Scham und Angst
…7000 Unterschriften hat deshalb ein anderes Kirchenopfer, Norbert Denef, inzwischen gesammelt. Mit seiner Initiative will er erreichen, dass die Verjährungsfrist wenigstens zivilrechtlich aufgehoben oder verlängert wird – damit es zumindest einen finanziellen Ausgleich geben kann. Er selbst erhielt vom Bistum Magdeburg nach jahrelangem Streit um eine Schweigeverpflichtung 25 000 Euro Schmerzensgeld, ein bislang beispielloser Fall….
Hallo Norbert,
erstmal freue ich mich, dass im “Spiegel” von heute genauso sachlich und wahrhaftig wie in dem Beitrag oben von Gernot Facius über das Thema “Katholische Kirche und sexueller (Macht)-missbrauch berichtet wurde.
Ich denke, dass Du mit Deinem mutigen und unermüdlichen Einsatz, nicht unwesentlich dazu beigetragen hast, dass Peter Wensierski und seine KollegInnen nicht nur an der Oberfläche gekratzt haben und sondern es ihnen gelungen ist, die Hintergründe zu beleuchten und das eigentlich Problem – was die katholische Kirche angeht – recht genau erfasst und dargestellt haben.
Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen zu diesem Artikel.
Vor allem, dass die Kultur des Verdrängens und Leugnens, die die Kirchenführer und Verantwortlichen aufgebaut haben, von einem anerkannten Nachrichtenmagazin klar und mit etlichen Belegen seziert wurde, ist meiner Einschätzung nach ein Meilenstein, was die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema angeht.
Da die Kirchen über Jahrtausende unser aller Sexualmoral beeinflusst und geprägt haben und somit quasi “stilbildend” waren, weist das, was da jetzt an Aufdeckung und Diskussion läuft, den Weg für weitere Enthüllungen.
Und zwar zum nächsten “dicken Hund”.
Einschub: Kommt das mit den “dicken Hunden” aus dem Märchen “das blaue Licht”? – muss ich noch mal lesen, vor allem, wie der Soldat sich geholfen/gewehrt hat, könnte interessant für uns sein.
Denn der nächste “dicke Hund” ist “Gewalt und Übergriff als Teil der sexuellen (Normal)Kultur” und da ist mit noch größerer Abwehr – und diesmal von weiten Teilen der “normalen” also der gesamten Gesellschaft zu rechnen.
Petra hat das in mehreren Beiträgen mit vielen Belegen und schlüssigen Argumenten ausgeführt.
Ich glaube, dass die Zeit reif ist, solche Diskussionen und wohl auch Kämpfe vermehrt und auf breiter kollektiver Basis zu führen.
Sexuelle Übergriffe, sexuelle Misshandlungen und sexuelle Gewalt sind nur soweit möglich, wie Gesellschaften die Bedingungen dazu schaffen.
Und die scheinen derzeit für “Missbraucher” immer noch günstig zu sein – in Familien, in “Peer-group”, in Jugendeinrichtungen, Sportgruppen, Schulen überall.
Bernd Siggelkow, von der “Arche” Berlin hat das beispielhaft für viele in letzter Zeit häufiger öffentlich angesprochen.
Insofern ist das Thema “sexuelle Übergriffe” raus aus der “pathologischen Schmuddelecke” rein in die gesellschaftliche Normalität gewandert.
“Ganz normal missbraucht” – ich finde den Begriff einfach passend – kann der nicht einer der nächsten Arbeitstitel hier im Forum sein?
Grüße an alle von
Angelika Oetken, Berlin
Der aktuelle Spiegel „Die Scheinheiligen- die katholische Kirche und der Sex“ hat mich schon alleine vom äußeren Erscheinungsbild fast vom Hocker gehauen. Die Frontseite/ das Frontbild ist echt krass, aber sehr aussagekräftig für das was einem in dem Artikel erwartet. Wenn man schon alleine das Frontbild in den Zeitschriftenregalen stehen sieht, kommen sie Appelle die der Artikel weiter ausführt schon in die Köpfe derjenigen, die auf dieses Titelbild blicken. Und rütteln somit auch einige derer wach, die den Artikel nicht weiter verfolgen.
Im ersten Kommentar von Angelika Oetken wurde schon vieles erwähnt… aber was ich besonders noch mal betonen wollte ist die Reaktion, Haltung und Meinung von dem Erzbischof Zollisch. Zitat Spiegel “ bis heute gibt es vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Freiburger Erzbischof Zollisch, kein überzeugendes Wort der Entschuldigung, keine entschiedene Geste der Wiedergutmachung an die Opfer kirchlicher Doppelmoral. Ein Spiegelgespräch lehnte er ab… die Amtskirche möchte die Leiden ihrer Opfer lieber nicht zum großen Thema machen. Sie passen nicht ins Weltbild der Scheinheiligen“
Diese Haltung der Obersten der katholischen Kirche macht mich immer fassungslos… eigentlich würde man ja erwarten, dass die Instanz der Gesellschaft die den Glauben vermitteln möchte, eben die Kirche- mit guten Beispiel voran geht. Und wenn man religiöse Werte vermitteln möchte und von Glauben und Nächstenliebe spricht, sollte die Kirche da auch als ein gutes Beispiel voran gehen. Aber viele Vertreter der Kirche scheinen die Nächstenliebe falsch zu verstehen und leben diese Liebe körperlich aus in Form von Sex im Beichtstuhl und bestimmt noch vieles mehr in einigen anderen Sexformen und auch an weiteren „heiligen“ Orten in der Kirche. In diesem Zuge bringt die Kirche in ihrer Argumentation noch das 6. Gebot an… Zitat Spiegel 06/10 auch noch S.66!!! “ Allerdings weiß sie nicht einmal, wie sie das Verbrechen definieren soll…die Rede ist von einem Verbrechen gegen die Sitten, Hilfsweise wird auch das sechste Gebot („Du sollst nicht Ehebrechen“) zu Rate gezogen- dabei sind die Täter nie und ihre Opfer in der Regel nicht verheiratet“.
Ich hoffe, dass der aktuelle Artikel im Spiegel einiges bewirken wird und dass der Stein endlich ins Rollen kommt, dass mal richtig aufgeräumt wird in unserem gesellschaftlichen und politischen System und zumindest mal die Verjährungsfristen gesetzlich überarbeitet bzw. abgeschafft werden.
Liebe Angelika,
Jau! Jau! Jau! zu deinen hervorragenden Ausführungen!!!
Zur Ergänzung:
Du schreibst: “Gewalt und Übergriff als Teil der sexuellen (Normal)Kultur” –
ich würde mittlerweile soweit gehen zu sagen: “Gewalt und Übergriff als Teil der (Normal)Kultur”.
Dazu Folgendes:
(Zitatanfang): „So fanden etwa Sanday (1981)und Baron und Straus (1987), dass Vergewaltigungen u.a. dort häufiger waren, wo traditionelle Geschlechtsrollen und Arbeitsteilung vorherrschten und Frauen hinsichtlich ökonomischer oder politischer Aspekte benachteiligt waren.“ (Brockhaus & Kolshorn, 1997)
Brockhaus & Kolshorn bieten verschiedene Erklärungen dafür an, warum eine Männergesellschaft sexuelle Gewalt unterstützt. Erstens werden Frauen geringer geschätzt, sie sind weniger wertvoll. Zweitens stellt die traditionelle Arbeitsteilung sicher, dass der weiblichen Sexualität eine Verdinglichung und ein Tauschcharakter zugesprochen wird, d. h. wegen der realen ökonomischen Abhängigkeit vom Mann wird die weibliche Sexualiät zur Ware, die für ökonomische Lebenssicherung und Status von Seiten des Mannes eingetauscht wird.
Das führt dazu, dass Männer die Sexualität ihrer Frauen und Kinder als Eigentum ansehen. Außerdem besitzen Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft weniger Ressourcen, sei es in materieller als auch in ideeler Hinsicht, als Männer. Als Resultat manifestieren sich die Abhängigkeit der Frauen und die Macht der Männer. Überdies verinnerlichen Männer in einer solchen Gesellschaft die bestehende Geschlechterhierarchie in ihrer sexistischen Vorstellungswelt, was sich wiederum auf ihre Einstellungen, Wahrnehmungen und ihr Verhalten gegenüber Frauen auswirkt. (Brockhaus & Kolshorn, 1997)“ (Zitatende; Quelle: Seminararbeit Petra Friedl, Universität Regensburg 2004))
Lieber Herr Denef,
ich habe den Artikel „Die Scheinheiligen – Die katholische Kirche und der Sex“ gelesen und in mir ist so etwas wie ein zaghaftes Hoffen, dass sich endlich etwas tut. Ich wünsche es; wünsche es denen, die leiden, noch nach Jahrzehnten. Denen, die daran zerbrochen sind, wie Daniel und denen, die kämpfen, wie Sie.
Das, was gerade geschieht, ja, freut mich!
Ich wünsche mir sehr, Sie bald einmal kennenzulernen. Wäre das Daniel nur vergönnt gewesen…!!
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Mit lieben Grüßen
G. Pypker
Sehr geehrter Herr Denef,
ich finde es großartig, dass Sie gegen die Verjährungsfrist bei diesen VERBRECHEN in die Öffentlichkeit gehen. Sie haben mir heute in dem Beitrag
bei Brisant, aus der Seele gesprochen. Meine Seele ist als Kind „gestorben“. Ich bin eine Frau die noch heute mit 59 Jahren unendlich leidet. Mir passierte es in der eigenen Familie, ich habe mein Schweigen gebrochen und werde von meiner Familie abgestraft. Ich würde noch heute meinen eigenen Vater anzeigen, aber er weiß es ist verjährt!Er hat mir die Schuld gegeben für sein „TUN“, es ist unvorstellbar und grausam auch noch Schuldgefühle eingeredet zu bekommen!Diese Schuldgefühle lassen Kinder „seelisch sterben“. So kann und darf es nicht mehr weitergehen, der Staat sieht zu es müssen endlich andere Gesetze her!
Herzlichst
G.Voß
Liebe Frau Voß,
ich kann sehr gut verstehen, wie Sie sich fühlen, denn auch ich war ein Opfer von Gewalt in meiner „Familie“, und auch mir wurden immer wieder Schuldgefühle eingeredet, von denen ich mich bis heute noch nicht wirklich befreien konnte. (Ich bin jetzt 46 Jahre alt.) Ich weiß zwar mit dem Verstand, dass die Verbrechen, die an einem Kind begangen werden, NIEMALS die Schuld des Kindes sein können. Dafür ist ganz allein der Erwachsene verantwortlich, der diese Verbrechen begeht. Doch ich fühle mich immer noch schuldig. Diese Schuldgefühle, die Schlafstörungen, die Angstzustände und die schweren Depressionen versuche ich mit Hilfe einer Traumatherapie loszuwerden. Bisher hatte ich 80 Stunden. Jetzt hat meine Krankenkasse mir mitgeteilt, dass nur noch zwanzig Stunden Traumatherapie bezahlt werden können. Das reicht bei weitem nicht aus. Wenn man unter einer „komplexen posttraumatischen Belastungsstörung“ leidet, braucht man eine Langzeittherapie, die 500 bis 700 Stunden dauern kann!
Ich werde jetzt einen Widerspruch an meine Krankenkasse schreiben, und wenn das nicht hilft, werde ich beim Sozialgericht eine Klage einreichen.
Ich bin ein Opfer von Gewalt und bräuchte dringend Hilfe, doch mir werden immer nur Steine in den Weg gelegt. Ich habe sowieso schon wenig Kraft, aber ich muss trotzdem immer weiter kämpfen, kämpfen und kämpfen…
Ich kann Ihnen die Bücher und die Homepage von Alice Miller sehr empfehlen:
http://www.alice-miller.com/index_de.php
Alice Miller erklärt in ihren Büchern und auf ihrer Homepage, welche schlimmen Folgen es hat, wenn Kinder verprügelt werden und / oder unter sexueller Gewalt leiden. Und sie erklärt, warum es so leicht für die Täter ist, einem Kind Schuldgefühle einzureden.
Alice Miller ist übrigens der Meinung, dass es den Opfern nicht hilft, sondern schadet, wenn sie den Tätern verzeihen. Warum das so ist, erklärt sie in ihren Büchern und auf ihrer Homepage.
Die Bücher von Alice Miller kann man in jeder größeren Bücherei ausleihen.
Alice Miller ist bereits 86 Jahre alt, doch sie kämpft immer noch gegen die Verbrechen, die täglich an Kindern begangen werden.
Falls Sie eine Traumatherapeutin suchen, können Sie beim „Deutschen Institut für Psychotraumatologie“ eventuell jemanden in ihrer Nähe finden. Leider gibt es in Deutschland noch nicht so viele Traumatherapeuten.
Das ist der Link zum „Deutschen Institut für Psychotraumatologie“:
http://www.psychotraumatologie.de/index.php?inhalt_mitte=content/therapeuten.inc.php
Ich wünsche Ihnen viel Kraft!!!
Liebe Grüße,
Sylvie Martin
Vielleicht sehe ja nur ich diese Parallelen, aber ich sehe sie:
„hierarchischer Männerclub“ katholische Kirche – Misshandlung von Untergebenen, Schwächeren.
„hierarchischer Männerclub“ Bundeswehr – Misshandlung von Untergebenen, Schwächeren.
„hierarchischer Männerclub“ Gesellschaft – Misshandlung von Untergebenen, Schwächeren.
Soll mir noch eine/r sagen, das alles hätte nichts mit Macht und Gewalt und Männerproblemen zu tun…
Hallo,
offensive, öffentliche Aggression und Demütigung von Schwächeren galt wirklich lange als Zeichen von „Männlichkeit“. Vor allem in Institutionen (eben Militär, Kirche, Parteien, Firmen, im Gesundheitswesen…) sind solche Verhaltensweisen weit verbreitet.
Die Diskussion darum, ob und was davon „anlagebedingt“ männlich sei und was nicht, also „nur“ reaktiv, gelernt, gesellschaftlich entstanden, wird ja sehr leidenschaftlich geführt.
Ich bin da unentschlossen.
Um überhaupt eine Position beziehen zu können, bin ich dazu übergegangen „Mensch“ und „Tat“ voneinander zu trennen.
Eine Veranstaltung von Haim Omer, einem israelischen Familientherapeuten, der mit vollkommen verfeindeten, gewalttätigen Gruppen arbeitet (z.B. im Nahen Osten und in Südamerika) hat mir sehr zu denken gegeben.
Er sagte nämlich, dass das größte Problem sei, dass Menschen dazu neigen zu polarisieren und gleichzeitig ihr eigenes Verhalten entschuldigen („ich kann ja nicht anders, alle machen das so, die wollen das so, wenn die anderen nicht so oder so wären, dann…“).
Dann heißt es „die Männer“, die „Katholiken“, die „Frauen“, die „Jugendlichen von heute“…
Haim Omers Ansatz ist, Familien und Gruppen unerwünschtes Verhalten benennen und ächten zu lassen und zwar durch Konsens. Auch und gerade wenn dazu eine längere – friedliche – Auseinandersetzung nötig ist. Denn dann kommen die Leute ja miteinander ins Gespräch.
Nicht der einzelne Mensch oder eine bestimme Gruppe wird diffamiert und ausgegrenzt, sondern bestimmte Verhaltensweisen werden für unerwünscht erklärt und es werden Sanktionen/Konsequenzen für diese Verhaltensweisen vereinbart. Nicht für den Menschen insgesamt.
Nach dem Motto „In unserem Betrieb wollen wir keine Gewalt“ oder „In diesem Stadtteil gehen alle Kinder gemeinsam zur Schule, niemand wird ausgegrenzt“.
Anstatt „Diese bestimmten Kinder dürfen nicht mehr hier zur Schule gehen“ oder „Männer dürfen hier nicht rein“.
So gerät das Element „Eigenverantwortung“ in den Mittelpunkt und löst die destruktive Pauschalisierung ab.
Also: auch wenn ein „Männerclub“ davon ausgehen sollte, dass „Stärke, Härte, Disziplin“ Kennzeichen der eigenen Männlichkeit und Überlegenheit sind, kann gleichzeitig Übergriffigkeit für unerwünscht erklärt werden. Eines hat nicht zwangsläufig mit dem anderen zu tun.
Mir geht es immer noch häufig so, dass ich denke „oh typisch, natürlich ein Mann, musste ja so kommen…”. Das ist ein alter Reflex aus einer Zeit, in der frau wirklich kaum einem Mann über den Weg trauen konnte.
Aber – ich versuche umzudenken und sehe mittlerweile auch jede Menge weibliche Profiteure dieser gesellschaftlichen Verhältnisse.
„Ich kann nicht mehr arbeiten und euch unterstützen, ich muss für meine Kinder da sein, mein Mann kann in der Firma keine Stunden reduzieren…“.
Ich finde jeder kann anfangen, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen und das darf auch von jedem Menschen erwartet werden.
Die katholischen Kirchenführer waren sich ihrer Sache lange Zeit zu sicher. Sie sind daran erinnert worden, dass nicht alle Menschen sie automatisch für unfehlbar und unangreifbar halten. Und das die Zeiten, in denen der Mann als Ebenbild Gottes automatisch über Frauen und Kindern stand vorbei sind – jedenfalls in unserem Kulturkreis.
Meine Großmutter (Jahrgang 1903) war noch fest davon überzeugt, dass Männer besser und wertvoller als Frauen sind. Ich habe eine ganz andere Position und kann sie auch leben.
Das ist eigentlich schon eine unglaubliche Veränderung in relativ kurzer Zeit – allerdings eben nur in unserem gesellschaftlichen Umfeld.
Ich finde die Entwicklungen der letzten Jahre sehr positiv und ich hoffe, dass dieses Beispiel Schule macht und Politiker, Firmenbosse und Wissenschaftler, die ebenfalls vor der eigenen „Großartigkeit“ innerlich auf die Knie fallen, die gleichen Erfahrungen machen, wie eben die Bischöfe, Kardinäle und eben auch der Papst jetzt gerade.
Hochmut kommt vor dem Fall.
Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
Wer alles außer der Katholischen Kirche noch zu den „Scheinheiligen“ zählt, lässt sich im gleichen SPIEGEL (Nr. 6 v. 8.2.2010; der, der „DIE SCHEINHEILIGEN“ titelte) nachlesen:
„Diese Woche feiert Roman Polanskis neuer Thriller „Der Ghostwriter“ in Berlin Weltpremiere – ohne den Regisseur, der Ende September wegen eines ALTEN SEXUALDELIKTS verhaftet wurde.“ (Hervorhebung durch mich)
Aha: Beim „Starregisseur“ Roman Polanski handelt es sich – nach SPIEGEL-Ansicht – also um ein „altes Sexualdelikt“, was wenige Seiten zuvor bei der Katholischen Kirche (zu Recht!!!) als „sexueller Missbrauch“ angeprangert wird.
Wer ist da (noch) „scheinheilig“????
wer ist da (noch)scheinheilig???
Der Mommon „Geld“???
immer das Fähnchen dort hinwehen lassen, wo es mehr Auflagen verspricht!!!
Da ist der Konsument gefragt, dem entgegen zu wirken.
Einfach die Spiegelausgabe nicht kaufen!!! Film ignorieren!!!
Es muss weh tun, nur dann wirkt es!!!
Hallo,
der „Fall Polanski“ beschäftigt die Menschen sehr und ich finde, daß er absolut typisch ist für den Umgang der Öffentlichkeit mit dem Thema „sexuelle Gewalt“.
Ich plädiere sehr dafür auch bei Herrn Polanski genau zu gucken, auf welcher Grundlage man über ihn urteilt.
Sein geniales Filmschaffen hat erstmal nichts damit zu tun, daß er für einen sexuellen Übergriff auf ein Kind nicht verurteilt wurde.
Ich finde es schlimm, daß seine KollegInnen seine Kunst und sein Privatleben miteinander vermischt haben und vom einen auf das andere schließen.
Aber da mögen auch andere Interessen mit im Spiel sein, z.B. „pädophile“ Gewohnheiten oder verdrängte Mißbrauchserfahrungen bei denen, die sich derzeit laut klagend aus dem Fenster lehnen.
Was ich besonders tragisch finde ist, daß Roman Polanski – als Jugendlicher wurde er selbst mißbraucht – seine Genialität und seinen Einfluß nicht genutzt hat, um etwas für Betroffene zu tun. Auch seine eigene Mißbrauchsgeschichte hätte er mit Hilfe der Filmkunst bearbeiten können.
Man sollte sich einmal vorstellen, welche positive Wirkung es für uns alle hätte, wenn ein derart prominenter Mensch sich dazu bekennen würde, „Betroffener“ zu sein und seine Geschichte veröffentlicht.
Statt dessen hat Roman Polanski in bewährter Manier an einem anderen Menschen wiederholt, was ihm selbst passiert ist.
In meinen Augen eine vertane „Lebens-Chance“.
Statt dessen wird ihm der „Trotzdem-Bär“, den er hier erhalten hat, womöglich immer nachhängen.
Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
Worauf ich hinweisen wollte, ist die Zwiespältigkeit der öffentlichen Darstellungen und Bewertungen – AUCH im SPIEGEL:
In ein und derselben Ausgabe wird sexualisierte Kindesmisshandlung – und zwar jeweils schon länger her – einmal als schwer verwerfliche Tat mit schlimmen Folgen dargestellt (ich sagte schon: zu Recht!!!), das andere Mal als „altes Sexualdelikt“ verharmlost.
Die Doppelmoral lautet (auch) hier: Sexualisierte Kindesmisshandlung ist in der Katholischen Kirche „schweinisch“, bei Künstlern (oder einst selbst Misshandelten oder Vätern mit Problemen…) „nur“ ein „altes Sexualdelikt“, um das man doch jetzt bitteschön kein solches Gewese mehr machen sollte.
Auch der SPIEGEL hat also noch nicht WIRKLICH begriffen, dass JEDER sexuelle Übergriff auf ein Kind sexualisierte Kindesmisshandlung ist! Dass JEDER sexuelle Übergriff auf ein Kind negative Folgen für das Kind hat.
Der SPIEGEL ist ein vielgelesener und anerkannter Meinungsbildner. Es ist fatal, dass diese widersprüchlichen Darstellungen und Bewertungen sexualisierter Kindesmisshandlung und die ebenso widersprüchliche Haltung gegenüber den Tätern/Tätergruppen gerade dort publiziert werden.