Regierung will Kinder besser vor sexueller Gewalt schützen – Gesetzentwurf 2010 geplant
Der Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung wird entsprechend der Koalitionsvereinbarung unter der neuen Bundesregierung weiterentwickelt. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung vom 16.12.2009 hervor (BT-Drs. 17/251), die diese auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hin abgab (BT-Drs. 17/92). Danach will die Regierung Mitte 2010 ein entsprechendes Gesetzesvorhaben ins Bundeskabinett einbringen. «Damit sollen Maßnahmen umgesetzt werden, die in Nachfolge des III. Weltkongresses gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im November 2008 in Rio de Janeiro entwickelt wurden.»
Regierung sieht Ziele des Aktionsplans von 2003 erreicht
Die Bundesregierung habe zusammen mit Nichtregierungsorganisationen zahlreiche konkrete Maßnahmen in den Zielbereichen des Aktionsplans von 2003 zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung erreicht, heißt es in der Antwort weiter. Zielbereiche seien unter anderem der rechtliche Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt sowie die Stärkung der Prävention und der Ausbau der Beratungs- und Hilfeangebote. «Der Sachstandsbericht vom November 2008 enthält hierzu detaillierte Informationen», schreibt die Regierung, die mehrere Fragen von Bündnis 90/Die Grünen jedoch nicht beantwortet. «Die Überlegungen hierzu sind innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen», lautet die Antwort bei zahlreichen Punkten.
Kein Bedarf für eigenen «Lagebericht Kinderhandel»
Im Hinblick auf die von den Fragestellern zitierten Forderungen zahlreicher Fachverbände, einen «Lagebericht Kinderhandel» zu erstellen, sieht die Regierung keinen Bedarf, «da dieser Bereich durch das bereits bestehende Bundeslagebild «Menschenhandel» mit abgedeckt wird. » Dies entspreche auch der Beschlusslage der polizeilichen Bund-Länder-«Kommission Kriminalitätsbekämpfung» (KKB). «Zudem waren die bekannt gewordenen Opferzahlen der unter 14-jährigen in der Vergangenheit äußerst gering und daher für die Erstellung eines eigenen Lagebildes nicht aussagekräftig», schreibt die Regierung und listet auf: «Im Jahr 2005 konnten lediglich drei, 2006 keine, 2007 sieben und 2008 zwanzig Kinder als Opfer festgestellt werden. Der Anstieg im Jahr 2008 resultiert aus einem Ermittlungsverfahren in Berlin mit insgesamt 16 Opfern.»
Ausbildungsprogramme des Bundes behandeln Problemkreis der sexuellen Gewalt gegen Kinder
Die Thematik der sexuellen Gewalt und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen werde in den Aus- und Fortbildungsprogrammen des Auswärtigen Amts für den Rechts- und Konsularbereich im Rahmen der dafür relevanten Rechtsgebiete (beispielsweise Versagungsgründe in Visaverfahren) behandelt, heißt es weiter. Die Thematik werde in der Ausbildung außerdem im Kontext «Vereinte Nationen/Menschenrechte» angesprochen. Zudem sei das Thema der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern Gegenstand der polizeilichen Aus- und Fortbildung. «In dem aktuellen Studienplan des Bachelorstudienganges der Fachhochschule des Bundes, der seit dem 01.10.2009 eingerichtet ist, ist die kommerzielle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen in wiederkehrenden Modulen Gegenstand der Ausbildung», schreibt die Regierung.
Quelle:
http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?docid=296064&docClass=NEWS&site=Beck%20Aktuell&from=HP.10
„Regierung will Kinder besser vor sexueller Gewalt schützen“ lese ich – und merke, wie sich mein Herzschlag erhöht, Hoffnung aufkommt: Merken sie also langsam, dass etwas grundlegend schief läuft in unserem Land??!!
Doch dann lese ich weiter:
«Aktionsplan weiterentwickeln» (also einen Aktionsplan von 2003; wer in den vergangenen 6 Jahren etwas davon bemerkt hat, bitte melden!!)
Die Bundesregierung glaubt «zahlreiche konkrete Maßnahmen in den Zielbereichen des Aktionsplans von 2003 zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung erreicht» zu haben (Frage: WO SIND DIE KONKRETEN, SPÜRBAREN AUSWIRKUNGEN der „zahlreichen konkreten Maßnahmen“???)
Die Bundesregierung sieht «keinen Bedarf» für einzelne konkret angefragte Maßnahmen, dass sie ja sowieso schon an anderer Stelle «mit abgedeckt» werden. (Aha!)
Auch bei der Polizei ist das Thema „natürlich“ Gegenstand der Aus- und Fortbildung (hat da jemand Zweifel dran? Nein. Hat es Auswirkungen auf die konkrete polizeiliche Arbeit, bzw. Umgang mit kindlichen Opfern von Gewalt? Nein. Oder jedenfalls zu wenig.)
Und warum sollte man sich auch groß drum kümmern?: «Im Jahr 2005 konnten lediglich drei, 2006 keine, 2007 sieben und 2008 zwanzig Kinder als Opfer festgestellt werden.»
Na dann kann das ja kein soooo großes Problem sein. „Wir haben schließlich auch noch andere Sorgen!“
Im Ernst:
Ich weiß nicht, ob meine Lebensdauer reicht, um noch zu erleben, dass Wissen wirklich bis in die politischen Ebenen gelangt. Konkreter: in Gesetze zum Schutz von Kindern in dieser Gesellschaft (und natürlich weltweit) fließt.
Mal ganz abgesehen davon, dass das ja dann immer noch nicht heißt, dass sich an diese Gesetzt gehalten wird. Papier ist geduldige und uralte scheinbare Rechte Erwachsener gegenüber Kindern nahezu unausrottbar. Oder welcher Täter kümmert(e) sich bis heute um das Gesetz? Verboten ist sexuelle Gewalt gegen Kinder meines Wissens nach schon länger…
In der öffentlichen und politischen Debatte wird beim Thema „sexuelle Gewalt gegen Kinder“ auch gerne schnell ins Ausland gegangen: „Ja, dort, ganz weit weg, bei den Hottentotten, JA, DA GIBT ES SCHLIMME SEXUELLE GEWALT GEGEN KINDER“ (Kinderhandel, Kinderprostitution, Kinderheirat …), aber doch nicht bei uns, ich bitte Sie!! In so einem aufgeklärten, gebildeten Land! Klar gibt es Einzelfälle (s. o.), aber gegen die gehen wir doch vor. Schließlich entwickeln wir den Aktionsplan doch weiter! Was wollen Sie denn noch??!!“
Vielleicht:
sollten wir das Datum „Mitte 2010“, zu dem die Regierung „ein entsprechendes Gesetzesvorhaben ins Bundeskabinett einbringen will“ dennoch im Auge behalten. Und zwar für unser Anliegen, die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung aufzuheben.
Also: Druck aufbauen, Abgeordnete anschreiben, mobilisieren, wer zu mobilisieren ist, den politisch Verantwortlichen aktuelle Informationen zukommen lassen, aufhören zu schweigen…
Wer weiß: Vielleicht hilfts ja? Schließlich ist die Mauer auch irgendwann gefallen – auch wenn keiner mehr daran geglaubt hat…
Zitat:
Anfrage Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 27.11.2009
5. Welche Verbesserungen plant die Bundesregierung, um den kindlichen und
jugendlichen Opfern von sexueller Gewalt und Ausbeutung geeignete Hilfe
mit dem Ziel ihrer vollständigen sozialen Wiedereingliederung und ihrer
vollständigen physischen und psychischen Genesung zu gewährleisten?
Antwort
der Bundesregierung am 16.12.2009
Die Überlegungen hierzu sind innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen.
Zitatende (Quelle: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/002/1700251.pdf)
Möge es uns gelingen, der Bundesregierung bei ihren Überlegungen behilflich zu sein – solange, bis die Opfer von sexualisierter Gewalt nicht mehr per Gesetz schweigen müssen.
Hoffnungsvolle Grüße
Norbert Denef
In Deutschland wurden laut Bundeskriminalamt im Jahr 2008 15.098 Sexualdelikte gegenüber Kindern (nach §§ 176 = Person unter vierzehn Jahren) begangen und zur Anzeige gebracht.
Experten schätzen die Dunkelziffer jedoch mindestens zehnmal so hoch.
Das heißt (MINDESTENS) 150.980 Sexualdelikte an Kindern im Jahr 2008. In Deutschland.
Das heißt, alle 3,5 Minuten wurde 2008 in Deutschland einem Kind unter 14 Jahren sexualisierte Gewalt angetan.
Sexueller Missbrauch ist eine Wiederholungstat.
Meist erstreckt sich der Missbrauch über Wochen, Monate, Jahre.
Laut verschiedenen Untersuchungen liegt der Anteil der missbrauchten Mädchen bei 75 bis 80 Prozent, der Anteil der Jungen bei 20 bis 25 Prozent.
Rund 95 Prozent der Täter sind Männer, 5 Prozent Frauen.
Nur bei etwa 5 Prozent der Fälle ist der Täter der berühmte “fremde Mann”.
Die Täter sind Väter, Stiefväter, Freunde der Mutter, Großväter, Cousins, Onkel, Brüder, Babysitter, Erzieher, Pfarrer, Gruppenleiter, Sporttrainer, Bekannte, Freunde der Familie usw.
Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:
“Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.”
Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:
“Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.”
Artikel 7 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:
“Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz.”
Was also soll eine “Weiterentwicklung” eines “Aktionsplans” zum “Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung”, wenn für viele Kinder pro Jahr in Deutschland schon bisher die allgemeinen Menschenrechte nicht gelten, bzw. nicht eingehalten werden??
“Weiterentwicklung” von was???
“Weiterentwicklung” wohin????
@Petra
Alles ganz richtig, was du da schreibst, finde ich.
Was sollen die Weiterentwicklungen, wenn man sie am Ende doch nicht umsetzt, fragst du zu Recht.
Die Antwort darauf ist recht simpel.
Sie wollen im Grunde etwas Vorzeigbares in der Hand haben, womit sie dann belegen können, dass sie nicht tatenlos zusehen.
Sie wollen sich quasi „von einer unterlassenen Hilfeleistung freisprechen“ – man will ganz einfach keine Schuld haben an dem Leid der Betroffenen.
Dass die dazu geschaffenen bisherigen Gesetzesgrundlagen nur auf dem Blatt Papier stehen und oft nicht hinreichend eingehalten werden, sieht man an dem Ergebnis der Petitions-Ablehnung ganz deutlich. Und das ist nur ein Beispiel dazu.
Es gibt noch viel zu tun, und das gerade trotz der Weltwirtschaftskrise. Denn gerade in Krisen-Zeiten hat
eine Verletzung der Menschenrechte Hochkonjunktur in fast allen Bereichen.
Deswegen ist sofortiges Handeln seitens der Haupt-Verantwortlichen absolut notwendig.
Denn die langfristigen, gesamtwirtschaftlichen finanzielle und gesellschaftliche Schäden durch derartige Verbrechen sind längst wohl jedem bekannt.
Und darüber braucht eigentlich auch gar nicht erst jahrelang geforscht werden. Alle dazu notwendigen Ergebnisse liegen doch längst vielfach vor.
Es erweckt auch fast den Eindruck, dass diese ständigen wiederholten Forschungen auch wohl der Aufschiebung von Veränderungen dienen.
Man könnte JETZT sofort handeln und verändern, wenn man es wirklich wollte. Da dies aber nicht geschieht, will man das ganz offensichtlich nicht.
Wer soll das verstehen bei dieser Thematik?
Hallo Hubert,
„Sie wollen sich quasi “von einer unterlassenen Hilfeleistung freisprechen” – man will ganz einfach keine Schuld haben an dem Leid der Betroffenen.“ – sehe ich genauso!
„Denn die langfristigen, gesamtwirtschaftlichen finanziellen und gesellschaftlichen Schäden durch derartige Verbrechen sind längst wohl jedem bekannt.“ – das glaube ich noch nicht!
UNS Betroffenen dämmert langsam (oder schnell), was Traumatisierungen durch sexualisierte Gewalt in der Kindheit für Folgen hat, und welche Kosten dadurch auf ganz unterschiedlichen Ebenen (Gesundheitswesen, Arbeitswelt, Sozialversicherungssysteme, Strafverfahrenskosten, etc. – von den „Kosten“ jedes Lebens von uns Betroffenen mal ganz zu schweigen!) entstehen.
Für die meisten „da draußen“, die sich mit dem Thema überwiegend über die Sensationspresse beschäftigen (Kampusch, Fritzl…), ist dieses Wissen noch galaxienweit entfernt. NOCH.
Ich glaube daran, dass, je mehr die jüngeren Forschungsergebnisse hinsichtlich der Folgen ins Bewusstsein kommen, und je mehr wir Betroffenen uns das Internet zur Vernetzung nutzbar machen, desto eher kommen auch diese Fragen nach den Kosten ins „öffentliche“ Bewusstsein.
Ob sich deshalb dann wirklich Grundlegendes ändert, bleibt dennoch fraglich, denn Gewalt und Verfügen über andere Menschen ist so sehr in unsere gesellschaftliche Kultur eingewoben, dass ich wenig Hoffnung habe, dass sich da wirklich schnell was verändern lässt. Wenn überhaupt.
Und gerade vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise – ergo der weiteren Verschuldung; ergo zukünftig geringerer Mittel für beispielsweise Umstrukturierung der Systeme, Hilfsangebote für Betroffene, etc.; ergo zukünftig noch mehr „Steinzeitverhalten“ („Hauptsache ICH“) – sehe ich für die Zukunft (was die Einsichtsfähigkeit betrifft) eher schwarz.
Hallo Herr Del-Conte,
was passiert, wenn man in Deutschland einen Volksentscheid herbeiführen will, daß kann man ja gut anhand der Geschichte von Herrn Denefs Petition ablesen.
Weil sie in Deutschland abgelehnt wurde, hat er ja jetzt diese Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof formuliert und sammelt dafür Unterschriften.
Im Moment hat „die Politik“ offenbar Angst, daß Deutschland zusammenbricht, wenn man die verantwortlichen Institutionen zur Verantwortung zieht, das hieße konkret zur Kasse bittet.
Ich bin davon überzeugt, daß genau das Gegenteil eintreten würde.
Erlittenes Unrecht, das öffentlich im Gerichtsverfahren anerkannt und so weit dies überhaupt möglich ist entschädigt wird, wirkt stabilisierend auf den Betroffenen.
Sofern gewährleistet ist, daß die Kläger vor Gericht angemessen und respektvoll behandelt werden.
„Stabilisierung“ bedeutet für einen traumatisierten Menschen immer auch, daß er die Kraft und den Mut findet, sich auch psychisch, physisch und mental zu „ent-schädigen“. Im besten Falle führt es zu funktioneller Gesundung.
Im Minimum hat der Betroffene endlich einmal etwas mehr Geld, was er ausgeben kann.
Und für die sozialen Dienstleister, zu denen die kirchlichen Einrichtungen ja auch gehören, wäre so etwas ein deutliches Zeichen – wer keine Prophylaxe betreibt und seine Geschäfte nicht ordentlich führt, muß für die Folgen haften.
Das könnte helfen, ein wenig von dem Vertrauen in die Politik und die Institutionen, das viele Menschen und damit auch WählerInnen angesichts der Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten verloren haben, zurückzugewinnen.
Wer glaubt, daß sie/er „trotzdem“ gewählt wird, soll weitermachen wie bisher.
Angelika Oetken, Berlin
„Kindesmissbrauch durch Richter, Politiker und Staatsanwälte im Schutze de Maizieres Die Kriminellen schleusten Kinder und Jugendliche aus den östlichen Nachbarstaaten nach Sachsen und stellten sie ihren politischen Gönnern in Bordellen zur Verfügung. Polizeiliche Ermittler wurden kaltgestellt, oder in die Taten einbezogen. Das Geschäft auf Gegenseitigkeit diente der Vertuschung schwerster Kapitalverbrechen. (…) Danach sollen im Vogtland um Plauen und Zwickau weitere rund 100 Personen ins Visier der Ermittler geraten sein. Zur Hälfte sollen sie den Bereichen Polizei und Justiz angehören. … machten sich Staatsanwälte, Richter und andere öffentlich Bedienstete erpressbar, weil ihnen kleine 8-12 jährige Zigeunerkinder zugeführt und zur Prostitution gezwungen wurden.“
Quelle:
http://www.focus.de/politik/deutschland/kinderprostitution-ist-nur-ein-nebenschauplatz-sexuelle-ausbeutung-kommentar_5057447.html