tvaktuell 15.02.2010
Reaktion auf Fälle an katholischen Schulen
Passau (ddp). Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) will die Rechte von Opfern von Missbrauch und sexueller Gewalt im Straf- und Zivilrecht deutlich ausbauen. Vor allem sollen lange zurückliegende Taten deutlich langsamer verjähren als bisher. «In vielen Fällen genügen die derzeitigen Fristen zwar, um eine strafrechtliche Verfolgung der Täter sicherzustellen. Wir erleben es aber immer wieder, dass Fälle des sexuellen Missbrauchs erst nach Jahren oder Jahrzehnten aufgedeckt werden», sagte Merk der «Passauer Neuen Presse» (Montagausgabe).
Auch die jetzt bekannt gewordenen Missbrauchsfälle an katholischen Schulen zeigten, dass Opfer jahrzehntelang geschwiegen hätten. Merk hält daher eine Verlängerung der strafrechtlichen Verjährung in Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs auf 30 Jahre für »unabdingbar«.
Zudem will Merk, dass der »einfache« sexuelle Missbrauch von Kindern zum Verbrechen mit einem Strafrahmen von 1 bis zu 15 Jahren mit der Folge einer Verjährungsfrist von 20 Jahren aufgestuft wird. »Jeder sexuelle Missbrauch von Kindern muss als Verbrechen gelten und mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden nichts ist widerwärtiger, als wenn ein Erwachsener seine sexuellen Triebe an einem Kind auslebt und damit dessen kindliches Urvertrauen zerstört«, sagte Merk.
(ddp)
Ich stimme folgendem Zitat von Petra voll und ganz zu:
„Auch mit einer Verjährungsfrist von 30 Jahren müssten sie spätestens mit 48 Jahren soweit sein, dass sie in der Lage sind, solch ein Strafverfahren anzugehen und durchzustehen. Wer es also erst mit 50 Jahren wäre oder gar mit 60 Jahren, der/die hätte wieder Pech gehabt!
Auch eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ist also Mist, weil sie nicht darauf ausgerichtet ist, allen Überlebenden von sexualisierter Kindesmisshandlung zu helfen.
Und eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre würde auch nichts daran ändern, dass unser Recht täterfreundlich und opferfeindlich ist.“
Mehr dazu unter:
http://norbert.denef.com/2010/02/06/bayern-fordert-langere-verjahrungsfristen/
Mir fehlt in Hinblick auf Verjährungsfristen generell die Logik an sich.
Kinder lernt man von klein auf, dass sie immer darüber reden können, wenn sie mal etwas „verbockt“ haben, und zeigt ihnen Möglichkeiten der situationsbezogenen Wiedergutmachung auf (=Gewissensbildung)
Warum gilt das für Erwachsene dann plötzlich nicht mehr und warum fördert sogar die Politik zusätzlich durch ihre Gesetzgebung (Verjährungsfrist) diese Denke. Kein Wunder, dass sich dieser Werteverfall bereits durch alle Branchen (Banken, Politiker, Reiche, Kirchen, Täter etc.etc.) zieht.
Verjährungsfristen bedeuten im Klartext:
Nicht erwischenlassen!
Mut zum Aussitzen!
Mit viel Glück platzt die Bombe erst nach der Verjäh-rungsfrist!!!
Ein Hoch auf die Gesetzgebung… (lachgeradesarkastisch)
Hallo,
Verjährungsfristen sind nur ein Schutz für den Justizapparat. Man macht irgendwo einen „Cut“, um sich vor mühseligen Nachforschungen in Unterlagen aus dem vergangenen Jahrhundert zu schützen.
Im Grunde stellen Verjährungsfristen eine Wertung dar.
„Kindesmissbrauch“ ist demnach nicht so wesentlich und schwerwiegend wie Steuerhinterziehung.
Mit den Nachbarschaftsstreitigkeiten von neurotischen und/oder gelangweilten Bürgern beschäftigt sich die Justiz eingehend, mit der sexuellen Misshandlung von Kindern nicht.
Sagt viel über die „sexuelle Kultur“ in unserem Land aus.
Nämlich, dass sie im Grunde gar nicht vorhanden ist.
Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
Dazu kommt ja noch, dass selbst bei Aufhebung jeglicher Verjährungsfristen der Zahn der Zeit an allem Übel nagt und z.B. wie bei mir einer der Täter schon lange tot ist. Mir geht es aber trotzdem schlecht, meine Familie leidet mit mir, ich habe trotzdem hohe Ausgaben für Therapien etc., allein die Fahrtkosten dorthin übersteigen langsam aber sehr sicher mein Budget. Tja…
Ich werde nie vergessen, wie ich im Büro der bekannten Anwältin R. L. gesessen bin (sie hat halblange blonde Haare und tritt in der Gerichtssendung Alexander Hold auf. Ich erzählte ihr, dass mir vor vierzig Jahren als Kind ein ehemaliger Nazi-Nervenarzt etwas angetan hat. Sie wollte sich überhaupt nicht damit beschäftigen, redete unaufhörlich auf mich ein, ich solle die Sache vergessen, sie bestand richtig darauf, dass ich alles vergessen solle. Dann sah sie mich von oben bis unten an, ob sie an mir irgendetwas Auffälliges entdecken könne, sie fand aber nichts. Ich sehe ganz normal aus. Daraus schloss sie, ich hätte wohl keine Schäden davon getragen. Wie wenn man das jemandem ansehen könne, welches Leid er/sie durchgemacht hat. Im Übrigen sei alles verjährt. Was sie mir absichtlich verschwiegen hat, war, dass die Verjährungsfrist erst dann anfängt zu laufen, wenn die Erinnerung zurückkehrt. Das Wort „verjährt“ hat sie mit großer Genugtuung ausgesprochen. Ich hatte das Gefühl, dass sie dieses Wort als Schutz angesehen hat. Dann musste sie mir noch unbedingt erzählen, dass sie sich mit anderen Anwälten zum Stammtisch trifft und sie sagte, wenn sie das am Stammtisch erzählen würde, dann hätten alle nur ein müdes Lächeln dafür übrig. Ich bin langfristig und komplex traumatisiert. Ich habe ein ganzes Leben voller Leid hinter mir und da sitzen Anwälte am Stammtisch und lachen darüber. Na ganz toll!!!
Hallo Wilma,
So etwas ist mir auch schon passiert.
Anfangs hielt ich solche Reaktionen für Gedankenlosigkeit, mittlerweile weiß ich, dass häufig Abwehr von negativen Gefühlen, Verunsicherung und eigene Betroffenheit (durch eigene Erfahrungen oder welche im Verwandten- und Freundeskreis) dahinter stecken.
Mittlerweile frage ich auch schon mal den anderen ganz direkt, warum er so reagiert. Das habe ich mir im Laufe der Zeit angeeignet, regelrecht geübt. Ich finde es aber immer noch schwer, die Wut und den Frust in solchen Situationen zu zügeln und nicht die Oberhand gewinnen zu lassen.
Die Anwältin wird davon ausgegangen sein, dass strafrechtlich nichts mehr zu machen ist, folglich für sie auch keine Verdienstmöglichkeit besteht.
Anteilnahme und Respekt hätten ihr aber trotzdem besser gestanden als diese anmaßende Reaktion.
Im Moment geht viel zum Thema „Missbrauch“ durch die Medien.
Eine Idee: Wie wäre es, wenn Sie das, was Sie erlebt haben, genauso anschaulich wie oben aufschreiben und an den entsprechenden Sender schicken. Natürlich ohne Namen zu nennen.
Wenn Sie dann noch darauf hinweisen, dass die Verantwortlichen sich z.B. hier auf dieser Website zum Thema umfassend informieren können, dann wird vielleicht noch was Konstruktives draus. Vielleicht eine nachgestellte Gerichtsverhandlung zum Thema im gut frequentierten Nachmittagsprogramm.
Und auch wenn es „nur“ dazu führen sollte, dass Frau R.L. sich mit ihrer Reaktion ein Eigentor geschossen hat, wäre das doch auch schon was wert.
Alles Gute wünscht
Angelika Oetken, Berlin
@Wilma
Das ist leider sicher kein Einzelfall.
Ich finde soetwas echt zum ko****.
Man sollte wirklich mal alle diese Fälle sammeln, und dann mit allen Namen der daran Beteiligten veröffentlichen.
Wenn das in diesem Stil weitergeht mit der Bagatellisierung, dann dürfte ja bald auch niemand mehr
dieser „Personen“ annehmen, dass das Nazi-Regime mit dem Holocaust negative Folgen hervorgerufen hat.
Die Lobby dieser Betroffenen ist nur größer und voller Energie, was die Verteidigung dieser Angelegenheiten von damals angeht.
Aber es wird sich bestimmt in sehr naher Zukunft so einiges daran ändern.
Ich habe auch so eine Erfahrung machen müssen. Als er vor zwei Jahren begann, sich zu erinnern und sich immer mehr herauskristallisierte, was man mit ihm gemacht hatte, bin ich zur Polizei und zur Staatsanwaltschaft gegangen. Mit mitleidsvollem Blick auf mich, wurden die Schultern gezuckt und mir nur lapidar erklärt, dass die „Sache“, wenn sie denn stattgefunden hätte!!!, längst verjährt sei und mein Lebensgefährte einfach versuchen möge, nicht mehr daran zu denken. Ein Polizist riet mir sogar, mich von meinem Mann zu trennen, wenn er mir durch sein „Verhalten“ meine Lebensfreude nehmen würde. Ich wär ja schließlich noch jung und würde sicherlich bald einen neuen Mann finden.
Ich bin damals weinend aus dem Büro gelaufen.
Ich habe – um mein 20. Lebensjahr herum (1981) – einmal versucht, meinen Nachnamen, der mir von meinem Stiefvater (einer der Täter) nachträglich aufgedrückt wurde, wieder in meinen Geburtsnamen zu ändern.
Der damalige Standesbeamte, dem ich als Grund die Übergriffe durch meinen Stiefvater nannte (was angesichts eines Mannes für mich schon eine Überwindung war!), stellte nur abwehrend und auch abschätzig (wie man nur auf so ein Ansinnen kommen kann) fest, dass das nicht möglich wäre. Man könne Namen „nur aus sehr wichtigen Anlässen“ (!!!!) wie beispielsweise einem stigmatisierenden Namen ändern lassen.
Aber, so der Beamte, ich könne ja bald heiraten und dadurch meinen Namen ändern. (Ist doch schließlich der „normale“ Namenswerdegang einer Frau…)
Das alles ist strukturelle Gewalt, der wir – über die tatsächlichen Übergriffe hinaus – weiterhin tagtäglich ausgesetzt sind – bis heute!!!
ich würde es begrüßen, wenn die Verjährungsfristen für SEXUELLEN wie auch für PSYCHISCHEN Missbrauch nicht verjähren würden! Es dauert in beiden Fällen mindestens 10-15 Jahre bis Opfer verstehen und reden und mindestens 20-25 Jahre bis sie die Kraft haben, aktiv gegen die Täter juristisch vorgehen zu können. Aber dann reiben sich die hiesigen Täter schon längst die Hände ob der abgelaufenen Verjährungsfristen und genießen Ihre 65+ Jahre in der mediterranen Sonne des Südens….
„…genießen Ihre 65+ Jahre in der mediterranen Sonne des Südens…“, wo sie möglicherweise/wahrscheinlich neue Opfer suchen und finden (z.B. in Thailand).
Und eine ganze Gesellschaft findet das „normal“ und sagt nichts dazu.
Mir tut diese Seite so gut, danke Euch für jede Meldung. Danke Norbert Denef, für Deine Veröffentlichung und Deinen Mut. Ich bin von meinem Vater sexuell missbraucht worden. Meine gesellschaftlich wohl angesehenen Geschwister, wissen das und besuchen tüchtig meinen Vater. Ich bin so sehr dafür, dass die Verjährung für diese Taten aufgehoben wird. Bitte unterschreibt Norbert Denefs Klageentwurf.
Grüße Anabell
Wichtig, gans wichtig
alle die das erlebt haben und es so lange Zeit in sich tragen müssen zumindest wissen können das Sie die Täter, wen Sie den eine Aussage machen auch auch durch die Justiz erreichen können.
Ich habe jetzt geredet und weiß das ich Sie nicht belangen kann obwohl noch andere Straftaten anhängig sind die nicht so weit zurück liegen.
http://www.bergedorfer-zeitung.de/bergedorf/article61127/Sie_sollen_wissen_was_sie_mir_angetan_haben.html
Erstaunlich auch nach dem Bericht ist wenig Resonanz da. Doch von meiner Ex Freundin die Frage ob ich mich wichtig machen möchte und mal im Rampenlicht stehn mag.
Diese und weiter Aussagen von Menschen die es nicht erlebt haben sind es das Menschen wie Ich Ihnen nicht vertrauen und so lange schweigen.
Ich wünsche allen die es erlebt haben jeden Mut und tollen Menschen an ihrer Seite das Sie in der Lage sind nach Aussen zutreten und Ihr Leid publik machen.
Lieben Gruß Olaf
Lieber Olaf Kröger,
Gut, daß Sie den Mut und die Überwindung aufgebracht haben, Anzeige zu erstatten.
Wundern Sie sich nicht, wenn Sie kaum offen angesprochen werden auf Ihr „outing“ in der Presse.
Gewalt ist ein fester Bestandteil unserer sexuellen Kultur – ebenso wie die Leugnung und Bagatellisierung gewalttätiger Elemente innerhalb der Sexualität.
Daraus entsteht ein Tabu – denn,wenn über etwas gesprochen wird, ist es auch real. Nur was man nicht ausspricht, kann man weiter verdrängen.
Hinter Ihrem Rücken wird aber sicherlich über Sie gesprochen werden. Das können Sie allerdings nicht kontrollieren.
Wegen einer Therapie – ich kann nur dazu raten. Allein verrennt man sich und/oder dreht sich gedanklich und gefühlsmäßig ständig im Kreis und nur ganz wenige Freunde werden in der Lage sein, so mit Ihnen über das Erlebte zu sprechen, daß Sie was davon haben und der Freund noch ein Freund bleiben kann.
Soweit mir bekannt ist die „Opferhilfe“ in Hamburg sehr seriös und bietet Beratung und Therapie für Erwachsene an.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft und daß Sie angemessene Unterstützung finden.
Angelika Oetken, Berlin
Hallo Olaf,
danke, dass Sie geredet haben, dass Sie den Täter angezeigt haben, dass es diesen Artikel gibt. Nur so wird sich etwas ändern. Nicht entmutigen lassen von Leuten, die das nicht hören können oder wollen. Irgendwann werden auch sie begreifen, dass eine solche Haltung feige ist und einfach nur Hilflosigkeit zeigt.