gemacht oder mich unsittlich angefasst. Selbst wenn er diese Neigungen gehabt hätte, wäre er aus meiner Sicht zu intelligent gewesen, diese auszuleben.
Zum Schluss nur noch eines: Wer tatsächlich dort Opfer sexueller Übergriffe durch Patres oder Erzieher wurde, soll Anzeige erstatten. Die Bild-Zeitung ist zumindest nicht der Ort um Straftaten aufzudecken oder zu klären, sondern lediglich um Geld zu verdienen und eventuell ein Buch zu promoten, dass sich nicht wie gewünscht verkauft hat.
Und jetzt schmeiße irgendwer den 1. Stein!
Gemessen an der Tatsache, dass eigentlich sehr viele Schüler sich schon vor Jahren oder Jahrzehnten versucht haben Gehör zu verschaffen, scheint mir der Weg zu Bild und andern Zeitungen gar nicht so schlecht, wie die vergangenen zwei Wochen und gerade dieses Wochenende wieder zeigen…
Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen. Niemand will auf den Jesuiten und deren Schulen rumhacken. Kritisiert wird vielmehr die Taktik des zu Deckeln der Kirche als Institution. Dieses institutionelle Problem wird jetzt langsam sichtbar, losgelöst von den Jesuiten.
Sehr geehrter Herr Lohausen,
es geht nicht ums Steine schmeißen!
Es geht um eine realistische, aufgeklärte Sicht. Es handelt sich um eine Bewusstseinserweiterung. Die Zeit ist gekommen, wo wir alle begreifen und akzeptieren müssen, wie verheerend das Trauma der „sexuellen Übergriffe“ sich über viele Generationen fortsetzt und auswirkt und das es sich hierbei keineswegs um Einzelfälle handelt, nein es ist ein kollektives Problem!
Und gerade deshalb, weil es ein kollektives Problem ist, ist es so schwer „wahrhaftige, authentische, ganzheitliche Menschen“ zu finden. Menschen, zu finden, die es geschafft haben, aus ihren Spaltungen herauszufinden und deshalb in der Lage sind klar zu sehen, zu fühlen, zu denken und zu handeln.
Bis vor ca. 2 Jahren hatte ich auch noch die naive Vorstellung davon in einer „heilen, geordneten, sicheren Welt“ zu leben. Aber das was ich erlebt habe in meinem Dorf und in meiner Familie und in 2 Therapien etc. letzlich verursacht durch einen Priester, der vor ca. 55 Jahren in unserem Dorf etliche Kinder (Mädchen, Jungen und wohl auch junge Frauen und Männer) sexuell missbraucht hat, hat mein Menschen- und Weltbild völlig erschüttert.
Ich war so erschüttert, dass ich glaubte auf dieser Welt sei kein Platz mehr für mich.
Und genau deshalb hat bis zu diesem Zeitpunkt mich meine naive Vorstellung von einer im Grunde doch „heilen Welt“ überleben lassen. Es war eine perfekte Illusion, die mir das Leben erleichtert hat.
Aber eben nur eine Illusion!
Die Erschütterung des persönlichen Sicherheitsempfinden, die mit Informationen über die dunkle Seite des sozialen Lebens, z.B. den Missbrauch von Machtverhältnissen in der Regel verbunden ist, können viele, viele Menschen aus dem oben beschrieben Grund nicht ertragen.
Regelbrüche der „Grundannahmen“ unseres sozialen Zusammenlebens verunsichern uns alle, auch wenn wir nicht unmittelbar betroffen sind.
Ihr Satz: „Selbst wenn er diese Neigungen gehabt hätte, wäre er aus meiner Sicht zu intelligent gewesen, diese
auszuleben.“
zeigt leider nur sehr deutlich wie wenig „bewusst“ Sie sind.
Gerade die intelligenten sind in der Lage durch ihren ausgereiften, hochentwickelten „Biocomputer“ sexuelle Übergriffe über viele, viele Jahrzehnte zu vestecken…
Ich wünsche Ihnen im Laufe der Zeit den Mut und die Kraft der Wahrheit ins Gesicht zu sehen…
denn nur die „Wahrheit“ heilt!
Wie der alte Jesus schon sagte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben! Er hatte vollkommen recht.
Dieser Satz ist einfach nur wunderbar!
Von Herzen Elvira
Liebe Petra,
zu meiner Zeit hingen am Ako keine Nacktfotos von Jungen an den Wänden. Ich kann die Darstellung in den Medien teilweise nicht nachvollziehen.
Ich teile Deine Einschätzung des „offenen Briefes“. Was die Vorwürfe gegen das Ako angeht, beziehe ich mich ausdrücklich nur auf die bislang dort eingestandenen Verfehlungen eines Paters. Die finde ich auch ohne zusätzliches Aufblasen durch die Bild-Zeitung schlimm genug.
Sehr geehrter Herr Lohausen,
Sie sprechen in Ihrem Kommentar mehrere Dinge an, die den Umgang mit dem Thema „sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche“ schwierig machen.
1.
Wegen der Bild-Berichterstattung: In der „Bild“ haben mehrere Opfer von Übergriffen berichtet. Die geschilderten Vorkommnisse sind alle strafrechtlich relevant. Falls Sie andere Informationen haben, möchte ich Sie bitten, die hier zu veröffentlichen. Alles andere führt nur zu Spekulationen.
[zitat]
§ 176 StGB Sexueller Missbrauch von Kindern
(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen lässt.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt, oder
2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an sich vornimmt, oder
3. auf ein Kind durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen, durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(4) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 3 Nr. 3.
§ 176a Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern
(1) Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn
1. eine Person über achtzehn Jahren mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind,
2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird,
3. der Täter das Kind durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt oder
4. der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist.
(2) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des § 176 Abs. 1 bis 4 als Täter oder anderer Beteiligter in der Absicht handelt, die Tat zum Gegenstand einer pornographischen Schrift (§ 11 Abs. 3) zu machen, die nach § 184 Abs. 3 oder 4 verbreitet werden soll.
(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(4) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer das Kind in den Fällen des § 176 Abs. 1 u. 2
1. bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
2. durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(5) In die in Absatz 1 Nr. 4 bezeichnete Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die im Ausland abgeurteilt worden ist, steht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 einer im Inland abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine solche nach § 176 Abs. 1 oder 2 wäre.
§ 176b Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge
Verursacht der Täter durch den sexuellen Missbrauch (§ 176 und 176a) wenigstens leichtfertig den Tod des Kindes, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
§ 184 Verbreitung pornographischer Schriften
(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3)
1. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht,
2. an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
3. im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überlässt,
3a. im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überlässt,
4. im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5. öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet, ankündigt oder anpreist,
6. an einen anderen gelangen lässt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7. in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9. auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Ausland unter Verstoss gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine pornographische Darbietung durch Rundfunk verbreitet.
(3) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die Gewalttätigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben,
1. verbreitet,
2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder
3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 oder 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird, wenn die pornographischen Schriften den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, sonst mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(4) Haben die pornographischen Schriften (§ 11 Abs. 3) in den Fällen des Absatzes 3 den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand und geben sie ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(5) Wer es unternimmt, sich oder einem Dritten den Besitz von pornographischen Schriften (§ 11 Abs. 3) zu verschaffen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, wird, wenn die Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt.
(6) Absatz 1 Nr. 1 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt. Absatz 5 gilt nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen.
(7) In den Fällen des Absatzes 4 ist § 73d anzuwenden. Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 5 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.
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Es ist allerdings davon auszugehen, daß alle Taten, über die bisher öffentlich berichtet wurde inzwischen verjährt sind.
Gerade weil Herr Denef die Tatsache der Verjährung als besonders hinderlich für eine Ahndung und Aufarbeitung, letztendlich auch für eine Prophylaxe solcher Verbrechen
ansieht, hat er seine Initiative ja gestartet.
2.
Wenn einige Betroffene und ihre Unterstützer nicht den Mut aufgebracht hätten, sich an Herrn Mertes und die Öffentlichkeit zu wenden, wären auch die Vorfälle in den anderen katholischen Einrichtungen nicht schon jetzt zur Sprache gekommen.
Ich sehe es genauso wie Sie, die Betroffenen sollten Anzeige erstatten – schon aus Prinzip. Strafrechtliche Folgen werden sich daraus allerdings wie oben schon erläutert nicht ergeben.
Ihre Annahme, es gehe bei den hier auf der homepage veröffentlichten Kommentaren weniger um die Sache, als vielmehr darum
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den Hass und den Neid gegenüber möglicherweise Privilegierten
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kann ich nicht nachvollziehen.
Bitte unterlegen Sie Ihre Behauptung mit Zitaten aus Kommentaren von dieser Seite.
Ihre Spekulation
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Selbst wenn er diese Neigungen gehabt hätte, wäre er aus meiner Sicht zu intelligent gewesen, diese auszuleben.
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entspricht einem weitverbreiteten Klischee, nämlich dem, daß psychosexuelle Fehlentwicklungen oder Delinquenz in direktem Zusammenhang mit der unzureichenden Intelligenz eines Menschen stehen.
Es ist eher so, daß weniger intelligente Menschen, die sich sexuell übergriffig verhalten, sich schneller erwischen lassen, bzw. nicht über die intellektuellen, institutionellen und finanziellen Möglichkeiten verfügen, sich der Sanktionierung ihres Tuns zu entziehen.
Grundsätzlich kann ich Ihre Irritation nachvollziehen. Bei solchen Berichten wird einem klar, daß man doch Vieles, was um einen herum geschieht, gar nicht mitbekommt, bzw. anders einschätzt als andere Menschen.
Das ist nur der Tatsache geschuldet, daß die Wahrnehmung von Menschen unterschiedlich ist. Wenn ich von etwas nichts weiß, oder mich an etwas nicht erinnere, dann heißt das noch lange nicht, daß es nicht existent ist.
Bei gesellschaftlich stark tabuisierten und in Folge dessen sehr emotionalen Themen wie eben „sexueller Mißbrauch von Minderjährigen“ ist es an sich immer ein schlechtes Zeichen, wenn die „Boulevardpresse“ sich der Sache zuerst annimmt.
Es zeigt, daß die Gesellschaft noch nicht in der Lage ist, sachlich und fair mit der entsprechenden Thematik umzugehen.
Nur da wo viel Unklarheit und Verdrängung herrscht, man als „Sensation“ erzeugen kann, agiert der „Boulevard“.
Daß seriöse Medien wie Spiegel, ZDF, die Frankfurter Rundschau… sich intensiv u.a. mit dem Problem des „institutionellen Mißbrauchs “ auseinandersetzten ist ein gutes Zeichen.
Das Thema ist mitten in der Gesellschaft angekommen.
Unter anderem weil betroffene Menschen sich getraut haben „als erste den Mund aufzumachen“.
Mit freundlichen Grüßen,
Angelika Oetken, Berlin
Sehr geehrter Herr Lohausen,
Dann sehen Sie mal unter diesem Link nach, es wird ganz deutlich genannt, von welchen strafbaren „Handlungen“ gesprochen wurde…
http://www.wdr.de/themen/panorama/kriminalitaet11/bonn_jesuitenkolleg/index.jhtml
PS: Uns geht es weder um Hass oder Neid gegenüber Priviligierte, sondern ausschließlich darum, endlich die Vertuschungsmentalität aufzuzeigen und Opfern Mut zu machen, für ihre Rechte zu kämpfen.
Sarah M.
Sie alle berufen sich hier auf Behauptungen und ohne jegliche Kenntnis der Geggebenheiten an diesem Internat. Soweit es um die Vorwürfe des Photographierens geht, so stellt doch alleine die Tatsache, dass Kinder nackt photographiert wurden, noch keine sexuelle Handlung dar. Dabei kommt es doch ganz entscheidend auf die Umstände an. Auch das abspritzen mit einem Schlauch ist doch keine sexuelle Handlung. Und das Fieber messen im Po, wie Herr Abrantes so skandalös berichtete? Ja das ist ja etwas ganz besonders verwerfliches. Was er dabei jedoch nicht berichtet hat, ist der Umstand, dass dabei die Türe des Zimmers immer geöffnet war. Es war also höchstens etwas peinlich, vor den Mitschülern. Aber gerade wenn die Türe zu gewesen wäre, dann hätte man daraus wieder Schlüsse ziehen können, dass das doch möglicherweise eine sexuelle Handlung ist. Will man etwa Eltern auch sexuelle Belästigung vorwerfen, wenn sie ihren Kindern das Thermometer in den Po stecken? Genauso lächerlich fide ich den Vorwurf eines anderen ehemaligen Schülers, er habe gesehen, das sich Mitschüler auf den Schoß des Paters habe setzen müssen. Herrje, dass soll eine sexuelle Handlung sein? Nein, nein und nochmal nein! Weder wurde man gezwungen, noch mußte man sich nackt oder auf einen nackten Priester setzen. Das ist mit Verlaub sowas von lächerlich. Will man etwa seinen Opa oder seine Oma wegen sexueller Belästigung anzeigen, weil man sich bei denen häufiger auf den Schoß setzen mußte? Die Vorverurteilung und Hysterie, die jetzt entstanden ist, erinnert sehr stark an die Vorgänge von angeblichen sexuellen Übergriffen von Eltern an Ihren Kindern. Das Schlimme dabei ist, dass dadurch Eltern Ihre Kinder „verloren“ haben und selbst, nachdem gerichtlich Ihre Unschuld festgestellt wurde, diese nicht zurückbekommen haben.
Um es klar zu sagen, sexueller Mißbrauch generell und erst recht an Kindern, ist nicht zu akzeptieren. Aber man sollte sich davor hüten, Dinge zu pönalisieren, die per se nicht schlimm sind.
Ich bin ganz entschieden dafür, dass die Verjährungsfrist für solche Taten verlängert wird. Dies hätte nämlich dann auch zur Folge, dass Vorwürfe, wie die gegenüber dem Pater am AKO, gerichtlich aufgearbeitet werden könnten.
Im übrigen möchte ich darum bitten einmal kritisch darüber nachzudenken, ob man jedem Menschen, der als „Opfer“ oder „Täter“ bezeichnet wird, glauben schenken mag. Spielen Sie nicht Richter, ohne die genauen Fakten zu kennen.
Zitat: „Spielen Sie nicht den Richter, ohne die genauen Fakten zu kennen“.
Kennen Sie die genauen Fakten? Waren Sie zeitgleich in allen Situationen anwesend?
Warum entschuldigt sich Pater Theo Schneider bei den Betroffenen, um bittet Sie um Verzeihung, wenn es gar keine gab und gibt?
weiter schreiben Sie: es kommt ganz entscheidend auf die Umstände an… Hört man den Betroffenen genau zu, dann wird sehr deutlich, wie sie die „Umstände“ empfanden! Schambesetzt, peinlich und schwer einzuordnen…
Die Umstände sind immer von den Beteiligten her zu bewerten, und nicht von Außenstehende, die dies nicht persönlich erlebten. Genau dies ist das Verheerende an diesem Thema: Es war doch gar nicht so schlimm…, die sollen sich mal nicht so anstellen… Sieht man dann den weiteren Lebensweg der Betroffenen, ist deutlich zu erkennen, dass es für die Opfer gravierende Wunden hinterlassen haben, die ihre Spuren durch ihr gesamtes Leben ziehen.
Zitat: „Will man etwa seinen Opa oder seine Oma wegen sexueller Belästigung anzeigen, weil man sich bei denen häufiger auf den Schoß setzen mußte?“ – Wäre zumindest zu überlegen.
Warum sollte ein Kind genötigt werden, sich auf den Schoß des Opas zu setzen, wenn es selbst dazu keinen Impuls verspürt?? In wessen Interesse „soll“ sich dieses Kind dann auf den Schoß setzen????
Ja, auch wenn es der übliche Umgang mit Kindern ist (sie nach dem Willen von Erwachsenen zu steuern): DAS KANN sexualisierte Gewalt sein!!
Für das Fotografieren von nackten Schülern („Schutzbefohlenen“!!!) gehört ebenso wie das Abspritzen nackter Schüler in die gleiche Kategorie: Diente es der Freude der Schüler oder der Freude/Ergötzung der Patres?? Wurden die Nacktfotos von Schülern zur Freude und Erbauung der Schüler oder der Patres aufgehängt???
Sie, Herr/Frau Lohausen, beschreiben, dass schon das Beobachtetwerden beim Fiebermessen von dem jeweiligen Schüler als peinlich empfunden wurde. Was denken Sie, wie peinlich es sich dann erst anfühlt, wochen- oder monatelang als Nacktfoto an der Wand von allen Mitschülern gesehen zu werden???
Nochmals: Es ist das mangelnde Bewusstsein darüber, dass auch Kinder Menschenrechte besitzen und ein Recht darauf haben, dass ihre Grenzen respektiert werden, die es so vielen so schwer macht, die Gewalt im „ganz alltäglichen“ Umgang mit Kindern wahrzunehmen.
Kinder sind nicht dazu da, Opas und Omas nette Gefühle zu machen, auch nicht Patres zu unterhalten und zu be-LUST-igen, nicht einmal dazu, irgendjemandem Bier aus dem Keller zu holen.
Um zu beurteilen, ob eine Situation übergriffig ist oder nicht, muss man nur eine ganz simple Frage stellen: Cui bono? – Wer hat den Nutzen davon?
Hallo Petra,
ich habe erst jetzt gesehen, dass Sie auf meinen Kommentar geantwortet und mich direkt angesprochen haben – da schulde ich Ihnen wohl eine Antwort:
Nein, es kann nicht sein, dass 500 Personen einen subtil Opfer diffamierenden Brief unterschreiben – aber so war der Brief auch sicher nicht gemeint, jedenfalls habe ich ihn nicht so empfunden.
An die Adresse von Heiner:
dann war ich wohl zu doof.
Und gleich noch einmal an die Adresse von Heiner:
Von einem Corps Geist am Ako habe ich nie etwas gespürt, das mag bei den Interen anders gewesen sein – Kontakt habe ich noch mit ein paar alten Schulfreunden, so habe ich überhaupt von der Briefaktion mitbekommen. Was uns wohl trotz aller Unterschiede bis hin zur gegenseitigen Abneigung bei der Unterschrift geeint hat, war die Überlegung, dass Pater Schneider so einen Abgang nicht verdient hat. Vor diesem Hintergrund finde ich es etwas feige, unter Berufung auf eine angebliche Atmosphäre am Ako als ausdrücklich Nichtbetroffener nicht einmal seinen Namen kenntlich zu machen.
An die Adresse von Petra
Natürlich kann man einem Menschen nicht hinter die Stirn gucken und natürlich kann es sein, dass auch Pater Schneider Schuld durch Weggucken auf sich geladen hat. Das wäre dann in der Tat für jedes Opfer fatal, wie mies muss man sich dann wohl vorkommen. In diesem Zusammenhang muss ich auch gestehen, dass ich Pater St so etwas nicht zugetraut hätte, denn meiner Meinung nach sind Nacktfotos etc. mehr als schlimm genug. Tatsächlich bin ich wohl etwas naiv gewesen, ich hätte Pater St. das nie zu getraut. Im Gegenteil habe ich mit ihm ähnliche positive Erfahrungen gemacht wie Lutkin Lohausen.
Aber eine Vorverurteilung von Pater Schneider- und darauf läuft das hier hinaus – ist auch nicht in Ordnung. Ich verstehe, dass man von einem Menschen, der selbst Betroffener ist, nicht vernünftig eine objektive Sicht der Dinge erwarten kann. Aber es kann nicht sein, dass die Medien ein Bild kreieren, das definitiv nicht den Tatsachen entsprochen hat. Um das an dieser Stelle noch einmal klarzustellen: Am Ako habe ich in 9 Jahren kein einziges Bild mit nackten Kindern an den Wänden gesehen, geschweige denn irgendwelche Übergriffe erlebt. Dass jeder Schüler dem entweder ausgesetzt oder das zumindest miterlebt hat, scheint hier aber gängige Meinung zu sein. Diesen ausgemachten Blödsinn verdanken wir eben der Bild-Zeitung – eine realistische Meinungsbildung wird damit nahezu unmöglich.
Ich war nie Betroffener, habe aber kleine Kinder. Deshalb kann ich allenfalls ahnen, wie sich ein Betroffener oder dessen Eltern fühlen muss – ein sicherlich unerträglicher Gedanke, weswegen ich die Stimmung auf dieser Seite auch verstehe. Rückhalt haben die Opfer aus meiner Sicht uneingeschränkt verdient. In Bezug auf Herrn Abrantes teile ich aber die Sicht von Lutkin Lohausen: dem Herren geht es sicherlich nicht um vermeintliche oder echte Opfer (was ein ehren- und begrüßenswertes Motiv wäre), sondern um die Umsatzsteigerung eines grottenschlechten Buches. Das finde ich vor dem Hintergrund bemerkenswert, als gerade Herr Abrantes nach meiner Erinnerung gerade von Pater Schneider besonders gefördert wurde.