Pressemitteilung Katholische Elternschaft Deutschlands (KED)
KED: „Wir müssen jetzt nach vorne schauen!“
Missbrauchsfälle an katholischen Schulen dürfen weder Klischees noch Verdrängung fördern
Bonn, 04. Februar 2010 – Die Katholische Elternschaft Deutschlands (KED) ist
erschüttert über die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg
in Berlin und an anderen katholischen Schulen.
„Jetzt ist nicht die Zeit für Klischeezuweisungen oder Verdrängungsverhalten.“,
sagt dazu die Bundesvorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands
(KED), Marie Theres Kastner MdL. „Nun gilt es, nach vorne zu schauen und
die Enthüllungen zum Anlass nehmen, diese und ähnliche Vorgänge kritisch zu
analysieren und zu überlegen, was sich in der katholischen Kirche ändern muss,
damit solchen Auswüchsen künftig besser entgegengewirkt wird. Hier sind alle
Verantwortlichen in den kirchlichen Institutionen und Verbänden gefragt.“
Das vorbildliche Verhalten von Persönlichkeiten wie Pater Mertes, Rektor am
Canisius-Kolleg, und die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen
bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche zeigten, dass
sich die Kirche ihrer Verantwortung stelle.
Kastner betont: „Die KED will hierzu ebenfalls ihren Beitrag leisten. Für uns als
Katholischer Elternverband bedeutet dies, in den Dialog zu treten mit katholischen
Schulen, Eltern und Expertinnen und Experten innerhalb und außerhalb
der Kirche, um Initiativen zur Aufarbeitung, Hilfe und Prävention auf den Weg
zu bringen. Wir wollen den Eltern Mut machen, trotz möglicher Ängste und
Tabus couragiert für den Schutz ihrer Kinder einzutreten.“
Katholische Elternschaft Deutschlands (KED)
Am Hofgarten 12
53113 Bonn
Tel.: 0228 – 65 00 52
Fax: 0228 – 69 62 17
brauckmann@katholische-elternschaft.de
www.katholische-elternschaft.de
Quelle:
Liebe Katholische Elternschaft Deutschlands (KED),
schämen Sie sich eigentlich nicht, solch einen Kommentar abzugeben, nach all dem, was in den letzten Tagen über die JAHRELANGE, JAHRELANG VERSCHWIEGENE (bzw. UNTER DEN TEPPICH GEKEHRTE) und VIELE, VIELE OPFER ZURÜCKLASSENDE Handlungen innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland bekannt geworden ist???
Seit Jahren kämpfen Betroffene um Gehör bei der katholischen Kirche, seit Jahren wissen INNERHALB der katholischen Kirche VIELE, dass es solcherart „Probleme“ gibt (und zwar nicht als „fehlgeleitete Einzelfälle“, sondern von kirchenintern weitergereichten Wiederholungstätern in nennenswerter Zahl verübt!), seit Jahren liefert die katholische Kirche Kinder GNADENLOS ihren Peinigern aus – UND SIE KOMMEN JETZT DAHER UND WOLLEN „NACH VORNE SCHAUEN“????!!!!
SCHÄMEN SIE SICH EIGENTLICH NICHT????!!!!
Schämen Sie sich eigentlich nicht, sich jetzt auf EINEN EINZIGEN verantwortungsbewussten Pater/Rektor zu berufen, nachdem offensichtlich ist, WIEVIELE jahrzehntelang weggeschaut haben????
Schämen Sie sich nicht, ernsthaft zu behaupten, die „Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche zeigten, dass
sich die Kirche ihrer Verantwortung stelle“??????
Und treibt es Ihnen nicht vollends die Schamesröte ins Gesicht, so zu tun, als hätten diese „Leitlinien“ irgendeinen nennenswerten Einfluss auf das, was da in der katholischen Kirche (übrigens weltweit, nicht nur in Deutschland!!) geschah und weiter geschieht??
Sind Sie im Bilde, wie lange es diese „Leitlinien“ schon gibt??? Können Sie EINEN betroffenen Canisius-Schüler benennen, dem diese „Leitlinien“ geholfen haben? Können Sie überhaupt irgendwelche Beispiele benennen, in denen deutlich wird, dass diese „Leitlinien“ Taten verhindert, Opfer geschützt und später rehabilitiert hätten??
Oder ist es nicht eher so, dass das ganze ein Feigenblatt ist, hinter dem sich die katholische Kirche seit Jahren versteckt – und dabei SEHENDEN AUGES die Kinder und Jugendlichen ihrem Schicksal überlässt!!
Selbst jetzt noch sieht die Oberste Vertretung der Katholiken „die Bitte um Entschuldigung, wie sie der deutsche Jesuiten-Chef Dartmann vorgebracht hat, als umfassend an“, und glaubt, damit wäre die Sache erledigt!!
Wissen Sie überhaupt, wovon Sie da sprechen?? Wissen Sie, was „umfassend“ in diesem Zusammenhang bedeuten müsste???
Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, was es bedeutet, als Kind (!!!) jahrelanger sexualisierter Gewalt, ausgeübt durch einen überlegenen Erwachsenen (!!!), ausgeliefert zu sein?? Haben Sie eine Vorstellung von der Angst, der Scham, der Verwirrung, der Bedrängnis, dem Gefühl des Alleingelassenseins, die diese Erlebnisse für ein Kind bedeuten??
Haben Sie eine Vorstellung davon, was es bedeutet, als Kind (!!) erleben zu müssen, wie einem „der Himmel auf den Kopf fällt“, dass plötzlich all das, was Ihnen bisher Orientierung gab, was Ihnen an Werten, an Weltordnung, an Sicherheit, als Lebensrahmen vermittelt wurde, plötzlich in sich zusammenfällt?? Plötzlich nicht mehr gilt?? Plötzlich die Menschen, die mich eigentlich schützen, umsorgen, erziehen sollen, zu meiner größten Gefahr werden??
Nein, das haben Sie nicht, denn sonst könnten Sie solch eine Pressemeldung nicht veröffentlichen. Aber was noch schlimmer ist: Sie haben noch nicht einmal heute den Mut, sich wirklich den Opfern und ihrem schweren Leid zuzuwenden. Sie wollen auch heute noch nicht wissen, was es wirklich bedeutet, sexuell misshandelt worden zu sein.
Sie verstecken sich hinter Pater Mertes und politisch korrekten Worten auf Papier, niedergeschrieben zum Schutz der Täter und ihrer Organisation, und nicht zum Schutz der Kinder und Jugendlichen.
Jede und jeder von uns Betroffenen würde liebend gerne in seinem Leben nurmehr „nach vorne schauen“. Aber das haben uns die Verbrecher (sexuelle Kindesmisshandlung ist eine Straftat!!) nun mal für immer vereitelt.
Uns bleibt nichts anderes übrig, als mit unserem schweren Schicksal, unseren Ängsten, unseren Schlafstörungen und Alpträumen (auch nach 20 und 30 Jahren!!!), unseren Erinnerungs-Attacken, unseren Depressionen, unseren chronischen Erkrankungen, unseren Essstörungen, unseren Beziehungsstörungen, unserem Misstrauen gegenüber anderen Menschen und dem Leben als Ganzem irgendwie zurechtzukommen.
„Was sich in der katholischen Kirche ändern muss,
damit solchen Auswüchsen künftig besser entgegengewirkt wird“, fragen Sie. Wenn Sie diese Frage wirklich ernst meinen, lautet meine Antwort: ALLES.
Sehr geehrte Elternschaft Deutschlands (KED)
Sie müssen nicht nach vorne schauen. Ratsam wäre vielmehr, in die Vergangenheit zu blicken und endlich daraus zu lernen.
In anderen geschichtlichen Ereignissen wird das gerade in Deutschland immer wieder getan. Oder wagt sich irgendjemand, hinsichtilich der Verbrechen an die Juden im dritten Reich lautstark zu puplizieren: „wir müssen nach vorne schauen?“ Nein, zur Bewältigung von Vergangenheit und noch weiter aktuellem Problem gilt es, explizit hinzusehen, nach vorne schauen heißt in diesem Zusammenhang nichts anderes als wegzuschauen. Das, was Betroffene jahrelang gewohnt waren und es immer noch sind…alle sahen einfach weg. Sie machen es sich sehr einfach? Würden Sie dasselbe sagen, wenn Ihr eigenes Kind sexuell missbraucht worden wäre??? Denken Sie darüber nach und Sie werden nie mehr so banal und gedankenlos solche Aussagen äußern.
Eine von den x – tausenden Betroffenen, die nicht nach vorne sehen kann, weil Ihr ganzen Leben durch diese gewalttätigen Mißbräuche aus den Bahnen geriet!!!! Nennen Sie, was es ist! Seelenmord – und es handelt sich hier schlicht und ergreifend um TÄÄÄÄTER!!! Dem missbrauchten Kind ist es ziemlich egal, ob das ein geistlicher Täter oder ein profaner ist. Die Tat ist die selbe. Seelenmord!
Hallo,
ich bin heute von jemandem, der sich ganz intensiv und sachlich mit dem Thema „sexuelle Übergriffe und katholische Kirche“ beschäftigt, gefragt worden, warum denn die Beteiligten (er meinte vor allem die Eltern, deren Kinder an katholischen Schulen unterrichtet werden oder in Gemeinden sind, an denen übergriffige Personen sind oder waren) sich die Taktiererei und Bevormundung der katholischen Kirche überhaupt gefallen lassen.
Ich dachte – eigentlich eine sehr gute Frage – vielleicht führt es weiter, darüber nachzudenken.
Im Laufe des Nachmittags fiel mir dann nach einigem Überlegen eine recht einfache Antwort ein – „weil sie es so gewöhnt sind“.
„Religion“ oder „Spiritualität“ – „Glauben“ ist ein emotionales Bedürfnis. Für viele Menschen gehört es seit frühen Kindertagen zu ihrem Leben dazu. Gewohnheiten, Überzeugungen, Rituale geben Sicherheit, eine Gemeinde kann Geborgenheit schenken.
Besonders Menschen, die etwas brauchen, an dem sie sich orientieren oder worauf sie hoffen können – aus welchen Gründen auch immer – fühlen sich zu Spirituellem hingezogen.
Manche nennen solche Bedürfnisse „regressiv“, was soviel wie „Rückkehr in die kindliche Gefühlswelt“ bedeutet.
Diese spirituellen und emotionalen Bedürfnisse werden momentan durch die Berichterstattung über die Realität der Institution Kirche bei diesen Menschen in Frage gestellt.
Ich kann mir vorstellen, dass die „Gläubigen“ nun geradezu verzweifelt nach neuer „Rettung“ suchen, sozusagen ihr positives Kirchenbild wiederherstellen müssen, um sich wieder geborgen und sicher zu fühlen.
Nach gewohntem Muster geben sie wieder Verantwortung an die Kirche ab – diesmal an Menschen wie Pater Mertes, die vertrauenserweckend wirken und andere, die integer genug erscheinen, um den „Retter“ glaubwürdig verkörpern zu können.
Das hat überhaupt nichts mit Intelligenz zu tun, sondern zeigt, wie sehr diese Menschen, z.B. die VertreterInnen des KED an „das Gute in der Kirche“ glauben wollen.
Mich erinnert das an Diskussionen, die ich mit „staatstreuen“ Ex-DDRlern geführt habe, die ebenfalls „glauben“ wollten – wider besseres Wissen.
Oder an Menschen, die fest an die Treue und Liebe ihres Partners glauben wollen – auch wenn sie gerade erfahren mussten, dass der sie getäuscht, belogen und ausgenutzt hat.
Oder Leuten, die den „Kapitalismus“ für die einzig denkbare menschliche Wirtschaftsform halten.
Ich gehe mittlerweile davon aus, dass diese Menschen bestimmte Werte automatisch auf Institutionen, Staaten, Ideen oder andere Menschen projizieren.
Sie wollen mit aller Macht glauben, auch wenn sie eigentlich die Wahrheit wissen.
Deshalb sollte es von einem Staat als pragmatischem Gefüge nicht unterstützt werden, dass Glaubensgemeinschaften sich institutionalisieren. Solche Institutionen wie „Kirche“ leben davon, dass Menschen irrational handeln. Und auch so handeln wollen.
Wenn sie gleichzeitig „weltliche“ Ziele verfolgen, kann das niemand mehr voneinander trennen. Machtmissbrauch ist vorprogrammiert.
An sich könnte sonst jeder esoterische Club auch für sich beanspruchen, die gleichen Rechte in unserem Staat zu bekommen wie die Kirchen.
Grüße von
Angelika Oetken, Berlin