Vier Jahre und zwei Monate für sexuellen Missbrauch
SÜDLICHE ORTENAU/FREIBURG. Mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten hat das Landgericht Freiburg gestern den sexuellen Missbrauch und die Vergewaltigung eines zehnjährigen Kindes aus der südlichen Ortenau geahndet. In dieser Strafe enthalten ist auch der unerlaubte Besitz von über 5500 gelöschten kinderpornografischen Bilddateien, die Fahnder auf dem Rechner des Angeklagten sichtbar gemacht hatten.
Mit der Tat des 33-jährigen Arbeiters ist für das Kind und seine Eltern im vergangenen Sommer ein Alptraum wahrgeworden. Das Kind war auf dem Heimweg vom Sport auf einem Feldweg von dem Angeklagten angesprochen und unter dem Vorwand, dass er dringend Hilfe für ein paar Hundewelpen brauche, in ein Maisfeld gelockt worden. Dort verging er sich an dem Kind. Das fürchtete unterdessen um sein Leben. Nach der Tat brachte es der 33-Jährige zum Feldweg zurück. Das Kind offenbarte sich sofort seiner Mutter, die ohne Zögern die Polizei informierte.
Auf Grund der guten Beobachtungsgabe des Kindes geriet insbesondere ein Mann rasch in das Visier der Fahnder. Zum einen passte die Beschreibung auf ihn, zum anderen war er schon von Verantwortlichen eines Jugendzentrums gebeten worden, sich nicht mehr in dessen Nähe aufzuhalten. Der 33-Jährige war aufgefallen, weil er immer wieder Anschluss an Jugendliche gesucht hatte.
Vier Tage nach der Tat reichten die Indizien für eine Festnahme des 33- Jährigen, der noch am selben Tag den sexuellen Missbrauch zugab. Vor Gericht schilderte er die Tat als eine Art Wiederholung eines selbsterfahrenen Missbrauchs in seiner Kindheit. „Hier ist ein Opfer zu einem Täter geworden“, meinte deshalb sein Verteidiger Claus-Peter Hildbrand und plädierte für eine Bewährungsstrafe.
Pädophile Neigungen konnte oder wollte der Angeklagte vor Gericht nicht eingestehen. Dabei spricht die riesige Menge der auf seinem Rechner von Computerfachleuten der Polizei wieder sichtbar gemachten kinderpornographischen Bilddateien eine deutliche Sprache. Der Angeklagte behauptete, dass er diese Dateien ohne sein Wissen von einem Tauschpartner übermittelt bekommen und nach dem Entdecken sofort gelöscht habe. Das haben ihm am Ende weder das Gericht noch die Staatsanwältin Novak abgenommen. Sie hatte zur Ahndung der Taten fünf Jahre und acht Monate Haft gefordert.
Erfolg hatte die für das Kind als Nebenklägerin auftretende Anwältin Simone Hogenmüller. Auf ihre Anträge hin verurteilte die von Wolfgang Schmidt-Weihrich geleitete Zweite Große Strafkammer den Angeklagten zu einer Schmerzengeldzahlung von 6000 Euro zugunsten des Kindes.
Des weiteren stellte das Gericht fest, dass der Angeklagte auch in Zukunft für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden der Tat finanziell gerade stehen muss. Er muss auch die Kosten der Nebenklage bezahlen. Sein Computer, auf dem die Kinderpornographie gefunden wurde, ist vom Gericht als Tatmittel eingezogen worden.
Quelle:
Hallo,
auch wenn vier Jahre und zwei Monate Gefängnis in Anbetracht der Tat(en) nicht viel sind –
der zweite und dritte Teil der Strafe wird sich hoffentlich herumsprechen:
Schmerzensgeld (wobei auch 6000 Euro vergleichsweise lächerlich sind)
und
Zitat :
„Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass der Angeklagte auch in Zukunft für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden der Tat finanziell gerade stehen muss. Er muss auch die Kosten der Nebenklage bezahlen. Sein Computer, auf dem die Kinderpornographie gefunden wurde, ist vom Gericht als Tatmittel eingezogen worden“
Zitatende
Für Leute, die finanziell was zu verlieren haben, ist so was ein Zeichen. Und wenn’s nur Omas klein Häuschen ist oder – für viele Menschen schlimmer – das eigene Auto !!!
Dass der Täter davon ausgeht, dass Folgendes die Strafe mildert, zeigt, wie es um seinen Charakter steht und welche Normen ihm offenbar von seiner Umwelt und den Medien vermittelt wurden:
Zitat
„Vor Gericht schilderte er die Tat als eine Art Wiederholung eines selbsterfahrenen Missbrauchs in seiner Kindheit. “Hier ist ein Opfer zu einem Täter geworden”, meinte deshalb sein Verteidiger Claus-Peter Hildbrand und plädierte für eine Bewährungsstrafe.“
Es ist gut, dass die Tatsache, dass der Täter selbst einmal Opfer war überhaupt zur Sprache kam.
Ich hoffe aber auch, dass möglichst viele Menschen mitbekommen, dass das Gericht das mit der „Strafmilderung“ anders sah.
Übrigens – in dem Zusammenhang fällt mir noch ein Ansatz für ein Projekt ein (später mal):
Mein Berufsverband hat lange Zeit, was das Thema „Kosten im Gesundheitswesen“ angeht, sehr defensiv argumentiert.
So nach dem Motto „ja, die Leute sind krank und da muss doch die Gesellschaft zahlen, moralische Verpflichtung…“.
Im vergangenen Jahr hat ein Vorstandsmitglied einen ganz anderen Ansatz eingebracht.
Sie hielt einen Vortrag darüber, wie viel Geld durch zielorientierte, rechtzeitig einsetzende Therapie gespart wird (bezogen auf alle volkswirtschaftlichen Ausgaben). Grundlage waren Studien und volkswirtschaftliche Berechnungen.
Wie wäre es, wenn man mal berechnet, was an eingesparten Geldern zusammenkommt, wenn man davon ausgeht, dass viele Betroffene eben nicht zu Tätern werden.
Wenn man sich allein mal die Gerichtskosten, Gutachten, Kosten für die Haft, Verdienstausfälle … anschaut.
Oder wie viel Geld eingespart wird, wenn so und so viele Kinder eben nicht wegen der Folgen von sexuellen Übergriffen behandelt werden müssen, weil sie krank werden, ihre schulische und berufliche Karriere behindert wird, sie sich nur mit Einschränkungen fortpflanzen können, nicht so gut für ihre eigenen Kinder sorgen…
Denn seien wir mal ehrlich – es ist leicht, mit Kindern „in Kontakt“ zu kommen. Ehrenamt, allein erziehenden Müttern und Kindern „beistehen“ oder eben einfach Kinder ausspionieren und ihnen auflauern.
Kinder kann man bei uns und anderswo ja auch „mieten“.
Oder etwas plakativ :
Betroffene, die nicht zu Tätern werden, sondern ihre Probleme lieber lösen, sparen für die Allgemeinheit Geld ein.
Hat was, finde ich.
Einen schönen Start ins Wochenende wünscht
Angelika Oetken, Berlin
Was nützt es wenn man Schmerzensgeld zugesprochen bekommt aber der Täter nicht zahlt oder nicht zahlen kann?
@Andy
Die Allgemeinheit müsste dann für derartige Entschädigungen aufkommen, wenn ein Täter nicht zu zahlen in der Lage ist.
Und erst dann hätten ALLE auch ein tatsächliches Interesse daran, dass sich in dem gesamten Bereich endlich etwas wirkungsvoll ändert.
So wie es jetzt geregelt ist, hat ja kaum jemand direkte Nachteile, wenn alles so bleibt wie es ist – außer den Opfern selbst. Deswegen ändert sich ja auch kaum was, und wenn, dann nur sehr schleppend und in minimalistischer Form.