Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde gegen den Bericht der «Liberté» über den sexuellen Missbrauch eines Onkels an zwei Neffen zurückgewiesen. Die beiden Beschwerdeführer hatten geltend gemacht, die Angaben über den Täter – «ein in Fribourg wohnhafter 80-Jähriger Patriarch aus guter Gesellschaft» – ermöglichten es, Täter und Opfer zu identifizieren. Zudem hatten sie sich daran gestört, dass der Bericht Einzelheiten des sexuellen Missbrauchs beschrieb.
In einer Stellungnahme wies der Chefredaktor der «Liberté» darauf hin, es gebe rund 3500 80-Jährige in Fribourg; ausserdem sei die «gute Gesellschaft» ein sehr weit gefasster Begriff. Der Presserat hat sich in seiner am Dienstag veröffentlichten Mitteilung dieser Auffassung angeschlossen: Der Hinweis auf den sozialen Status des Täters weise darauf hin, dass sexueller Missbrauch in allen Gesellschaftsschichten vorkomme. Die im Zeitungsartikel enthaltenen Informationen hätten es Dritten ausserhalb des näheren Umfelds der Betroffenen kaum ermöglicht, den Täter und/oder die Opfer zu identifizieren.
Im Übrigen ist der Presserat der Ansicht, dass in entsprechenden Berichten genauere Angaben über den sexuellen Missbrauch notwendig sind, um der Leserschaft zu vermitteln, was der Täter seinen Opfern angetan hat. Bei Fällen von sexuellem Missbrauch komme dem Opferschutz zwar ein hoher Stellenwert zu. Wichtig sei aber auch, dessen Tragweite aufzuzeigen. Deshalb hätten auch unanständige, verletzende Beschreibungen ihren Platz in solchen Berichten.
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