Canberra — Mit einer bewegenden Rede hat sich der australische Regierungschef Kevin Rudd für die jahrzehntelange Misshandlung und Vernachlässigung von einer halben Million Kinder in Heimen entschuldigt. Australien bereue „die Tragödie verlorener Kindheiten“, sagte Rudd in Canberra. Unter den Zuhörern im überfüllten Parlament waren viele der sogenannten „vergessenen Australier“, einige brachen in Tränen aus.

Rund 500.000 Kinder hatten die Behörden zwischen den 30er und 70er Jahren aus meist ärmlichen oder zerrütteten Familien herausgerissen – darunter auch rund 7000 junge Briten, die teilweise ohne Einverständnis der Eltern in die frühere Kolonien Australien geschickt wurden. In den staatlichen und kirchlichen Heimen wurden die Kinder und Jugendlichen dann oft seelisch, körperlich oder sexuell missbraucht.

„Dies ist eine hässliche Geschichte. Die Wahrheit ist, dass eine große Sünde begangen wurde“, sagte Rudd vor dem Parlament. „Wir sind heute zusammengekommen, um die Entschuldigung unserer Nation anzubieten, um ihnen, den ‚vergessenen Australiern‘, und denen, die als Kinder ohne ihre Zustimmung zu unseren Ufern geschickt wurden, zu sagen, dass es uns leid tut.“ Rudd hatte sich im Februar 2008 bereits in einer vielbeachteten Geste bei den Ureinwohnern des Landes, den Aborigenes, entschuldigt.

Frank Golding war einer der Opfer, die Rudds Entschuldigung im Parlament verfolgten. „Viele Menschen um mich herum hatten Tränen in den Augen, genauso wie ich“, sagte der Mann, der ein Jahrzehnt in einem Weisenhaus im Bundesstaat Victoria verbrachte. „Es geht einem einfach nahe.“

Laut einer Studie des australischen Senats aus dem Jahr 2004 mussten viele der „vergessenen Australier“ in den Heimen Zwangsarbeit, Vernachlässigung und Erniedrigungen erdulden. Essen, Bildung und medizinische Versorgung wurden ihnen oft vorenthalten. Einige erfuhren nie die Namen ihrer Eltern oder Geschwister; manchmal wurden die Kinder nur mit einer Nummer bezeichnet. Der Untersuchung zufolge flüchteten sich viele der Heimkinder später in Alkohol und Drogen, die Selbstmordrate unter ihnen ist „ungewöhnlich hoch“. Einige Opfer sind noch immer in Gefängnissen oder psychiatrischen Einrichtungen.

Quelle:

http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5gqTX7b_DoJCDtyMRkDDGlY7te2TQ